Hamburg. Bürgermeister Tschentscher steht im Mittelpunkt – mal mit, mal ohne Namensnennung. Auch Grüne und Linke präsentieren ihre Motive.

Ist es einfach purer Zufall? Oder der logistische Geniestreich der grünen Wahlkampfzentrale? Als der Dienstwagen von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Freitagnachmittag auf den Parkplatz vor dem Wilhelmsburger Energiebunker einbiegt, pinselt ein Mann seelenruhig direkt vor dem Eingang des Betonklotzes ein Großplakat mit dem Konterfei von Tschen­tschers Herausforderin Katharina Fegebank (Grüne) auf die Wand.

„Erste Frau. Erste Grüne. Erste Wahl“, lautet der Motto-Dreiklang der Bürgermeisterkandidatin und Wissenschaftssenatorin Fegebank auf der Werbefläche. Ein Nadelstich für den Amtsinhaber, der nach Wilhelmsburg gekommen ist, um seine eigenen Kampagnenmotive vorzustellen? Kaum, Tschen­tscher nimmt die Herausforderung durch die Koalitionspartnerin, von manchen dramatisch als Duell bezeichnet, ohnehin als sportlichen Wettbewerb.

Tschentscher: Wir müssen unsere Bescheidenheit ablegen

Ein paar Minuten später im Café vju in der achten Etage des Energiebunkers: Hier geht der Blick weit über das Herz des einstigen Arbeiterstadtteils Wilhelmsburg hinaus und auch hinüber auf das Zentrum Hamburgs, besser gesagt: könnte der Blick gehen. Denn heute verhindern dichter Nebel und Nieselregen die Ansicht des Stadtpanoramas. Das ist aus Sicht der SPD-Wahlkampfstrategen schade, denn von hier hätte der Betrachter tatsächlich fast „die ganze Stadt im Blick“. Und das ist schließlich der zen­trale Wahlkampfslogan der SPD und ihres Bürgermeisters Peter Tschentscher.

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Der guten Laune des Wahlkämpfers leisten die Wetterunbilden draußen vor den bodentiefen Fenstern keinen Abbruch. Tschentscher zeigt sein feines Lächeln mit dem leicht spöttisch-ironischen Gesichtsausdruck. Ja, er werde nun sehr häufig auf sein eigenes Bild blicken, wenn er durch die Stadt fährt oder geht. „Es ist etwas ungewöhnlich, sich selbst so zu sehen“, sagt Tschentscher, aber so sei nun einmal der Wahlkampf. „Wir müssen unsere Bescheidenheit ablegen und für unsere Ziele kämpfen. Wir müssen laut und deutlich sagen: Das ist unser Kurs“, fügt Tschentscher hinzu, sonst eher ein Mann der leiseren Töne.

Tschentscher wird staatstragend in Szene gesetzt

Die Kampagnenmotive, die Tschen­tscher mit Parteichefin und Sozialsenatorin Melanie Leonhard hier präsentiert, setzen den Spitzenkandidaten zwar staatstragend, aber nicht gravitätisch in Szene. Ein wenig Lockerheit signalisiert, dass Tschentscher bei drei der fünf Motive keine Krawatte trägt.

„Wachstum ja, aber nicht bei den Mieten“, steht auf einem Plakat, dazu als informative und überprüfbare Ergänzung, dass der Mietenanstieg in Hamburg gedrosselt ist. Die Themen Klimaschutz, Wirtschaft und Bildung stehen darüber hinaus im Blickpunkt der fünfteiligen Motivreihe. Unter dem gar nicht einmal so kleinen SPD-Logo steht das Motto „Die ganze Stadt im Blick“.

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Vor fünf Jahren hatte sich Frank Stauss – damals Werbeagentur Butter, heute Richel, Stauss – getraut, den damaligen Bürgermeister und SPD-Spitzenkandidaten Olaf Scholz auf einem Großplakat nur von der Nase abwärts zu zeigen, ohne Namen oder Parteinennung, dafür aber mit dem Spruch „Hamburg weiter vorn“. Ganz so weit geht Stauss, der auch diesmal für die SPD-Kampagne verantwortlich ist, nicht. Aber auch Tschentschers Name taucht auf den Themenplakaten nicht auf.

Ein Kampagnen-Geheimnis behält die SPD vorerst für sich

„Es geht zentral um das Amt des Ersten Bürgermeisters und meine Kandidatur, aber auch um eine starke SPD mit eigenen Motiven“, sagt Tschentscher. Das Motiv für die erste Welle der Großplakate zeigt denn auch den frontal in die Augen des Betrachters blickenden Tschentscher im XXL-Format, dem der Slogan „Die ganze Stadt im Blick“ quer über das Gesicht geschrieben ist. Auf den digitalen „Litfaßsäulen“ der Stadtmöblierung werden später auch reine Themenplakate zu den Aspekten Mobilität, Wirtschaft, Bildung und Umwelt ohne Tschentscher zu sehen sein.

Ein Kampagnen-Geheimnis behält die SPD vorerst für sich. „Wir setzen noch einen Schlussakkord im Plakatwahlkampf, aber den verraten wir noch nicht, damit die Spannung bleibt“, sagt Tschentscher und lächelt wieder etwas ironisch. Dass die SPD in der jüngsten Umfrage mit 32 Prozent ein wenig deutlicher vor den Grünen mit 27 Prozent liegt, will Parteichefin Leonhard nicht überbewerten. „Die Richtung stimmt, aber die nächsten Wochen bleiben für uns sehr wichtig. Die Umfrage gibt uns Schwung und Motivation“, sagt die Sozialdemokratin.

Die Grünen setzten auf Fegebank

Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank.
Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank. © dpa | Daniel Bockwoldt

Auch die Grünen und Die Linke haben am Freitag die Motive für ihre Großplakate vorgestellt. Die Grünen setzen ganz auf die Popularität ihrer Spitzenkandidatin Katharina Fegebank und deren Anspruch, Erste Bürgermeisterin zu werden, und haben damit zumindest vorübergehend die Plakatfläche vor dem Energiebunker erobert.

Cansu Özdemir, Spitzenkandidatin der Linken.
Cansu Özdemir, Spitzenkandidatin der Linken. © dpa | Christian Charisius

Die Linke hingegen wird ausschließlich mit Themenplakaten auf Straßen und Plätzen zu sehen sein. „Einfach machen – Hamburg für alle“, lautet der Claim der Partei, die dabei vor allem sozialpolitische Forderungen im Blick hat: etwa die nach einem Mindestlohn von 14 Euro, einem Mietendeckel oder einem kostenfreien öffentlichen Personennahverkehr. Außer den Linken verzichtet nur die AfD auf Personenplakate.