Hamburg. Der 187-Strassenbande-Rapper erschien nicht vor Gericht, sondern war auf Instagram aktiv. Das ließ der Amtsrichter nicht durchgehen.
Die Waschmaschine lief, mindestens ein Fenster der Wohnung war geöffnet. Es sprach viel dafür, dass der Frontmann der Rapperband 187 Strassenbande, Gzuz, nicht allzu langer Zeit zuvor noch zu Hause gewesen war, als die Polizei bei seinem Wohnsitz in Halstenbek klingelte. Die Beamten sollten den 31-Jährigen auf richterliche Anordnung abholen und ins Gericht bringen, nachdem er als Angeklagter nicht zum Prozesstermin erschienen war. Doch nun war der Rapper ausgeflogen.
Wenn Gzuz, mit bürgerlichem Namen Kristoffer Klauß, gedacht hatte, er komme mit diesem Manöver vor Gericht noch einmal glimpflich davon, hat er sich verkalkuliert: Amtsrichter Johann Krieten, vor dem sich der Rapper am Dienstag unter anderem wegen Drogenbesitzes und Verstoßes gegen das Waffengesetz hätte verantworten müssen, erließ Haftbefehl gegen Klauß. Nun kommt der Frontmann von „187 Strassenbande“ ins Untersuchungsgefängnis – bis er eine Kaution von 100.000 Euro hinterlegt hat und wenn er enge Meldeauflagen erfüllt. Mindestens einen Tag wird er jedenfalls hinter Gitter bleiben müssen.
Gzuz von der 187 Strassenbande saß schon im Gefängnis
Ganz neu ist die Situation im Knast für den Mann, der in seiner Gangstarap-Musik und auch im wahren Leben sein „Bad-Boy-Image“ aufwendig pflegt, allerdings nicht. Schon einmal saß Klauß im Gefängnis, vor mehreren Jahren, nachdem er wegen eines Raubüberfalls zu drei Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Außerdem hat der Rapper in den vergangenen Jahren Verurteilungen wegen Beleidigung und Sachbeschädigung zu Geldstrafen bekommen sowie eine Bewährungsstrafe wegen Körperverletzung.
Um 9.15 Uhr hätte am Dienstag die Verhandlung gegen Gzuz beginnen sollen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 31-Jährigen drei Straftaten vor. So hatte die Polizei am 11. April 2018 bei einer Durchsuchung seiner Wohnung in der Neustadt rund 19 Gramm Marihuana, etwas Haschisch und 2,5 Gramm Crystal Meth, eine schnell süchtig machende Droge, entdeckt. Außerdem hatten die Beamten in der Wohnung einen sogenannten „Polenböller“ gefunden, einen Feuerwerkskörper, der mit deutlich mehr Schwarzpulver bestückt ist als erlaubt.
Razzia gegen 187 Strassenbande:
In der Silvesternacht 2018 soll Kristoffer Klauß zudem mehrere Schüsse mit einer Schreckschuss- und Signalpistole abgegeben haben – obwohl gegen ihn eine Anordnung bestand, die das Führen jeglicher Art von Waffen untersagt. Von den Schüssen soll der 31-Jährige ein Video hochgeladen haben, das die Ermittlungen auslöste.
Vielleicht hatte der Rapper geglaubt, es gebe keine echten Konsequenzen, wenn er nicht zum Prozesstermin kommt. In der Vergangenheit hatte er es bei Gerichtsverhandlungen schon ähnlich gehalten und war einfach nicht erschienen. Dreimal wurden die Verfahren dann im sogenannten Strafbefehls-Verfahren entschieden, also mit einem Urteil nach Aktenlage und ohne Hauptverhandlung, das dann mit der Post zugestellt wird. Die Geldstrafen hatte Gzuz dann bezahlt – der Fall war erledigt. Doch diesmal sollte die Taktik nicht aufgehen.
Als Gzuz nicht auftauchte, machte Amtsrichter Krieten Alarm
Amtsrichter Krieten ist ein Jurist, der für klare Worte bekannt ist – und dafür, sich nicht auf der Nase herumtanzen zu lassen. Als der Frontmann von 187 Strassenbande um 9.30 Uhr immer noch unentschuldigt fehlte, tätigte der Richter zwei Anrufe, einen zur Wache in der Neustadt, wo Klauß eine Wohnung hat, und eine zur Polizei, die für Halstenbek zuständig ist, wo der Rapper ebenfalls einen Wohnsitz hat.
In beiden Fällen lautete der Auftrag an die Beamten, den Angeklagten möglichst aufzufinden und dann ins Gericht zu bringen, damit der Prozess durchgeführt werden kann. Wäre der Beschuldigte erkennbar zu Hause gewesen und hätte sich schlicht geweigert, die Tür zu öffnen, hätten die Beamten sich Zutritt verschaffen sollen. Sie müssten das „ja nicht mit der Ramme machen“, sagte der Richter zum zuständigen Polizisten am Telefon. Später kam von beiden Adressen die Rückmeldung der Beamten, dass Gzuz nicht zu Hause sei. In der Neustadt war alles ruhig, in der Wohnung in Halstenbek konnten die Polizisten hören, dass die Waschmaschine lief.
Gzuz stellt Videos auf Instagram – während er gesucht wird
Während die Beamten noch unterwegs waren, um nach Kristoffer Klauß zu suchen, stellte der Rapper ein Video von einer Halstenbeker Tankstelle auf Instagram. Doch auch als die Polizei dort vorbei fuhr, traf sie den 31-Jährigen nicht an. Es würde zu seinem Image passen, das vor allem auf Provokation setzt, dass Gzuz dieses Video absichtlich hochgeladen hat, um zu provozieren.
Nun also erließ Richter Krieten auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen den Rapper – „wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Hauptverhandlung“. Das würde für Gzuz eine Weile hinter Gitter bedeuten, im Extremfall auch einige Wochen, bis ein neuer Prozess terminiert werden kann. Das kann Gzuz nicht wirklich gefallen. Als erfolgreicher Rapper, der sehr viel Geld verdient, wird er sehr viel bequemere Unterkünfte als die Untersuchungshaft zu schätzen wissen. Und auch PR für sein neues Album, das gerade erschienen ist, ist vom Knast aus eher schwierig.
Das ist die 187 Strassenbande:
- Die 187 Strassenbande ist ein Kollektiv aus mehreren Hamburger Hip-Hop-Künstlern
- Die bekanntesten Rapper sind Bonez MC und Gzuz
- Gründer Bonez MC (bürgerlich: Johann Lorenz Moser) gilt als kreativer Kopf, Gzuz (bürgerlich: Kristoffer Jonas Klauß) als Gesicht der Gruppe
- Der 187 Strassenbande gehören außerdem die Rapper LX, Maxwell und SA4, der Produzent Jambeatz sowie die Sprayer Frost und Track an
- Der Musikstil der Strassenbande ist dem Genre Gangsta-Rap zuzuordnen
- Die Mitglieder der 187 Strassenbande geraten wiederholt in Konflikt mit der Polizei, vor allem wegen Drogen und Waffen
- Der Name der Gruppe leitet sich aus dem US-amerikanischen Polizeicode "187" ab
- 187 ist außerdem die Nummer des Paragraphen im kalifornischen Strafgesetzbuch, in dem Mord behandelt wird
- Keimzelle der 187 Strassenbande ist St. Pauli, dort befindet sich auch das eigene Tattoostudio 187 Ink
Am Ende ist Gzuz dann aber doch noch selber aufgetaucht – mit fast drei Stunden Verspätung nach seinem Gerichtstermin, und am falschen Saal. Möglich ist, dass er aus den Medien von seinem Haftbefehl erfahren hat und nun doch noch die Verhaftung abwenden wollte? Wo er denn hinmüsse, hat der Rapper nach Abendblatt-Informationen gefragt. Nun wurden Beamte der Sonderwache im Gebäude hinzugezogen, die ihn festnahmen.
Am Nachmittag wurde ihm der Haftbefehl verkündet. Von der Untersuchungshaft verschont wird er dann, wenn er sich dreimal wöchentlich zuverlässig bei der Polizei meldet – und 100.000 Euro Kaution hinterlegt. Erst wenn der Beleg vorliegt, dass die Summe bezahlt wurde, kommt er wieder frei. Jedenfalls bis zum Prozess. Denkbar wäre, dass er dann zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird.