Hamburg. Die Opposition wirft dem Senat Versäumnisse bei Versuchslaboren vor. Rot-Grün sieht vor allem den Bund in der Pflicht.
Nach den Bildern von gequälten Hunden und Affen in einem Versuchslabor der Hamburger Firma LPT im niedersächsischen Mienenbüttel und einer Tierschutz-Demo mit bis zu 15.000 Menschen am vergangenen Sonnabend in der City gab es am Mittwoch in der Bürgerschaft zwar einen Mindestkonsens: Alle Fraktionen sprachen sich für einen besseren Tierschutz in Versuchslaboren und für mehr Engagement bei der Entwicklung von Alternativen aus.
Einen Schlagabtausch lieferten sich Opposition und Regierungsfraktionen jedoch über die Anzahl nötiger Kontrollen – und über Hamburgs Beitrag in der Forschung zu Ersatzmethoden. So abscheuliche Ereignisse wie in Mienenbüttel dürften sich nicht wiederholen, sagte der CDU-Abgeordnete Dennis Thering. Seine Fraktion forderte – unterstützt von FDP und AfD –, der Senat solle sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass das im Tierschutzgesetz vorgesehene Kontrollintervall für Versuchslabore von mindestens alle drei Jahre auf mindestens einmal im Jahr erhöht wird.
Kritik an Verbraucherschutzministerin
In die gleiche Kerbe schlug der Linken-Abgeordnete Stephan Jersch. „Wir sind es satt, dass die Kontrollmöglichkeiten nur bis zum Muss ausgenutzt werden – das steht jeder Behörde frei“, rief Jersch. Der CDU-Antrag gehe ihm allerdings nicht weit genug.
Die für Kontrollen in Hamburg zuständige Gesundheits- und Verbraucherschutzbehörde hatte vergangene Woche erklärt, die Kontrollfrequenz liege „bereits regelhaft“ über dem Mindeststandard, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. In der Bürgerschaft machte Prüfer-Storcks am Mittwoch nun zwar konkrete Angaben, aber nur zum LPT-Hauptstandort in Hamburg: Seit 2016 habe es in dem Labor sechs Kontrollen gegeben – damit liege man „deutlich über dem Mindestmaß“.
Demo gegen LPT-Versuchslabor:
Tausende Teilnehmer bei Demo gegen LPT-Versuchslabor
Der CDU-Antrag bringe „keine neue Qualität“, sagte der SPD-Abgeordnete Gert Kekstadt. Der von der Behörde verfolgte „risikobasierte“ Ansatz, etwa Betriebe häufiger zu kontrollieren, die schon aufgefallen sind, sei „effizienter“. Die Grünen-Abgeordnete Christiane Blömeke erklärte: „Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Aber die zentralen Schaltstellen liegen im Bund.“ Die Verantwortung trage Verbraucherschutzministerin Julia Klöckner (CDU). Sie habe es versäumt, die EU-Tierversuchsrichtlinie umzusetzen.
Vertragsstrafe für Deutschland
Deutschland habe bereits eine Vertragsstrafe erhalten. Die Hürden der Genehmigungspflicht für Tierversuche könnten längst höher sein, sagte Blömeke. „Ich behaupte und bin mir sicher, dass es die Tierversuche in Mienenbüttel in ihrer gesamten Grausamkeit nicht gegeben hätte, wenn die EU-Vorgaben in Deutschland umgesetzt worden wären.“ Dafür müsse sich auch die Hamburger CDU-Fraktion verantworten. „Holen Sie Frau Klöckner aus ihrer Lethargie“, rief Blömeke.
Die rot-grünen Regierungsfraktionen lehnten den CDU-Antrag ab – und verabschiedeten stattdessen einen eigenen Zusatzantrag, der den Senat auffordert, sich über eine Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass die EU-Auflagen hierzulande umgesetzt werden.
Grüne möchten Professur für Ersatzmethoden einrichten
CDU-Politiker Dennis Thering rief: „Die Menschen erwarten, dass wir hier in Hamburg unsere Hausaufgaben machen.“ Dem werde der rot-grüne Antrag nicht gerecht. Dieser ziele weder auf eine höhere Kontrollfrequenz noch auf eine zusätzliche Förderung von Ersatzmethoden zum Tierversuch in Hamburg ab.
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Die Linksfraktion forderte einen Fahrplan für ein Ende von Tierversuchen. „Wer jetzt erst anfängt, sich über die Vorgänge beim LPT aufzuregen, und andererseits Anfang 2018 volle 32 Millionen Euro für die Erweiterung der Forschungstierstation am UKE freigegeben hat, verliert jegliche Glaubwürdigkeit – und das gilt für alle Fraktionen außer der Linken“, erklärte Stephan Jersch. Es sei zu wenig, dass Hamburg einen mit 50.000 Euro dotierten Preis für die Erforschung von Ersatzmethoden vergebe und dass am UKE drei Pilotprojekte mit 500.000 Euro gefördert werden. In Berlin fördert der Senat ein Zentrum für Alternativmethoden von 2018 bis 2022 mit 1,8 bis zwei Millionen Euro – pro Jahr.
Grünen-Politikerin Christiane Blömeke erklärte erneut, dass ihre Fraktion sich für eine Professur für tierversuchsfreie Forschung am UKE einsetzen wolle. „Ich gebe zu, es sind kleine Schritte“, sagte Blömeke. „Aber ich bitte Sie, anzuerkennen, dass wir uns bewegen.“