Hamburg. Neuer Plan: Verlängerung des Hallendachs um 200 Meter. „Deutschland-Takt“ der Bahn erfordert Umbau. Doch der hat einen Haken.
Die Pläne für den Umbau des Hamburger Hauptbahnhofs werden immer umfangreicher. Überdachung der Gleise zwischen der Steintor- und der Altmannbrücke, Bau eines neuen Tunnels, Abriss und Neubau der Steintorbrücke – mittlerweile sind eine Vielzahl von Ideen im Spiel. Einige stammen aus der Bundeshauptstadt. „Wir haben den Eindruck, dass nun auch beim Bundesverkehrsministerium angekommen ist, wie wichtig der Ausbau des Bahnhofs ist“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete und Vorsitzender des Verkehrsausschusses, Ole Thorben Buschhüter (SPD).
Um die städtischen Interessen zu koordinieren, hat der Senat inzwischen die ReGe eingeschaltet, die stadteigene Realisierungsgesellschaft. Wir erinnern uns: Die ReGe war auch am Bau der Elbphilharmonie beteiligt.
Hauptbahnhof: Ein spektakuläres Glasdach?
Im Januar vergangenen Jahres hatten Senat und Deutsche Bahn (DB) die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vorgestellt. Da ging es zunächst einmal um Verkehrsabläufe im Umfeld und um das Erscheinungsbild des Gebäudes, das täglich 500.000 Reisende, 1200 S-Bahnen und 800 Züge passieren. Für besonderes Aufsehen sorgte das Modul B der Studie: die Erweiterung des Bahnhofsgebäudes Richtung Süden einschließlich einer spektakulären Überdachung der Steintorbrücke.
Dieses Modul ist auch weiterhin im Gespräch, allerdings hegt man mittlerweile wesentlich umfangreichere Pläne. Denn die Brücke, über der sich das Glasdach wölben soll, gilt nun nicht mehr nur als reparaturbedürftig, sondern als hinfällig. Ein Neubau muss her.
Zugleich hat der Haushaltsausschuss des Bundestags im November 3,1 Millionen Euro für eine weitere Studie bewilligt, die sich mit einer kompletten Überdachung der Bahngleise zwischen Steintorbrücke und Altmannbrücke (am Hühnerposten) auf weiteren rund 200 Metern befassen soll – also mit einem erheblich größeren Bereich als beim Modul B.
Hamburg: Bundestags-Beschluss ist "Herausforderung"
Im Verkehrsausschuss der Bürgerschaft hieß es dazu seitens des Senats: Der Bundestag habe einen Beschluss gefasst, der „eine Herausforderung“ darstelle, weil „die Komplexität des Gesamtvorhabens“ dadurch nochmals zunehme.
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Ohnehin gibt es schon eine Verzögerung bei den Planungen. Der Architektenwettbewerb, der im Anschluss an die Machbarkeitsstudie noch im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht werden sollte, startet nun wohl erst Mitte dieses Jahres. „Ergebnisse werden voraussichtlich Anfang 2021 vorliegen“, sagte ReGe-Geschäftsführer Dieter Peters.
Wird der Bau den Bahnverkehr lahmlegen?
Grund für die Verzögerung: Zunächst werden weitere technische Gutachten eingeholt. Denn die Deutsche Bahn befürchtet, dass der Bau des Moduls B den Bahnverkehr im Hauptbahnhof zu stark stören würde. Den Bahnhof lahmlegen, um dessen Leistungsfähigkeit erhöhen zu können? Der DB wäre das ein Gräuel.
Und deshalb heißt es im Vergabetext für das Gutachten: „Für die südliche Erweiterung des Hauptbahnhofs und für den Neubau der Steintorbrücke inklusive Überdachung ist eine technisch machbare und wirtschaftliche Tragwerkslösung zu entwickeln, die die Beeinträchtigung des Eisenbahnbetriebs während der Bauphase so gering wie möglich hält.“ Die Aufträge sind schon vergeben. Drei renommierte Ingenieurbüros machen sich gerade auf der Suche nach einer solchen Lösung. Bis Ende Mai haben sie dafür Zeit.
Unklar ist noch, wie das alles mit der im Dezember recht unvermittelt geäußerten Idee eines neuen S-Bahn-Tunnels unter dem Hauptbahnhof zusammenpassen könnte. Enak Ferlemann (CDU), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, hatte den Bau eines solchen Tunnels bei einem Besuch in Hamburg vorgeschlagen. Der Plan stammt offenbar von Gutachtern, die wiederum das Verkehrsministerium beauftragt hatte.
Bundesebene denkt offenbar an eine große Lösung
Das ist auch völlig in Ordnung, denn der Bahnhof und die Gleisanlagen gehören der Deutschen Bahn, und die gehört dem Bund. Dennoch wurde der Hamburger Senat sowohl von der Tunnelidee als auch vom Gutachten für die komplette Überdeckelung bis zur Altmannbrücke überrascht. Im Hamburger Verkehrsausschuss einigte man sich auf eine positive Deutung der plötzlichen Berliner Aktivitäten. Auf Bundesebene werde offenbar an einer „großen Lösung für Hamburg“ gearbeitet“, hieß es.
Das liege wohl auch an dem „Deutschland-Takt“, also an der vom Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vor einiger Zeit angekündigten engen Zugfolge zwischen den wichtigsten Städten. Eine solche Taktung sei im Norden ohne eine „massive Kapazitätsausweitung“ des Hauptbahnhofs gar nicht möglich. „Der Hauptbahnhof ist das Herzstück der Stadt“, sagte Ausschusschef Buschhüter. „Wir wollen eine Lösung finden, die dauerhaft trägt.“ Deshalb sei es gut, wenn alle Aspekte untersucht würden.
Die Umsetzung der Pläne werden also noch etwas auf sich warten lassen. Im Kleinen wird immerhin schon jetzt einiges getan. Die „Entrümpelung“ der Bahnsteige hat im Januar begonnen. Zuerst wurde der Bahnsteig 6 aufgeräumt, um dort mehr Platz für die Reisenden zu bekommen. Gearbeitet wird auch an weiteren provisorischen Treppenzugängen zu den Bahnsteigen. Sie sollen von der Steintorbrücke aus hinabführen. Die Planungen sind kompliziert, weil hier auch das Eisenbahnbundesamt beteiligt werden muss. Aktuelle Aussage zum Fertigstellungstermin: Oktober 2021.