Hamburg. Seit Jahrzehnten ist der Platz mit der einst so prunkvollen jüdischen Synagoge leer. Ein Mahnmal. Nun soll wieder Leben auf dem grauen Platz einziehen. Und eine neue Synagoge nach alten Vorbild entstehen. Doch dem steht ein Hochbunker im Weg.
Schwarze Steine zwischen grauen Pflastersteinen hinterlassen eine Ahnung davon, wie groß die Bornplatzsynagoge im Grindelviertel gewesen sein muss. "Die Steine zeigen die Kuppel und die Dachbalken. Doch eigentlich war die Synagoge viel größer", sagte Philipp Stricharz am Dienstag in Hamburg. Der 41-Jährige ist Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Hamburg. "Wir hoffen, dass die Synagoge nach einer Bauzeit von fünf bis sechs Jahren fertig gestellt werden kann." Bis es soweit ist, werden noch einige Monate vergehen. Denn zunächst steht eine Machbarkeitsstudie für den Wiederaufbau der in der Pogromnacht am 9. November 1938 verwüsteten Synagoge an, für die der Bund 600 000 Euro zur Verfügung gestellt hat.
Damit die Jüdische Gemeinde bestmöglich unterstützt werden kann, werden Hamburgs rot-grüne Koalition und die Oppositionsfraktionen von CDU, FDP und Linken am Mittwoch gemeinsam einen Antrag in die Bürgerschaft einbringen. Darin machen sie sich für einen Neubau der Synagoge am Bornplatz stark. Zudem sollen die Ergebnisse der Studie bis Ende Dezember präsentiert werden. Die rechtspopulistische AfD ist an den Plänen nicht beteiligt.
"Das ist ein ganz besonderes Signal, dass gerade in Wahlkampfzeiten die Fraktionen zusammenstehen", sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. Sie setzten damit "wichtiges Zeichen gegen Ausgrenzung und gegen Hass". Mit dem Bau einer neuen Synagoge am Platz der alten kehre man zum Ursprung zurück. "Wir wollen jüdisches Leben wieder entstehen lassen." Mit dem Neubau könne "ein starkes, ein positives Zeichen gegen Antisemitismus" gesetzt werden, erklärte FDP-Faktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein.
Die jüdische Gemeinde in Hamburg hat rund 2500 Mitglieder. Dem Vorsitzenden Stricharz zufolge leben in der Hansestadt schätzungsweise zwischen 5000 und 10 000 Menschen mit jüdischem Glauben. Dass nun im Grindelviertel ein neues Gotteshaus nach altem Vorbild entstehen könnte, sei für ihn "sehr bewegend und berührend", sagte der 41-Jährige. "Da zeigt die ganze Stadt, dass sie hinter der jüdischen Gemeinde steht." Es sei ein historischer Moment. "Die Bürgerschaft und auch der Senat hätten kein besseres Signal setzen können, das gleichzeitig auch historisch so gerecht ist." Das sei ein wichtiger Impuls für die Zukunft jüdischen Lebens in Hamburg.
Der historische Sakralbau im neoromanischen Stil galt als Wahrzeichen des einst reichen jüdischen Lebens in Hamburg und war die größte Synagoge Norddeutschlands mit Platz für 1200 Gläubige. In der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde sie von NS-Schergen verwüstet und später abgerissen. Bis heute erinnert ein großer leerer Platz an die einstige Synagoge im Grindelviertel. Der Hamburger Landesrabbiner Shlomo Bistritzky hatte sich für einen Wiederaufbau ausgesprochen. Sein Vorschlag stieß auf einhellige Zustimmung.
Um die Synagoge nach altem Vorbild aufbauen zu können, müsste allerdings der alte Hochbunker weichen, der während des Krieges auf dem Gelände errichtet wurde. Auch diese Variante soll in der Machbarkeitsstudie geprüft werden, sagte Stricharz.
Die in den vergangenen 60 Jahren von der jüdischen Gemeinde genutzte Synagoge an der Hohen Weide gilt als baufällig. Das zentrale Gotteshaus steht unter Denkmalschutz. Es soll zunächst als Synagoge erhalten bleiben. "Wir haben noch keine Pläne, sie aufzugeben", sagte Stricharz.