Hamburg. Auswertung der Firma TomTom: Autofahrer brauchten 2019 wegen Verkehrsbehinderungen deutlich mehr Zeit, um ans Ziel zu kommen.

Es ist ein unrühmlicher Titel, aber die Hansestadt hat ihn verteidigt: Auch im vergangenen Jahr war Hamburg wieder die deutsche Stau-Hauptstadt. In keiner anderen Kommune verloren die Menschen mehr Zeit durch Verkehrsbehinderungen, zeigt die jährliche Datenauswertung des Navigationssoftware-Herstellers TomTom.

Danach kam Hamburg 2019 auf ein „Stau-Niveau“ von 34 Prozent im Tagesdurchschnitt. Dies bedeutet: Die Autofahrten der Hamburger dauerten im Schnitt 34 Prozent länger, als wenn es gar keinen Stau gegeben hätte. Gegenüber 2018 hat sich die Situation weiter verschlechtert – damals lag das „Stau-Niveau“ noch bei 33 Prozent, also einen Prozentpunkt niedriger.

TomTom-Stauliste: Auf Platz zwei hinter Hamburg liegt Berlin

Auf Platz zwei der TomTom-Stauliste liegt Berlin mit einem Zeitverlust von durchschnittlich 32 Prozent. Es folgen Wiesbaden (32), München (30), Nürnberg (30) und Stuttgart (30).

Besonders groß ist der Zeitverlust naturgemäß in den Hauptverkehrszeiten. In Hamburg brauchten Autofahrer morgens für Fahrten, die ohne Stau 30 Minuten dauern, tatsächlich 46 Minuten und abends 48 Minuten. Die längsten Verzögerungen gibt es laut Studie donnerstagabends zwischen 16 und 17 Uhr. Vergleichsweise entspannt ist der werktägliche Berufsverkehr freitagmorgens.

In keiner anderen deutschen Stadt stehen Autofahrer im Schnitt so lange im Stau wie in Hamburg. Doch wo genau kommt es häufig zum Verkehrsinfarkt? Die neue Datenauswertung des Navi-Herstellers TomTom zeigt, wo im vergangenen Jahr die größten Staufallen drohten. Die meisten Zeitverluste gab es demnach an der Kreuzung Tarpenbekstraße und Lokstedter Weg. Besonders lange Staus wurden auch an Baustellen auf dem Ring 2 registriert.

„Hier kam es auf der Nordschleswiger Straße von der Kreuzung Tondernstraße bis zur Kreuzung Habichtstraße und Bramfelder Straße häufig zu Verzögerungen“, so TomTom in der Auswertung – „ebenso zwischen der Kreuzung Bramfelder Chaussee und Fabriciusstraße und der Kreuzung Habichtstraße und Bramfelder Straße“. Die Autofahrten der Hamburger dauerten im Schnitt 34 Prozent länger, als wenn es gar keinen Stau gegeben hätte. Eine Fahrtzeit von beispielsweise 20 Minuten verlängerte sich somit auf knapp 27 Minuten.

Der Tag mit der höchsten von TomTom gemessenen Verkehrsbelastung in Hamburg war im Jahr 2019 der 30. Oktober mit einem Stau-Niveau von 56 Prozent im Tagesdurchschnitt – Autofahrer brauchten also 56 Prozent mehr Zeit für eine Strecke, als wenn sie keinen Stau gehabt hätten.

Zahl der zugelassenen Autos steigt

„Ursache für die hohe Verkehrsbelastung an diesem Mittwoch war das bevorstehende lange Wochenende mit Feiertagen am 31. Oktober und 1. November“, so das Navigationsunternehmen. „Aufgrund des Reiseverkehrs und der vielen Baustellen auf den Autobahnen A 1, A 31 und A 280 kam es nachmittags und abends zu zahlreichen Staus und Verzögerungen.“

Hauptursache für das hohe Verkehrsaufkommen in deutschen Städten ist nach der Analyse des Unternehmens, „dass nach wie vor in vielen Regionen das Auto das beliebteste Fortbewegungsmittel darstellt“. Die Zahl der zugelassenen Pkw sei bundesweit im Jahr 2019 erneut angestiegen, „auf 47.095.784 – das sind mehr als eine halbe Million mehr Fahrzeuge, die unterwegs sind, als im Jahr 2018“.

Top Ten der Deutschen Städte mit dem größten Zeitverlust:

  • Hamburg: 34 Prozent
  • Berlin: 32 Prozent
  • Wiesbaden: 32 Prozent
  • München: 30 Prozent
  • Nürnberg: 30 Prozent
  • Stuttgart 30 Prozent

Dementsprechend eng werde es auf den Straßen, „die weder für eine so hohe Anzahl an Fahrzeugen konzipiert wurden noch für die Größe der Fahrzeuge, die ebenfalls stetig zunimmt“. Im Gegensatz zu der Anzahl der Fahrzeuge, die immer weiterwachse, sei es „bei der bestehenden Infrastruktur kaum mehr möglich, diese sinnvoll zu erweitern“, so TomTom. „Um eine Trendwende im Verkehr zu schaffen, ist die Aufgabe der kommenden Jahre, die Anzahl der Fahrzeuge signifikant zu reduzieren.“

Pendler wollen nicht auf das Auto verzichten

Besonders auffällig bei der Betrachtung der Verkehrsmuster seien „die ausgeprägten Stauspitzen am Morgen und am Abend, die ein erkennbares Pendlerverhalten belegen“, schreibt das Unternehmen. „Viele Pendler wählen trotz zahlreicher alternativer Verkehrsangebote weiterhin das Auto, um zur Arbeit zu gelangen. Die Notwendigkeit einer Verkehrswende ist in der Gesellschaft zwar bewusst, jedoch fehlt nach wie vor die notwendige Konsequenz, diese auch umzusetzen.“

Auch in Hamburg ist die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge 2019 weiter angestiegen – auf zuletzt 794.618 Pkw, wie TomTom feststellt. Damit habe sie sich „im Vergleich zu 2018 mit 783.255 und 2017 mit 771.573 stetig erhöht“.

Für den aktuellen „Traffic Index“ in Hamburg habe man 457.036.028 tatsächlich gefahrene Kilometer ausgewertet, so die Firma – 250.404.540 Kilometer auf Autobahnen und 206.631.488 Kilometer auf Straßen außerhalb des Autobahnnetzes. Die starke Gewichtung der Autobahnen könnte deshalb das Gesamtbild verzerren – zumal es etwa aufgrund der Überdeckelung und des Ausbaus der A 7 dort seit Jahren zu ungewöhnlich umfassenden Behinderungen durch Baustellen kommt.

In Manila liegt das Fahrzeitplus bei 71 Prozent

Dass die Verkehrsbehinderungen noch deutlich dramatischer sein können als in Hamburg, zeigt übrigens das weltweite TomTom-Stau-Ranking für 2019. Das höchste Stau-Niveau wurde demnach im indischen Bengaluru mit 71 Prozent gemessen – mehr als doppelt so hoch wie in Hamburg.

Es folgen:

  • Manila (Philippinen, 71 Prozent)
  • Bogotá (Kolumbien, 68)
  • Mumbai (Indien, 65)
  • Pune (Indien, 59)
  • die Region Moskau (Russland, 59)
  • Lima (Peru, 57)
  • Neu Delhi (Indien, 56)
  • Istanbul (Türkei, 55)
  • Jakarta (Indonesien, 53 Prozent)

Mit gleich vier Städten in den weltweiten Top Ten der Staustädte hat sich Indien auch 2019 als echte Autofahrerhölle erwiesen. Zumindest im Vergleich mit solchen Verhältnissen geht es den Hamburger Autofahrern noch ganz passabel. Dass das bei immer weiter wachsendem Autoverkehr so bleibt, ist allerdings unwahrscheinlich.