Hamburg. UKE-Professorin Marylyn Addo und weitere Forscher arbeiten an Schutz gegen das Virus. Austausch mit Behörden.
Das neue Coronavirus breitet sich in China rasant aus und hat weltweit Sorge vor Ansteckung ausgelöst. Hamburger Wissenschaftler rund um Professorin Marylyn Addo, Leiterin der Infektologie am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), beginnen derzeit mit den Vorbereitungen zur Entwicklung eines Impfstoffs gegen das neue Coronavirus namens 2019nCoV.
Addo und das Team vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) beschäftigen sich schon seit einiger Zeit intensiv mit Coronaviren, allerdings mit der Form, die die Atemwegserkrankung MERS auslöst. Auch dabei geht es um die Entwicklung eines Impfstoffs. Weil das neue Virus in Teilen ähnlich ist, wird diese Arbeit nun ausgeweitet. „Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung arbeiten wir auch an Impfstoffen gegen die neue Form 2019nCoV“, bestätigte Addo dem Abendblatt. Auch für eine zukünftige klinische Studie wäre Professorin Addo federführend verantwortlich.
Weder Panikmache noch Kleinreden
Bis diese Impfstoffe auf den Markt kommen, dauert es aber noch eine Weile. „Realistisch ist, dass frühestens in etwa drei bis sechs Monaten erste Impfstoffe zum ersten Mal getestet werden können. Bis diese auf den Markt kommen, vergeht sicher mindestens ein Jahr“, so Addo. Die 49-Jährige steht in engem Austausch mit den Behörden, wird täglich über die aktuellen Entwicklungen informiert. Von Panikmache hält sie nichts – von Kleinreden aber auch nicht. „Bemerkenswert ist erst einmal, wie schnell sich das Virus ausbreitet. Innerhalb weniger Wochen haben sich rund 20.000 Menschen damit infiziert.“
Allerdings haben nur wenige einen schweren Verlauf. Die zwölf Deutschen, die sich mit dem Erreger infiziert haben, zeigen nach aktuellem Stand keine oder milde Symptome. „Die Schätzung zur Sterblichkeitswahrscheinlichkeit liegt derzeit bei zwei Prozent. Da es sich um eine neue Art des Coronavirus handelt, gibt es natürlich noch keine Langzeitstudien, aber wir gehen davon aus, dass sich dieser Wert noch weiter nach unten entwickeln wird“, so die Wissenschaftlerin. „Grundsätzlich handelt es sich bei der neuen Corona-Form nun nicht um einen Erreger, bei dem wir bei null anfangen müssen, so wie damals bei HIV. Das war ein komplett neues Virus, über das wir zunächst nichts wussten.“
1000 Menschen melden sich bei neuer Hotline
Würde in Hamburg jemand an dem neuen Coronavirus erkranken, wäre das Team von Marylyn Addo voll eingebunden. Laut der 49-Jährigen würden infizierte Patienten in Hamburg von ihrem Team in Isolierzimmern ihrer Abteilung behandelt und betreut werden. Schwer Erkrankte würden auf der Intensivstation in Isolierzimmern behandelt werden, so die Medizinerin.
Es habe auch in Hamburg bereits Testungen auf das neue Coronavirus gegeben, allesamt negativ. Außerdem würden gelegentlich auch Patienten mit Erkältungssymptomen darum bitten, auf Corona getestet zu werden. „Die Verunsicherung ist groß“, sagt Marylyn Addo. „Testungen nehmen wir allerdings nur vor, wenn die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts erfüllt sind. Wer nicht in China war und auch sonst keine Kontakte zu bestätigten Erkrankten hatte, wird derzeit nicht getestet.“
Corona-Hotline der Krankenkasse
Ob es bestimmte Vorsichtsmaßnahmen gebe, die sie jetzt empfehlen könne? „Im Grunde gelten dieselben Vorsichtsmaßnahmen wie bei einer Grippe.“ Also regelmäßiges Händewaschen und gegebenenfalls desinfizieren und das Fernhalten von Menschen, die erkältet sind und unter Husten und Schnupfen leiden. „Maßnahmen wie das Tragen von Atemschutzmasken sind hierzulande derzeit für die Allgemeinbevölkerung nicht nötig“, so Addo. Die Nachfrage an Masken war zuletzt auch in Hamburg sprunghaft angestiegen.
Dass der Informationsbedarf und die Verunsicherung derzeit groß sind, spiegelt auch die große Nachfrage bei der Corona-Hotline wider, die die Krankenkasse Barmer Ende Januar freigeschaltet hat. „Innerhalb weniger Tage haben sich schon mehr als 1000 Menschen bei uns gemeldet“, so Barmer-Hamburg-Sprecherin Antonia Paul. Besonders würden sich die Menschen für Vorsichtsmaßnahmen interessieren und dafür, wie jetzt etwa mit chinesischen Lebensmitteln umgegangen werden soll.
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Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg meldet hingegen, dass das Thema Corona-Verdacht bisher noch keine große Rolle gespielt habe. „Weder in den niedergelassenen Arztpraxen noch über den ärztlichen Notruf sind Verdachtsfälle gemeldet worden“, so KVHH-Sprecher Benjamin Thomas.