Hamburg. Bundesweit einmalig: Ehrenbürgerin Kirsten Boie ruft mit Stadt und Stiftungen ein neues Leseprojekt für Hamburg ins Leben.
Jedes Kind, das sich mit viereinhalb Jahren an seiner Grundschule vorstellt, soll von diesem Herbst an ein Buch geschenkt bekommen. Das ist das Ziel des Leseförder-Projekts „Buchstart Viereinhalb“. Dieses Jahr sind das etwa 18.600 Kinder. Die Initiatorin Kirsten Boie und die Geldgeber möchten Kinder und ihre Eltern so zum Vorlesen bringen.
Das Buch wird für das neue Projekt eigens geschrieben. Mehrere Autorinnen werden dazu beitragen, fest eingeplant sind eine Geschichte von der Hamburgerin Andrea Schomburg und Illustrationen von Dunja Schnabel und Ole Könnecke. „Es wird ein Buch von Hamburgern für Hamburger“, sagt Frank Kühne, der als Programmdirektor des Carlsen Verlags den Inhalt des Buchs plant. Ob auch Kirsten Boie eine Geschichte beiträgt, sei noch nicht sicher.
Die Kinder sollen sich in Geschichten über den Kita-Alltag oder den ersten Schultag wiederfinden können. Auch Wimmelbilder werde es geben. Daneben sollen auch Kinderbuchklassiker vorkommen wie Gedichte von Paul Maar. Außerdem sollen die Kinder ihre Freunde ins Buch eintragen können. „Wir möchten, dass die Kinder das Buch umarmen und nicht mehr loslassen“, wünscht sich Frank Kühne.
Kisten Boie: Leseprojekt soll Eltern mit einbeziehen
Die Kinderbuchautorin Kirsten Boie, die das Projekt angestoßen hat, möchte besonders Familien erreichen, die „buchfern“ sind, wie sie es nennt. Darunter fallen Eltern, die selbst nicht gut lesen können. Um diese Familien zu unterstützen, soll das Buch nicht nur verteilt werden, sondern ein Begleit-Programm in Schulen und Kitas angeboten werden. Dazu gehört zum Beispiel ein Kita-Fest, bei dem die Kinder Geschichten aus dem Buch erleben können.
Kirsten Boie ist es ein Anliegen, die Eltern mit einzubeziehen: „Schulen alleine können die Kinder nicht zum Lesen befähigen.“ Der Ausgangspunkt für das Projekt sei für sie gewesen, dass laut der neuen Pisa-Studie jeder fünfte 15-Jährige keine einfachen Texte verstehen kann. Für Familien mit mehrsprachigem Hintergrund ist zudem geplant, eine Geschichte in zwölf Sprachen zu übersetzen.
Nach der Leseinitiative „Buchstart Eins“, die Kinder bis zum dritten Geburtstag begleitet, soll das neue Projekt die Brücke zur Einschulung schlagen. An „Buchstart Viereinhalb“ sind die Schul-, Familien- und Kulturbehörde, sowie fünf große Hamburger Stiftungen beteiligt. Gemeinsam bringen sie 220.000 Euro pro Jahr für die bundesweit einmalige Initiative auf. Die Kosten für die Schulung von Erziehern und Vorschullehrern kommen hinzu.
„Wir wollen Eltern animieren, mit ihren Kindern zu lesen"
Warum das Thema Vorlesen für Kinder so wichtig ist, erläutert Sozial- und Familiensenatorin Melanie Leonhard (SPD): „Bücher eröffnen Welten. Wer viel liest, der hat eine gute Fantasie und dem fällt später vieles leichter.“
Kultursenator Carsten Brosda (SPD) sagt über das Projekt: „Wir werden junge Menschen mit kultureller Bildung fürsorglich belagern.“ Bildungssenator Ties Rabe (SPD) formuliert das Ziel so: „Wir wollen Eltern animieren, mit ihren Kindern zu lesen, sich zu unterhalten, Geschichten zu erzählen.“ Für Lothar Dittmer, den Sprecher der Hamburger Stiftungen, zeigt das Projekt eine beispiellose Zusammenarbeit von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Stellen.
Kirsten Boie liest selbst gerne vor: „Am liebsten lese ich bei kleinen Gruppen in Schulen, wo ich mit den Schülern interagieren kann und die Kinder Fragen stellen können. Das mache ich nach 35 Jahren immer noch gerne.“