Hamburg. Hamburgs Polizeipräsident setzt für 2020 drei Schwerpunkte: Neue Smartphones, mehr Sicherheit und Bekämpfung von Trickbetrug.
Die Hamburger Polizeibeamten bekommen den Fahndungscomputer für die Hosentasche. Das ist eines der drei großen Projekte, die Polizeipräsident Ralf Martin Meyer im neuen Jahr umsetzen will. Mit den iPhones von Apple können nicht nur verschiedene Abfragen vorgenommen und Anzeigen aufgenommen werden. In absehbarer Zeit werden die Beamten mit ihnen auch Personen anhand von Fingerabdrücken identifizieren können.
Die ersten 1409 Geräte werden bereits Anfang des Jahres ausgegeben. „Dann sind die Streifenwagen in Hamburg mit diesen Geräten ausgerüstet“, sagt Meyer. Ziel ist es, dass jeder Beamte im Vollzug ein solches Handy bekommt. Das soll nach jetzigen Planungen innerhalb von drei Jahren passieren. Rund 4000 Geräte sind dafür nötig.
Die Polizei-iPhones kommunizieren über ein sicheres Netz und haben verschiedene, speziell entwickelte Apps. Zum Start sind verschiedene Abfragesysteme installiert. So erfahren die Beamten bei Kontrollen gleich, ob eine Person, die überprüft wird, gesucht wird, einen Führerschein besitzt, Halter eines Fahrzeugs ist oder wo sie wohnt. Gilt jemand als gewalttätig und gefährlich, gibt das Gerät diskret durch Vibration Alarm.
Fingerabdrücke via Kamera erfassen
„Wir werden weitere Anwendungen entwickeln und stufenweise einführen“, sagt Meyer. So wird an einer App gearbeitet, die über die Kamera Fingerabdrücke aufnimmt und sie mit der zentralen Datenbank abgleicht. Auch das Einlesen von Ausweisen wird möglich.
„Der Einsatz der Geräte bedeutet eine Vereinfachung für alle Beteiligten“, sagt Meyer. „Wir nehmen den Kollegen Arbeit ab, weil vor Ort erfasste Daten bereits in Vorgänge eingepflegt und weiterverarbeitet werden können. Bislang müssen mit Hand geschriebene Daten aus dem Merkbuch an der Dienststelle händisch in den Computer übertragen werden, das ist doppelte Arbeit“, sagt Meyer. „Auch für den Bürger wird es besser. Wird man beispielsweise überprüft, dauert es nicht mehr so lange.“
Zweiter Schwerpunkt der Polizei im Jahr 2020 ist die Bekämpfung der betrügerischen Anrufe aus Callcentern. Diese miese Masche, bei der häufig ältere Menschen Opfer werden, hat laut Meyer „explosionsartig“ zugenommen.
Kriminelle geben sich als Polizisten aus
Mehr als 3,6 Millionen Euro haben Kriminelle allgemein durch Trickdiebstahl und Trickbetrug in diesem Jahr bereits erbeutet – vor allem bei älteren Menschen. Fast die Hälfte der Beute, mehr als 1,7 Millionen Euro, wurde über Callcenter erzielt, deren Anrufer sich als Polizeibeamte oder Staatsanwälte ausgaben. Gegen diese „miese Masche“ will Polizeipräsident Ralf Martin Meyer verstärkt im kommenden Jahr vorgehen, auch mit mehr Personal im operativen Bereich. Weil Callcenter und Hintermänner in der Regel im Ausland sitzen, meist in der Türkei, soll vor allem Prävention helfen.
3269 Taten von Callcenter-Betrug, rund 900 mehr als im Vorjahr, hat die Polizei in diesem Jahr registriert. In 40 Fällen waren die Täter erfolgreich. 43.500 Euro erbeuteten die Betrüger danach statistisch bei jedem ihrer Opfer. „Diese Art von Betrug zum Nachteil älterer Menschen ist eigentlich das einzige Delikt, das zahlenmäßig durch die Decke geht“, sagt Meyer. „Der Vorteil ist, dass es in gut 98 Prozent der bekannt gewordenen Fälle beim Versuch bleibt. Allerdings haben wir bei den für Täter erfolgreichen Fällen extrem hohe Summen, die erbeutet wurden. Das bedeutet, dass es für die Tätergruppen eine lukrative Masche bleibt.“
Dazu komme, dass so ein Delikt vom Strafrecht her vergleichsweise milde geahndet werde. „Es ist ein einfacher Betrug. Das bedeutet, dass man Täter in der Regel erst in Haft bekommt, wenn sie mehrfach aufgefallen sind“, so Meyer. Die Täter, die in Deutschland agieren, sind in der Regel Handlanger, die beliebig ersetzt werden können.
Bankmitarbeiter werden geschult
Wie professionell die Gruppen aufgestellt sind, weiß die Polizei. Neben einer Vielzahl von Personen, die für Anrufe, Abholung von Geld oder für die Organisation in Deutschland zuständig ist, gibt es sogar Teams für Gegenobservationen. „Das bedeutet, dass versucht wird, unsere operativen Kräfte zu erkennen, die eingesetzt werden, wenn ein Opfer die Tat gemeldet hat, noch in Kontakt mit den Tätern ist und eine Übergabe von Geld vereinbart wurde“, so Meyer. „Erkennen die Täter, dass wir im Spiel sein könnten, brechen sie sofort ab.“ Dieses Vorgehen bedeute, dass es hier feste und personell gut ausgestattete Strukturen gibt.
Erfolgreich war bislang, die Mitarbeiter von Geldinstituten zu schulen. Sie sollen erkennen, wenn ältere Menschen, beispielsweise durch das Abheben einer ungewöhnlich hohen Summe, Opfer eines solchen Betrugs werden könnten. Aber auch hier reagieren die Tätergruppen laut Meyer sofort. Die neueste, seit einigen Wochen auftretende Masche ist es, von den Opfern Wertsachen und Geld aus Schließfächern zu erbeuten. Was dort entnommen wird, bekommt kein Bankmitarbeiter mit.
Viel erbeutet wird aber auch durch Trickdiebe, die sich als falsche Dachdecker, Heizungsmonteure oder Wasserwerker Zutritt zu Wohnungen verschaffen. Hier wurden bei 22 erfolgreichen Taten 648.000 Euro erbeutet. In den 180 Fällen, bei denen Hilfsbereitschaft ausgenutzt wurde, um in eine Wohnung zu kommen, konnten die Täter ihre Opfer um insgesamt 526.000 Euro bringen.
Meist werden Frauen Opfer der Lovescam-Masche
Weitere Maschen sind Gewinnversprechen, bei denen vorher eine Gebühr bezahlt wird (100.000 Euro Beute), angebliche Polizisten, die sich Zutritt zur Wohnung verschaffen (130.000 Euro Beute), Schockanrufe (17.000 Euro Beute) oder angebliche Gerichtsvollzieher, die an der Tür eine Forderung einziehen wollen (5000 Euro Beute).
Vorwiegend Frauen im mittleren Alter wurden Opfer der Lovescam-Masche, bei der über das Internet Liebesbeziehungen vorgegaukelt werden, um dann bei den Opfern abzukassieren. Bei 19 Frauen erbeuteten die Täter in diesem Jahr 313.000 Euro.
Neben der Bekämpfung der Betrugskriminalität und der Ausrüstung mit Smartphones macht Meyer auch die lokale Präsenz zum dritten Thema für 2020, in der die Sicherheit in den Stadtteilen erhöht werden soll. „Wir haben ja bereits Schritte unternommen. Beispielsweise sind die neuen Westen eingeführt worden, durch die die Beamten deutlich besser im Stadtbild zu erkennen sind.“ Auch wurden Mitarbeiter bei der Polizei eingestellt, die nicht als Beamte – aber uniformiert – die örtliche Präsenz erhöhen und Aufgaben im Bereich „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ übernehmen.
Polizeipräsident plant Bürgerbefragung
„Im kommenden Jahr geht es darum, in die Bürgerbefragung einzusteigen. Wir wollen von der Bevölkerung wissen, wie es um ihr Sicherheitsgefühl bestellt ist“, so Meyer. Dazu sattle man auf eine bundesweite Befragung des Bundeskriminalamts auf. „Wir haben für Hamburg extra entwickelte Fragen eingearbeitet, die auf unsere Stadt und unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind.“
„So wollen wir auch herausbekommen wie zufrieden die Bürger mit uns sind, wenn sie beispielsweise als Zeugen oder Anzeigender mit uns zu tun hatten“, so Meyer. „Wir fragen aber auch, ob wir aus der Sicht der Bürger die richtigen Schwerpunkte bei unserer Arbeit setzen“, sagt der Präsident. „Durch die Ergebnisse wollen wir Ansätze für unser eigenes Handeln gewinnen. Die Idee ist es, zu erkennen, was man besser machen kann.“ Bereits im Februar oder März soll die Befragung durchgeführt werden. Dafür werden mehrere Tausend Hamburger aus allen Stadtteilen und sozialen Schichten repräsentativ ausgewählt.