Hamburg. Im Interview mit dem Abendblatt gibt die Hamburger Ärztin Susanne Wenner-Ziegler einen Überblick über die Situation.

Wie groß ist die Gefahr durch das Coronavirus – und welcher Schutz ist angemessen? Im Interview gibt die Hamburger Ärztin Susanne Wenner-Ziegler, Mikrobiologin und Leiterin des Fachgebiets für Krankenhaushygiene beim Klinik-Konzern Asklepios, einen Überblick über die Situation.

Hamburger Abendblatt: Wie beurteilen Sie die Ausbreitung des Coronavirus in der Hamburger Metropolregion?

Wenner-Ziegler: Sie ist bislang sehr moderat. Von einer besonders hohen Ansteckungsgefahr kann man deshalb absolut nicht sprechen. Das Gesundheitsamt ist in der Lage, jeden der bekannten Fälle genau nachzuvollziehen.

Die Verunsicherung scheint in Teilen der Bevölkerung trotzdem sehr hoch zu sein.

Wenner-Ziegler: Ja, diese Panik ist vielleicht auch menschlich verständlich, aber ganz sicher nicht durch die Realität begründet. Bislang zeigt weltweit der überwiegende Großteil der Corona-Patienten, mehr als 80 Prozent, nur sehr leichte Symptome.

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Die Sterblichkeitsrate soll jedoch höher liegen als etwa bei der Influenza-Grippe.

Wenner-Ziegler: In der Hinsicht ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Eben wegen der oft geringen Symptome ist die Gesamtzahl der Erkrankungen weltweit mutmaßlich noch lange nicht bekannt. Wir wissen auch, dass in vielen Ländern die nötige Diagnostik nicht ausgeprägt ist. Entsprechen dürfte auch der Anteil an tödlichen Verläufen sinken.

In Norddeutschland ist der Krankheitsverlauf bei den Patienten ebenfalls milde. Gibt es eine medizinische Erklärung dafür?

Wenner-Ziegler: Wir können sicher sagen, dass gerade Vorerkrankungen im Lungenbereich auch das Risiko für einen schweren Verlauf erhöhen. Ansonsten ist aber noch zu wenig über das Virus bekannt, um die unterschiedlichen Verläufe erklären zu können. In Deutschland wäre auch die Fallzahl dafür mutmaßlich noch gering.

Das Coronavirus wird hauptsächlich per Tröpfcheninfektion übertragen. Über welche Distanz können sich Menschen unter­einander anstecken?

Wenner-Ziegler: Wer mehr als zwei Meter von einer infizierten Person entfernt steht oder geht, sollte auch bei einem Husten oder Niesen sehr sicher vor einer möglichen Ansteckung sein. Ansonsten wirken die üblichen Vorsichtsmaßnahmen, etwa regelmäßiges Händewaschen.

Coronavirus: Das müssen Sie über Fachbegriffe wissen

  • Coronavirus: Eine Klasse von Viren, zu denen der neuartige Erreger gehört
  • SARS-CoV-2: Die genaue Bezeichnung des Virus, das sich von China aus verbreitet
  • Covid-19: Die Erkrankung, die das Virus auslöst.

Ist eine laufende Nase ein sicheres Zeichen dafür, dass es sich nicht um Corona, sondern einen „herkömmlichen“ Infekt handelt?

Wenner-Ziegler: Die Symptome sind sehr unterschiedlich, es gibt also keine 100-prozentige Sicherheit. Wir wissen aber, dass sich Coronaviren im Rachenbereich vermehren und die häufigsten Symptome die einer Erkältung mit Husten sind.