Hamburg. Während die Schweden aus den Daten ihrer Nutzer einen Reiseführer basteln, jongliert der US-Branchenriese mit Zahlen.
Nicht, dass es nicht schon genug Reiseführer geben würde: Jetzt hat auch noch der E-Scooter-Anbieter Voi einen "City Guide" für Hamburg (und weitere Städte) veröffentlicht. Er basiere, so das schwedische Unternehmen, das in Hamburg mit mehreren anderen Anbietern, darunter die US-amerikanischen Branchenriesen Lime und Bird, konkurriert, auf den "Bewegungsdaten aus weit über 14 Millionen E-Scooter-Fahrten", wie es in der Mitteilung von Voi heißt.
Die Kundendaten seien anonymisiert ausgewertet worden, um "Geheimtipps und versteckte Highlights" für Hamburger und Touristen zu identifizieren.
Voi-City-Guide: Stadtpark und Altonaer Balkon sind "Geheimtipp"?
Dass Voi überhaupt die Positionsdaten seiner Nutzer weiterverarbeitet, um daraus "City Guides" zu erstellen, ist schon ärgerlich genug. Wenn das Ergebnis wenigstens irgendwie interessant wäre, könnte man ja aber geneigt sein, Nachsicht walten zu lassen.
Aber wer allen Ernstes den Stadtpark (in dem man übrigens mit den Voi-E-Scootern zum Glück nicht parken darf) und den Altonaer Balkon als "Geheimtipps" bezeichnet und meint zu wissen, dass die Hamburger am Wochenende in erster Linie zum "Kaffee trinken und Essen gehen" auf St. Pauli und in der Schanze unterwegs sind; wer allen Ernstes das Hanse Viertel als touristischen Hotspot preist und das Velorouten-Netz der Stadt als fertiggestellt darstellt – der sollte möglicherweise beim Vermieten von E-Scootern bleiben und von Reiseführern die Finger lassen.
Lime serviert Zahlensalat rund um seine E-Scooter
Die große Konkurrenz von Lime beschränkt sich derweil auf eine Portion Zahlensalat: Allein in Hamburg seien seit Juni, so heißt es vom us-amerikanischen E-Scooter-Anbieter, 962.000 Kilometer mit Lime-Rollern zurückgelegt worden. Nicht fehlen darf der obligatorische Vergleich: Das entspricht "etwa 2,5 Mal der Entfernung der Erde zum Mond".
Angeblich haben die E-Scooter-Fahrer damit sogar etwas Gutes für die Umwelt getan: Knapp 252 Tonnen Kohlendioxid hätten Hamburger und rollernde Gäste so eingespart. Das stimmt – wenn man davon ausgeht, dass die Menschen ansonsten mit relativ angejahrten Diesel-Pkw durch die Gegend gefahren wären.
Peterchens Mondfahrt mit dem E-Scooter hat besonders auf dem Rücken von zwei Rollern stattgefunden: 604 Mal sei der meistgenutzte E-Scooter ausgeliehen worden, 1022 Kilometer habe der am weitesten herumgekommene in Hamburg zurückgelegt.
Datenschützer warnt vor möglichen Verkauf von Nutzerdaten
Hamburgs oberster Datenschützer Johannes Caspar hatte erst kürzlich davor gewarnt, E-Scooter-Verleiher könnten die von ihren Nutzern erhobenen Daten nicht nur selbst nutzen, sondern auch weiterverkaufen. Zum Umgang mit Nutzerdaten sagt Claus Unterkircher, General Manager von Voi für den deutschsprachigen Raum: "Wir sammeln keine personenbezogenen Daten und verwenden unsere Datensätze nur zur Optimierung unserer internen Prozesse."
Eine Ausnahme gäbe es allerdings, die so genannten Städtekooperationen: "Wir geben aggregierte Bewegungsdaten an lokale Behörden weiter, um gemeinsam den städtischen Verkehrsmix zu optimieren und dabei zu helfen, die Vielzahl neuer Mobilitätsdienste an bestehende Angebote anzuschließen", so Unterkircher weiter.