Hamburg. Polizei Hamburg stellt Jahresbilanz 2019 vor. Es gab zwar mehr Kollisionen, die Zahl der Verletzten nahm jedoch ab.
Das Ziel der Polizei ist eindeutig gefasst: Langfristig soll es in Hamburg möglichst keine Verkehrstoten mehr geben – davon ist die Hansestadt aktuell noch weit entfernt. Nach der neuen Unfallstatistik kamen im Jahr 2019 insgesamt 28 Menschen bei schweren Unfällen in Hamburg ums Leben, im Vorjahr waren es noch 29 Verkehrstote gewesen. Die Zahl der verletzten Personen nahm jedoch erneut deutlich ab, auch wenn die Unfälle mit Blechschäden fast durchweg zunahmen.
Laut Polizei wurden insgesamt 68.278 Unfälle auf Hamburg Straßen, Radwegen und Gehwegen registriert, 1326 Kollisionen oder zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Darunter waren 7386 Unfälle mit insgesamt 9293 Verletzten (minus 3,6 Prozent). Die Zahl der Schwerverletzten sank dabei deutlich um 9,3 Prozent.
"Die Zahl aller Verunglückten erreichte mit 505 den niedrigsten Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 1953", heißt es von der Polizei. Unter den 28 getöteten Menschen waren zehn Fußgänger, vier Radfahrer, drei Motorradfahrer, ein Pedelec-Fahrer, fünf Autofahrer, ein Lastwagenfahrer sowie vier Menschen, die als Passagiere in einem Auto saßen.
Unfälle mit Kindern, jungen Erwachsenen und Senioren steigen leicht an
Obwohl die Zahl der Unfälle mit Kindern leicht auf 29 Fälle stieg, sank die Zahl der dabei verletzten Kinder auf 660 und erreichte damit ebenfalls einen historischen Tiefstand. "Tragisch bleibt der Tod eines Kindes, das unvermittelt auf eine vielbefahrene Straße lief und von einem herrannahenden Bus erfasst wurde", heißt es in einer Mitteilung zu der neuen Statistik. Der Unfall ereignete sich im August in Billstedt.
Auch kam es nach den neuen Daten zu mehr Kollisionen mit Beteiligung von jungen Erwachsenen (11.168 Unfälle, plus vier Prozent) und Senioren (12.513 Unfälle, plus 1,3 Prozent). Zudem stieg die Zahl der verletzten Fahrradfahrer leicht von 2515 auf 2540, auch die Gesamtzahl der Unfälle stieg um 146 Fälle (4,3 Prozent) auf 3542 Fälle an. Die Zahl der Motorradunfälle erreichte dagegen laut Polizei mit 799 (minus 9,3 Prozent) den niedrigsten Stand seit mehr als 20 Jahren.
Weniger Kollisionen unter Alkohol- und Drogeneinfluss
Als sehr positiv bewertet die Polizei, dass die Zahl der alkoholbedingten Verkehrsunfälle mit 752 (minus 7,5 Prozent) den niedrigsten Stand seit 1995 erreicht habe. Auch die offenbar durch Drogenkonsum entstandenen Unfälle gingen um fünf Prozent auf 190 zurück.
Die Polizei sieht sich zudem in ihrer Strategie bestätigt, verstärkt gegen Temposünder vorzugehen: Eine überhöhte Geschwindigkeit sei im Vergleich zum Vorjahr weniger häufig als Hauptursache von Kollisionen zu verzeichnen gewesen. Polizeivizepräsident Morten Struve sprach davon, in den Bemühungen nicht nachlassen zu wollen: "Bereits das Einhalten einfachster Regeln führt zu einem deutlichen Mehr an Sicherheit. Wir setzen daher auf einen Mix aus konsequenter Ahndung und punktgenauer Präventions- und Aufklärungsarbeit", sagte Struve.
120 Verkehrsunfälle mit E-Scootern
Erstmals tauchen auch die neuen E-Scooter in der Statistik auf. Seit ihrer Einführung im Juni waren Elektro-Tretroller in 120 Verkehrsunfälle verwickelt. 92 davon, mithin 77 Prozent, wurden von den Fahrern verursacht, sagte der Leiter der Verkehrsdirektion, Ulf Schröder.
57 Nutzer wurden leicht verletzt und sechs von ihnen schwer, von den anderen Verunglückten wurden 29 leicht und drei schwer verletzt. Insgesamt leitete die Polizei 222 Verfahren wegen Alkohol- oder Drogenkonsums ein, 73 Fahrerlaubnisse wurden durch die Staatsanwaltschaft entzogen.
„So mancher hat sich gewundert, weil er meinte, wenn ich Alkohol getrunken habe, mit dem Auto darf ich ja nicht mehr fahren, aber ich kann den E-Scooter nehmen“, sagte Schröder. „Das ist weit gefehlt, denn ein E-Scooter ist ein Kraftfahrzeug, und da gelten die Regeln wie beim Auto.“
Innensenator Grote: "Geben uns nicht zufrieden"
Innensenator Andy Grote (SPD) sprach von einer positiven Entwicklung bei den Unfallzahlen. "Obwohl immer mehr Menschen auf Hamburgs Straßen unterwegs sind, ist das Risiko bei einem Verkehrsunfall verletzt zu werden, so gering wie nie zuvor", sagte Grote. Insbesondere freue ihn, dass es weniger verletzte Fußgänger gegeben habe. "Dies ist eine sehr gute Nachricht für uns alle", sagte Grote.
Er kündigte an, die Tempoüberwachung ausbauen zu wollen und die Ausstattung von Lkw mit technischen Abbiegeassistenten weiter voranzutreiben, "um die Verkehrssicherheit gerade für die schwächeren Verkehrsteilnehmer weiter zu erhöhen".
CDU: Rückgang bei Verunglückten kein Verdienst von Rot-Grün
CDU-Verkehrsexperte Dennis Thering kritisierte die Angaben als "zynisch und irreführend". Die Zahl der Verkehrsunfälle sei die höchste, die in der Nachkriegszeit je ermittelt wurde. Die Zahl der bei Verkehrsunfällen verunglückten Menschen sinke hingegen seit Jahren bundesweit dank der technischen Weiterentiwcklungen der Automobilhersteller und sei keine Hamburgensie. "Hamburg ist damit, anders als von Rot-Grün behauptet, von der Umsetzung der viel beschworenen Verkehrsfiktion ‚Vision Zero‘ nach wie vor meilenweit entfernt", sagte Thering.
Ewald Aukes (FDP) forderte Rot-Grün auf, "sichere Radwege zu bauen, anstatt Radfahrstreifen auf die Straßen zu malen". Zudem sollten die Kompetenzen des Landesbetriebs Verkehr, etwa beim Abschleppen von Fahrzeugen, erweitert werden, um die Polizei bei der Verkehrsüberwachung zu entlasten.