Hamburg . Ein russisches Transportflugzeug hat im Westen der Stadt für Lärm gesorgt. Der Einsatz der Maschine ist rekordverdächtig.

Neugierige Blicke gingen am Montagmorgen zum Himmel über Hamburg: Was donnert da so laut über die Stadt? Ein Beobachter erinnert sich: "Es war kein gewöhnliches Triebwerkgeräusch wie bei einem Airbus A320 oder dem Mega-Jumbo A380 von Emirates, sondern eher dröhnend und scheppernd".

Der Lärm kam von einer der weltgrößten Luftfrachtmaschinen. Eine gigantische Antonov war gegen 9 Uhr vom Flughafen Fuhlsbüttel gestartet.

Die ganze Nacht hatte ihre Beladung gedauert, denn auch die Fracht ist rekordverdächtig. Das russische Flugzeug bringt eine riesige Turbine nach Bangladesch, sie wiegt 60 Tonnen. "Das war wirklich ein Spezialauftrag", sagt Jürgen Vogt, Geschäftsführer der Firma LUG Aircargo. Der Frachtabfertiger am Flughafen hat häufig mit großen Ladungen zu tun, aber die Turbine erforderte wegen ihres immensen Gewichts den Einsatz der Spezialmaschine aus Russland. Sie kann mehr als 100 Tonnen Zuladung in die Lüfte heben.

Antonov: Eines der größten Frachtflugzeuge der Welt

Die Antonovs wurden vornehmlich in den 80er und 90er Jahren gebaut und sind bis heute bei so großen Frachtaufträgen die meistgenutzten Maschinen. Zum Vergleich: Die Transportflugzeuge von Airbus, die mit Teilen für die Fertigung in Finkenwerder über Hamburg einfliegen, schaffen zwar mehr Volumen, aber nicht so schwere Zuladungen, sagt Vogt.

Auftrag von Menck in Kaltenkirchen

Der Auftrag an sein Unternehmen kam aus der Nachbarschaft: Die Firma Menck aus Kaltenkirchen baut große Maschinen, etwa für Bohrungen. Die Turbine soll in Bangladesch auf einer Baustelle eingesetzt werden, wo Brückenpfeiler in den Boden gerammt werden.

Die Verladung eines Bauteils für die Firma Menck in die Maschine am Sonntag.
Die Verladung eines Bauteils für die Firma Menck in die Maschine am Sonntag. © Menck

"Wenn bei solchen Arbeiten schnell Maschinen oder Ersatzteile gebraucht werden, kommt die Luftfracht ins Spiel", sagt Vogt. Normalerweise würde die Fracht aber per Schiff transportiert.

Vogt hat die ganze Nacht am Flughafen verbracht. Abends rollte ein Schwertransporter aus Kaltenkirchen Richtung Fuhlsbüttel, wo auf dem Vorfeld bereits ein Kran wartete. Mitten in der Nacht dann der entscheidende Moment: Per Seilwinde musste die Turbine in das Flugzeug gezogen werden, vorsichtig abgesichert, damit der Laderaum nicht beschädigt wird. Am Morgen gab es dann die Freigabe zum Start. Zur Zwischenlandung steuerten die Piloten Turkmenistan an, hier tankten sie auf, um dann weitere sieben Stunden nach Bangladesch zu fliegen.

Antonov kreist selten über Hamburg

Für Vogt gehört der Einsatz der Antonov zu den eher seltenen Momenten seines Berufs. Zwar kreiste sie schon vergangene Woche einmal über Hamburg, ansonsten aber lässt sie sich nur alle paar Monate über Alster und Elbe sehen. Die Flüge, die von einer russischen Fluggesellschaft verantwortet werden, sind meist Folgen von Adhoc-Aufträgen, etwa wenn Hamburger Reedereien schnell Ersatzteile für Schiffe einfliegen lassen.

Vogt organisiert in seinem Tagesgeschäft aber oft auch wesentlich kleinteiligere Ladung: Zum Beispiel für die Modebranche, "wenn gerade plötzlich grüne Pullover im Trend liegen und die Textilien ganz schnell aus Asien nachgeordert werden", beschreibt er eine Ladung, die dann aus dem Flieger direkt ins Geschäft an die Mönckebergstraße geliefert wird.

Das Flugzeug mit dem lauten Scheppern:

Die Antonovs (Nato-Codename: Condor) wurden Ende der 1970er Jahre vom sowjetischen Konstruktionsbüro Antonow konzipiert. Ihre Besonderheiten:

  • Ziel der Entwicklung war ein Flugzeug mit einer hohen Nutzlast
  • Es diente vorrangig als großes Transportflugzeug für die Streitkräfte
  • Die Maschine wird mittlerweile vorrangig für Charterfrachtflüge verwendet und ist in diesem Segment aufgrund ihrer Monopolstellung erfolgreich.