Hamburg. Zahl der Corona-Fälle steigt. UKE bittet Medizinstudenten um Hilfe. Restaurants dürfen Essen nur noch außer Haus verkaufen.

Die Zahl der bekannten Corona-Infektionen in Hamburg steigt wieder etwas schneller. Am Freitag meldete die Gesundheitsbehörde 158 neue Fälle. Die Zahl stieg damit auf 664, was einem Anstieg um 31 Prozent an einem Tag entspricht. Am Donnerstag hatte die Zunahme 22 Prozent betragen, am Mittwoch waren es 33 Prozent.

In stationärer Behandlung befanden sich am Freitag 26 Hamburger, sechs von ihnen auf der Intensivstation. Am Donnerstag hatte die Zahl der in Krankenhäusern behandelten noch bei 18 gelegen, und vier von ihnen lagen auf Intensivstationen. Der Anstieg der Zahl der stationären Patienten ist danach zwar in absoluten Zahlen noch gering, das prozentuale Wachstum mit 44 Prozent an einem Tag allerdings hoch.

Urlaubsrückkehrer veranwortlich für deutlichen Anstieg der Corona-Fallzahlen

„Der weiterhin deutliche Anstieg der Fallzahlen wird nach wie vor in einem hohen Anteil durch Urlaubsrückkehrer verursacht“, schreibt die Gesundheitsbehörde. „Bei vielen traten Erkrankungssymptome erst mit zeitlicher Verzögerung auf, sodass sie erst mit einigem Abstand zum eigentlichen Ferienende getestet wurden. In den kommenden Tagen wird bundesweit mit einem weiteren deutlichen Anstieg der positiv getesteten Fälle gerechnet.“ Nach wie vor gingen die berichteten Krankheitsverläufe in der Regel mit leichten bis mittleren grippeähnlichen Symptomen einher.

Das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) soll wegen der zu erwartenden starken Zunahme von Corona-Patienten durch weitere Medizinstudenten unterstützt werden. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) und Dekan Uwe Koch-Gromus haben Studierende der Medizin zur Mithilfe bei der Krankenversorgung aufgerufen. Sie sollen zur Unterstützung des Pflegedienstes eingesetzt werden. Interessierte können sich im Pflegepool unter www.jukebox-pflege.de/dpp-mzp melden. Es handelt sich um bezahlte Tätigkeiten auf Grundlage eines Hilfskraftvertrags.

„Eine noch nicht dagewesene Herausforderung“

„Die Eindämmung des Coronavirus ist eine noch nicht dagewesene Herausforderung, die wir nur gemeinsam bewältigen können“, sagte Fegebank. „Daher rufe ich Studierende der Medizin auf: Bitte melden Sie sich beim UKE! Sie können mit Ihrer Unterstützung einen besonders wichtigen Beitrag leisten.“ Am UKE sind nach Angaben von Klinik-Sprecherin Saskia Lemm regulär rund 300 Medizinstudierende im Einsatz. Sechs Klinikmitarbeiter seien an Covid-19 erkrankt, 193 in Quarantäne. Das UKE versorgt derzeit fünf Patienten mit Covid-19 auf der Intensivstation und elf auf der Infektiologischen Station.

Der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hat am Freitag erneut auf die in Hamburg im Bundesvergleich besonders hohe Zahl von bekannten Corona-Infektionen hingewiesen. In Deutschland gebe es im Durchschnitt derzeit 17 Fälle pro 100.000 Einwohner. In Hamburg seien es 32, in Thüringen dagegen nur sieben. Die Infektionsrate variiere stark, daran müsse man sich bei der Wahl der Gegenmaßnahmen orientieren, sagte der RKI-Chef bei der täg­lichen Pressekonferenz.

Hamburg hat die derzeit höchste Infektionsrate aller Bundesländer

Hamburg hat demnach die derzeit höchste Infektionsrate aller Bundesländer – sie liegt auch deutlich höher als die der übrigen Stadtstaaten Berlin (20 Fälle pro 100.000) und Bremen (zehn). Gerüchte, dass Hamburg wegen der hohen Infektionsdichte zu einem Risikogebiet deklariert werden könnte, wurden allerdings zunächst nicht bestätigt. Nach Abendblatt-Informationen geht man im RKI eher davon aus, dass eine Deklaration von Risikogebieten schon bald sinnlos werden wird – weil das Virus mittlerweile sowieso längst überall ist.

UKE-Virologin zur Corona-Krise:

Noch gibt es keine generelle Ausgangssperre in Hamburg, aber der Senat hat am Freitag zwei weitere Ausgangsbeschränkungen beschlossen. Danach müssen alle Restaurants vollständig schließen. „Ausgenommen sind Lieferdienste, also die Mitnahme von Speisen aus Restaurants“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Anschluss an die Senatssitzung in der Landespressekonferenz. Auch Niedersachsen und Schleswig-Holstein hätten ein komplettes Öffnungsverbot für Restaurants verfügt. „Solche Entscheidungen muss man im Verbund treffen, damit es nicht zu Ausweichbewegungen kommt“, so Tschen­tscher. Bislang durften Gaststätten noch von 6 bis 18 Uhr geöffnet sein.

Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als sechs Personen untersagen

„Der zweite Punkt ist, dass wir Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als sechs Personen untersagen wollen. Das gilt natürlich nicht für Familien. Es gibt eine Reihe von Ausnahmen. Es gilt insbesondere nicht, wenn man unterwegs sein muss, um berufstätig zu sein, also zum Beispiel für die Berichterstattung der Medien“, erläuterte Tschentscher.

Der Bürgermeister lobte das Verhalten der Hamburger. „Wir haben große Schritte unternommen, die auch wirken. Ich sehe, dass unsere Bürgerinnen und Bürger diese Anforderungen ernst nehmen. Ich bedanke mich bei allen, die sich in den vergangenen Tagen diszipliniert verhalten haben und nicht ohne triftigen Grund im öffentlichen Raum unterwegs waren. Ich nehme wahr, dass es von Tag zu Tag weniger Ansammlungen und Personen im öffentlichen Raum gibt“, so Tschentscher. „Wir haben kein so großes Problem wie man aus anderen Städten berichtet, wo sogenannte Corona-Partys gefeiert werden. Das ist sehr verantwortungslos und muss unterbunden werden. Um aber eine klare Handlungsgrundlage zu haben für die Polizei, die das überwacht und auch einschreitet, haben wir beschlossen, eine weitere Allgemeinverfügung zu erlassen“, sagte der Bürgermeister.

Weitere Einschränkungen

Zugleich machte er deutlich, dass es zu weiteren Einschränkungen kommen kann. „Die Ministerpräsidenten der Länder und die Bundesregierung haben am Donnerstag beschlossen, dass wir am Sonntag entscheiden, ob die ergriffenen Maßnahmen ausreichen oder ob es in Deutschland weitergehende Ausgangssperren geben muss. Ob es dazu kommt, hängt davon ab, wie sich die Lage in den nächsten Tagen entwickelt und von der vernünftigen Verhaltensweise der Menschen“, sagte Tschentscher.

Nach Abendblatt-Informationen wird in Kreisen von Polizei und Justiz allerdings davon ausgegangen, dass von der kommenden Woche an auch in Hamburg eine Ausgangssperre gelten wird. In der „Besonderen Aufbauorganisation“ (BAO) der Polizei, die im Präsidium die polizeilichen Maßnahmen gegen die Epidemie koordiniert, werden für diesen Fall bereits Überlegungen angestellt.

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Sollte förmlich der Katastrophenfall ausgerufen werden, könnte die Gesamtführung der städtischen Bemühungen von der Gesundheits- auf die Innenbehörde übergehen. Noch sei der Schritt nicht auf länderübergreifender Ebene angekündigt worden. Ein entsprechender Beschluss werde aber nach Erwartung mehrerer leitender Beamter möglicherweise bereits am Sonnabend und spätestens in einer gemeinsamen Runde von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder fallen.

In Hamburg gibt es nach Abendblatt-Informationen derzeit täglich etwa 600 Einsätze wegen Verstößen gegen die geltenden Allgemeinverfügungen. Der Personalrat der Polizei hat Innensenator Andy Grote (SPD) aufgefordert, das Personal bei der Polizei auszudünnen, um bei Ausfällen eine Reserve zu haben.