Hamburg. Die Spitzenkandidatin der Grünen über die Verkehrswende, die Cum-Ex-Geschäfte und den Kampf um Stimmen bis zum Schluss.

Die Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) ist die fünfte Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl am 23. Februar, die sich dem Kreuzverhör von Herbert Schalthoff (Hamburg 1) und Peter Ulrich Meyer (Hamburger Abendblatt) stellt. Hamburg 1 sendet das Gespräch heute um 17.15 Uhr, 18.15 Uhr, 19.15 Uhr, 20.15 Uhr und 22.15 Uhr. Das Abendblatt dokumentiert die zentralen Passagen.

Übereinstimmend weisen die Umfragen einen im Grunde nicht mehr einholbaren Vorsprung der SPD auf – 38 Prozent gegenüber 23 Prozent bei den Grünen. Was ist da bei Ihnen schiefgelaufen?

Katharina Fegebank: Unsere Devise war schon im letzten Jahr, das Unmögliche möglich machen, als wir beschlossen haben, zum ersten Mal in der Geschichte der Grünen mit einer Bürgermeisterkandidatin ins Rennen zu gehen. Ich glaube ganz fest daran, dass es in vielen Teilen der Gesellschaft einen großen Wunsch nach Veränderung, nach einer starken Zukunftsorientierung und nicht einem Weiter-so gibt. Deswegen wird bis zum Schluss gekämpft und die Hoffnung nicht aufgegeben.

Aber von einem Kopf-an-Kopf-Rennen kann man eigentlich nicht mehr reden. Halten Sie Ihre Aussage „Ich will Erste Bürgermeisterin werden“ trotzdem aufrecht?

Fegebank: Ja, wir spielen weiterhin auf Sieg und nicht auf Platz. Ich spüre eine so hohe Motivation in der Partei und eine große Resonanz aus der Bevölkerung.

Kann es auch sein, dass die Hamburger zwar schon eine starke grüne Fraktion wollen, aber eben noch keine grüne Erste Bürgermeisterin, weil sie doch lieber auf Nummer sicher gehen?

Fegebank: Das kann eine Erklärung sein, wenn wir die Ergebnisse am Sonntagabend schwarz auf weiß haben. Es mag sein, dass nach den Ereignissen von Thüringen, die vieles ins Rutschen gebracht haben, auch eine Sehnsucht nach Stabilität und Sicherheit da ist, die möglicherweise noch nicht bei uns gesehen wird.

In den letzten Tagen ist im Wahlkampf ein Thema neu dazugekommen: Stichwort Cum-Ex-Geschäfte. Es geht um eine Rückforderung von 47 Millionen Euro an die Warburg-Bank, die die Steuerverwaltung hat verjähren lassen. Was werfen Sie Bürgermeister Peter Tschentscher direkt vor?

Fegebank: Es gibt viele Fragen und Sorgen in der Bevölkerung. Wir sind als Senat in der Verantwortung, für größt- und schnellstmögliche Aufklärung zu sorgen. Es steht der Vorwurf politischer Einflussnahme im Raum. Und es ist bislang nicht dargelegt, wie es zu der Verjährung kommen konnte. Wir haben die SPD gestern im Senat gebeten zu prüfen, unter welchen Umständen das Steuergeheimnis in diesem Fall aufgehoben werden kann.

Kann das noch vor der Wahl passieren?

Fegebank: Ich hoffe, ja, oder sonst unmittelbar nach der Wahl.

Noch einmal nachgefragt: Trauen Sie Ihrem Koalitionspartner zu, wegen ein paar Tausend Euro Spenden der Warburg-Bank im Gegenzug auf 47 Millionen Euro Steuergeld verzichtet zu haben?

Fegebank: Ich sage es so: Wir haben in den vergangenen Jahren vertrauensvoll zusammengearbeitet, und ich möchte das sehr gern nach der Wahl fortsetzen. Dafür brauche ich aber Antworten auf die Fragen.

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    Zum Thema Verkehr: Eine komplett autofreie Innenstadt, wie es eine Klimaschutzinitiative fordert, haben Sie als „irre“ bezeichnet. Bleiben Sie bei dieser Beurteilung?

    Fegebank: Ich würde dieses Wort nicht mehr benutzen, garantiert nicht, weil es von unserem Konzept einer weitgehend autofreien Innenstadt ablenkt. Das Konzept ist klug und konsequent, weil es auf Lebensqualität und die Belebung der Innenstadt setzt, einschließlich klarer Vorschläge für den Jungfernstieg, den Ballindamm und die Mönckebergstraße. Die Parkhäuser und Parkplätze wollen wir dabei weiterhin zugänglich haben.

    Wenn der Klimaschutz ein Überlebensthema ist, dann ist es schwer zu verstehen, dass irgendeine Vorschrift für Parkhäuser die Grünen davon abhält, sich konsequent zu verhalten.

    Fegebank: Wir müssen jetzt den ersten Schritt gehen, der ist von vielen schon als mutig bewertet worden. Ich habe mich sehr gefreut, dass die SPD und der Bürgermeister ein Konzept vorgestellt haben, bei dem es mir schwerfällt, Unterschiede zu unserem zu erkennen.

    Ihre gelassene Stimmung in allen Ehren, aber hat es Sie nicht geärgert, dass die SPD bei Ihnen praktisch abgeschrieben hat?

    Fegebank: Ja, das hat mich geärgert. Wir hätten schon viel weiter sein können. Die Pariser Bürgermeisterin hat im Rahmen ihrer Wahlkampagne erklärt, dass die gesamte Innenstadt autofrei werden soll. Wir müssen jetzt den ersten Schritt gehen. Wenn das funktioniert, bin ich die Erste, die sagt, lasst uns weitergehen. Das ist ein Baustein der Verkehrswende.

    Oder ist Ihre etwas zurückhaltendere Position der Preis der Regierungsbeteiligung, sodass die Linken letztlich die radikaleren Klimaschützer sind?

    I Fegebank: Ich begreife mich als pragmatische Visionärin. Wir haben laut allen Umfragen die größte Zustimmung in der Bevölkerung, wenn es um Zukunftsorientierung und neue Ideen geht. Aber es ist auch klar, dass es in einer Koalition immer darum gehen muss, Mehrheiten zu suchen und die Bevölkerung mitzunehmen. Wir sind keine außerparlamentarische Bewegung oder Lobbygruppe. Wir wollen die Stadt ehrgeizig gestalten.

    Der Wahlkampf geht zu Ende. War das alles in allem eine faire Auseinandersetzung?

    Fegebank: Darüber müsste ich einen Moment nachdenken. Wahrscheinlich komme ich alles in allem zu diesem Ergebnis. In einigen Situationen hatte ich schon das Gefühl, dass nicht fair gespielt wurde. Aber das ist Wahlkampf – und wir müssen uns danach auch wieder professionell zusammensetzen können. Deswegen beantworte ich die Frage jetzt so.

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    Wenn Sie nicht Erste Bürgermeisterin werden und es zur Fortsetzung von Rot-Grün kommt, bleiben Sie dann Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin?

    Fegebank: Das werden dann die Gespräche und Verhandlungen zeigen, aber ich gestalte leidenschaftlich gern und würde gern noch weiter Politik für Hamburg machen.