Hamburg. Bei dem Toten handelt es sich offenbar um den verschwundenen Matheus A. Der Tatverdächtige (45) hat bereits ausgesagt.

Als die Ermittler mit richterlichem Beschluss in die Neustadt fahren, wird aus dem Verdacht immer mehr Gewissheit. Sie betreten am Sonntagabend die Wohnung des 45-jährigen Marco T. im Erdgeschoss eines Hochhauses an der Straße Venusberg. Der Mann sagt kaum ein Wort zu den Beamten. Ein Zimmer ist verschlossen. Sie öffnen die Tür und finden eine abgedeckte Leiche, einen jungen Mann, bereits stark verwest.

Wie ein Polizeisprecher am Montag bestätigte, ist es wahrscheinlich der Informatiker Matheus A., der seit September in Hamburg vermisst wurde. Das abschließende Ergebnis aus der Rechtsmedizin lag aber auch am Dienstagmorgen noch nicht vor.

Damals war der 29-jährige Brasilianer spurlos verschwunden und hatte eine groß angelegte Suche von Angehörigen und der Polizei ausgelöst. Ein als freundlich und zuverlässig beschriebener Mann, der bei einer Hamburger IT-Firma arbeitete und bereits für Oktober einen Flug in seine Heimat gebucht hatte. „Die Polizei wartet nur auf die DNA-Untersuchung, um es zu bestätigen“, schreibt seine Familie bei Facebook. „wir haben so sehr gebetet, dass er lebt“, Es fühle sich an wie ein „riesiger Albtraum“. Im Moment fühle man nur Wut.

Verdächtiger sagt: Der Tote ist der verschwundene Brasilianer

Marco T. wurde noch in seiner Wohnung festgenommen, er verweigerte erst eine Aussage und lässt sich anwaltlich vertreten. Am Montagnachmittag erließ ein Richter Haftbefehl wegen des Verdachts auf Totschlag gegen den Mann, der italienischer Staatsbürger ist und seit Längerem in Hamburg lebt. Marco T. habe inzwischen ausgesagt, „aber kein Geständnis abgelegt“, sagte Oberstaatsanwältin Nana Frombach. Seine Angaben würden nun geprüft. Nach Abendblatt-Informationen hat der Verdächtige bereits bestätigt, dass es sich bei dem Toten um Matheus A. handelt.

Anwohner hatten in dem Haus am Venusberg bereits seit mehreren Monaten einen faulen Geruch aus der Wohnung von Marco T. wahrgenommen. Die Ermittler der Polizei kamen in der vergangenen Woche durch den Hinweis eines neuen Zeugen auf die Spur des Verdächtigen. „Er beinhaltete einen Hinweis, dass der Mann mutmaßlich zuletzt Kontakt zu dem Vermissten hatte“, sagte der Polizeisprecher Florian Abbenseth.

Nach weiteren Ermittlungen beantragte die Staatsanwaltschaft den Durchsuchungsbeschluss für seine Wohnung. „In welcher Beziehung der Verdächtige zu dem Verstorbenen stand, ist noch Bestandteil der Ermittlungen“, sagte Abbenseth.

Obduktion wegen starker Verwesung der Leiche schwierig

Am Montag wurde im Institut für Rechtsmedizin am UKE mit der Obduktion des Leichnams begonnen. Weder die Identität des Verstorbenen noch die Todesursache konnten aber bis zum Abend eindeutig festgestellt werden. Wegen der starken Verwesung der Leiche könnten auch mögliche Verletzungen nicht sofort sichtbar gewesen sein. Die Angehörigen des Vermissten werden von Seelsorgern betreut.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Familie des 29 Jahre alten Informatikers hatte Matheus A. bereits am 21. September 2019 als vermisst gemeldet. Zuvor hatte er davon gesprochen, an jenem Abend in den Club „Südpol“ an der Süderstraße in Hamm zum Feiern gehen zu wollen. Ob Matheus A. sich tatsächlich auf den Weg machte oder dort ankam, ist unklar. Um 19.26 Uhr gab Matheus A. am Abend seines Verschwindens sein letztes Lebenszeichen ab. Am Montag darauf erschien der Vermisste nicht mehr zur Arbeit.

Auf Facebook informierte die Familie dann unter dem Titel „Wo ist Ma­theus?“ auf Deutsch und Portugiesisch über die Suche nach ihrem Angehörigen und hoffte auf neue Hinweise. Die bereits bezahlte Fernreise nach Brasilien verfiel im Oktober. Im November stellte sich die Familie mit Transparenten auf den Rathausmarkt, um auf den Fall aufmerksam zu machen. Als es im Dezember immer noch kein Lebenszeichen von Matheus A. gab, genehmigte ein Amtsrichter auf Antrag eine Öffentlichkeitsfahndung nach dem Mann.

Taucher suchten Kanäle in Hammerbrook nach dem Brasilianer ab

Die Ermittler interessierten sich besonders für zwei mögliche Zeugen: Eine Woche vor seinem Verschwinden hatte Ma­theus A. auf der Reeperbahn zwei Personen kennengelernt und war mit ihnen zu einem Konzert in einem Lokal an der Großen Elbstraße gegangen. Die Ermittler vermuteten, dass sie Hinweise auf seinen Verbleib am Abend des Verschwindens geben könnten. Nach Abendblatt-Informationen soll der nun verdächtige Marco T. aber nicht eine dieser beiden Bekanntschaften von Ma­theus A. vor dessen Verschwinden sein.

Nach dem Zeugenaufruf hatte ein weiterer Hinweis die Ermittler bereits dazu gebracht, mit Tauchern im Süd- und Mittelkanal nahe dem Victoriakai in Hammerbrook nach Spuren zu suchen. Die Aktion blieb jedoch ergebnislos. Eine Polizeisprecherin sagte danach, dass Matheus A. einer Straftat zum Opfer gefallen sein könnte.