Kiel. Erstmal kein Diesel-Fahrverbot in Kiel: Das Umweltministerium legt den fortgeschriebenen Luftreinhalteplan vor, dem die Landeshauptstadt bis 20. Januar noch zustimmen muss. Sollten die Stickstoffdioxidwerte trotz Maßnahmen überhöht bleiben, gibt es aber ein Fahrverbot.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) plant kein Fahrverbot für ältere Dieselautos auf dem vielbefahrenen Theodor-Heuss-Ring in Kiel. Mit dem von ihm vorgelegten fortgeschriebenen Luftreinhalteplan könnten Schadstoffgrenzwerte eingehalten und ein Fahrverbot vermieden werden, erklärte Albrecht am Freitag. Der Plan solle am 21. Januar in Kraft treten, sofern die Stadt ihr Einvernehmen erteilt.
Weniger Verkehr durch eine ohnehin notwendige Baustelle an der Verkehrsachse und danach bis zu acht Luftfilteranlagen an dem besonders belasteten 190 Meter langen Straßenabschnitt gehören zu den geplanten Hauptmaßnahmen.
Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) zeigte sich optimistisch. Man werde aber den erst am Donnerstag übermittelten 60 Seiten umfassenden Luftreinhalteplan gründlich prüfen und, falls notwendig, kleinere Änderungswünsche dem Ministerium mitteilen. Insgesamt stimme aber die Richtung, denn das Ministerium habe in der Vergangenheit mit Fahrverboten geliebäugelt. "Ich bin froh, dass alle Ampeln auf Grün stehen, dass wir ohne Fahrverbote auskommen", sagte Kämpfer.
"Die intensiven Beratungen und Abstimmungen der vergangenen Monate haben sich gelohnt", sagte Albrecht über die teils schwierigen Gespräche mit der Stadt. Das nun vorliegende Konzept genüge immissionsschutzrechtlichen Anforderungen und sei verkehrstechnisch praktikabel. Auf dem Theodor-Heuss-Ring wird der Grenzwert für die Belastung mit Stickstoffdioxid seit Jahren überschritten.
Laut Kämpfer ist der Jahresmittelwert aber in den vergangenen Jahren von rund 65 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter auf 49 Mikrogramm im vergangenen Jahr gesunken. Dies zeige, dass bisherige Maßnahmen sich schon positiv auswirkten. Der Grenzwert beträgt 40 Mikrogramm im Jahresmittel. In der Tabelle der am meisten mit Stickstoffdioxid belasteten deutschen Städte lag Kiel wegen der Verkehrsachse im Jahr 2018 auf dem vierten Platz - hinter Stuttgart, Darmstadt und München. Insgesamt lagen 57 Städte über dem Grenzwert.
Die Stickstoffdioxidbelastung in Kiel soll in diesem Jahr deutlich zurückgehen durch eine halbjährige Baustelle auf der Verkehrsachse von Mitte April bis Mitte Oktober. Weil eine Brücke und eine Beton-Stützwand saniert werden müssten, könnten nur deutlich weniger Fahrzeuge auf dem 190 Meter langen Abschnitt fahren als sonst.
Außerdem will die Stadt nach Ende der Bauarbeiten etwa sieben oder acht Luftfilteranlagen aufstellen. Gutachten der Hersteller hätten eine ausreichende Minderungsleistung in Aussicht gestellt, betonten Albrecht und Kämpfer. Zurzeit werde an der Ausschreibung gearbeitet.
Die Stadt rechnet mit Kosten von mehr als hunderttausend, aber weniger als eine Million Euro. Kämpfer betonte, Kiel setze als wohl einzige Stadt in Deutschland so stark auf Luftfilteranlagen, weil hier nur ein kurzer Straßenabschnitt viel zu hohe Schadstoffwerte aufweise. "Über Kilometer ist so etwas nicht machbar."
Sollten dennoch der Jahresmittelwert der Schadstoffbelastung über dem Grenzwert bleiben, kommt automatisch ein Fahrverbot. Es gilt dann für Diesel-Pkw Euro 1 bis 5 auf dem Abschnitt des Theodor-Heuss-Ringes zwischen Lübscher Baum und Waldwiesenkreisel in Fahrtrichtung Westen. Dieses Fahrverbot müsse dann die Stadt erlassen, sagte Albrecht. Kämpfer betonte, in diesem Fall würden Rettungsfahrzeuge und Handwerkerautos vom Fahrverbot ausgenommen werden.
Juristisch sehen sich Albrecht und Kämpfer mit dem Luftreinhalteplan gut aufgestellt. Der Plan wurde dem Oberverwaltungsgericht in Schleswig geschickt. Dort ist ein Verfahren der Deutschen Umwelthilfe anhängig. Sie moniert, dass es bisher keine Fortschreibung des Luftreinhalteplans gegeben hat. Kämpfer geht davon aus, dass die Deutsche Umwelthilfe gegen den neuen Plan dann inhaltlich vor Gericht ziehen werde. Angesichts der Prüfungen und Gutachten der Luftfilteranlagen sei er aber zuversichtlich, dass das Konzept gerichtlich Bestand haben werde, sagte Kämpfer.