Hamburg. 8000 Päckchen hat der Abendblatt-Verein an Bedürftige in Hamburg verteilt. Besuch bei einer Adventsfeier beim CaFée mit Herz.
Geduldig stehen die Besucher der Adventsfeier im CaFée mit Herz in der Schlange, manche stützen sich auf eine Krücke, andere haben ihren Rollator dabei, die meisten haben eine leere Tasche in der Hand. Mit einem Lächeln gibt Rolf Raykowski jedem ein grünes Paket – das Weihnachtspäckchen vom Hamburger Abendblatt. Der 60-Jährige weiß, was das Geschenk für diese Menschen bedeutet, sie alle sind bedürftig, leben von einer kleinen Rente oder Hartz IV, etliche sind obdachlos. „Das Abendblatt-Päckchen ist für die meisten der krönende Abschluss unserer Feier. Sie freuen sich so sehr, dass jemand an sie denkt und ihnen eine Aufmerksamkeit schenkt“, sagt Raykowski.
Er kann sich gut in die Besucher der sozialen Einrichtung auf St. Pauli hineinversetzen. Als Obdachloser war er hier oft, bekam ein Frühstück oder ein warmes Mittagessen, nahm die Sozialberatung und Hilfe der Mitarbeiter in Anspruch. „Das CaFée mit Herz war meine Rettung, die haben mir geholfen, eine Wohnung zu finden“, sagt er.
Das ist 20 Jahre her, doch noch immer kommt er täglich in die Seewartenstraße – als ehrenamtlicher Mitarbeiter. Er hilft beim Kochen, in der Kleiderkammer oder bei der Essensausgabe. „Das ist hier meine Familie“, sagt er und schiebt seine rote Weihnachtsmann-Mütze nach oben.
Es ist sein einziges Geschenk zum Fest
Etwas Ähnliches empfindet auch Klaus Dahlwitz für das CaFée mit Herz, in das er vor allem zum Frühstücken kommt. Der 65-Jährige hatte als Netzwerk-Administrator eigentlich mal ein gutes Auskommen, doch nach vier Herzinfarkten, den letzten hatte er im Oktober, ist er früh zum Rentner geworden. „Ich habe nur 420 Euro im Monat zum Leben, da schaue ich, wo ich Geld sparen kann“, sagt Dahlwitz.
Er hat sich mit seinem Päckchen an den Tisch gesetzt, neben Marlies Bauss und Brigitte Ebler. Vorsichtig faltet Dahlwitz das rote Seidenpapier auseinander und holt ein gemaltes Kinderbild aus dem Karton. Es zeigt einen Tannenbaum mit einem fröhlichen Gesicht. Darunter steht ein Name. „Das Bild hat die vierjährige Johanna gemalt“, erzählt Klaus Dahlwitz seinen Nachbarinnen und auch, dass er es in seiner Wohnung aufhängen wird – neben den anderen Kinderkunstwerken aus den vergangenen Jahren. Dahlwitz lebt allein, er hat keine Angehörigen, das Päckchen ist sein einziges Geschenk zum Fest.
Nach Brustkrebs und Gehirntumor ist sie schwerbehindert
Da geht es Marlies Bauss etwas besser. Sie hat noch Geschwister und Kinder, doch diese arbeiteten viel und hätten wenig Zeit für sie, sagt sie. Die 69-Jährige wohnt in Winsen an der Luhe, dennoch kommt sie fast jeden Tag ins CaFée. Wegen der sozialen Kontakte, der Abwechslung – um zu spüren, dass sie noch lebt. „Ich bin dem Tod von der Schippe gesprungen“, sagt sie.
Sie hatte Brustkrebs und dann einen Gehirntumor, ist deshalb schwerbehindert. Dennoch ist die ehemalige Deutschlehrerin guter Dinge. „Ich habe doch so viele nette Bekannte hier und brauche auch keinen Luxus.“ Sie zieht neben einem gemalten Bild einen kuscheligen rot-schwarzen Schal aus dem Karton, den sie sich sofort um den Hals wickelt. Er wurde von einer Abendblatt-Leserin für die Päckchen-Empfänger gestrickt, auch die anderen haben schöne Strickwaren erhalten.
Die edlen Lebensmittel kann sie sich sonst nicht leisten
Brigitte Ebler freut sich vor allem an den Lebensmitteln, die sie in ihrem Karton entdeckt. „Sehr lecker, da gibt es edle Schokolade, Stollen und guten Kaffee, das gönne ich mir sonst nicht. Danke für dieses schöne Geschenk“, sagt die 68-Jährige. Sie ist schick gekleidet. Zur gelben Strickjacke hat sie eine schöne schwarze Hose und eine schwarze Mütze an. „Bei mir muss immer alles zusammenpassen. Für die Jacke habe ich nur zwei Euro auf dem Flohmarkt gezahlt, ist doch super oder?“, sagt sie fröhlich.
Die ehemalige Showtänzerin muss auf jeden Cent achten, sie hat nur 230 Euro im Monat für sich übrig. „Ich war 23 Jahre im Ausland unterwegs, da bekomme ich nur Grundsicherung“, sagt sie. Auch sie hat keine Familie, kommt deswegen oft in das CaFée. Mit Klaus Dahlwitz unterhält sie sich über kulturelle Themen, er ist sehr gebildet, liest gerne Zeitung, „am liebsten das Abendblatt“, wie er betont.
Er ist dankbar für die Einrichtungen, die sich um Einsame kümmern
Während Marlies Bauss Weihnachten bei ihrer Familie feiern wird, unterhalten Brigitte Ebler und Klaus Dahlwitz sich darüber, wo sie Heiligabend verbringen werden. Sie überlegt, ob sie ins katholische Haus Bethlehem geht, er rät zur Feier in der Hauptkirche St. Petri, weil es da außer gutem Essen und netten Gesprächen schöne Lieder gebe. „Da singe ich gern mit“, sagt Dahlwitz. Er ist dankbar dafür, dass es verschiedene Einrichtungen gibt, die sich um Einsame wie ihn in der Weihnachtszeit kümmern.
Unterdessen verteilt Rolf Raykowski die letzten Abendblatt-Päckchen an die Besucher, jeder bekommt eins. Durch die Glastür sieht der Ehrenamtliche, wie einige Männer sich draußen auf die Mauer setzen und sich gegenseitig die Kinderbilder, gebastelten Sterne und anderen Beigaben zeigen. „Früher habe ich mich auch immer so über ein Weihnachtspäckchen gefreut, aber heute verteile ich sie lieber“, sagt er und übergibt lächelnd ein weiteres grünes Paket.