Hamburg. Esther Bejarano und Peggy Parnass erhalten die Ehrendenkmünze in Gold – die zweithöchste Auszeichnung der Stadt.
Das Engagement von Esther Bejarano und Peggy Parnass für Toleranz, Vielfalt und die Erinnerung an das düsterste Kapitel deutscher Geschichte ist vielfach gewürdigt und ausgezeichnet worden – unter anderem sind beide Trägerinnen des Bundesverdienstkreuzes und der vom Hamburger Senat verliehenen Biermann-Ratjen-Medaille für kulturelle Leistungen.
Nun kommt eine ganz besondere Ehre hinzu: Der Senat verleiht beiden Frauen die Ehrendenkmünze in Gold, die zweithöchste Auszeichnung der Stadt nach der Ehrenbürgerwürde. „Mit Esther Bejarano und Peggy Parnass ehren wir zwei außergewöhnliche Persönlichkeiten, die auf ein beeindruckendes Lebenswerk zurückblicken können“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).
Wichtige Impulse für die Demokratie
„Sie haben mit ihren oft streitbaren Wortmeldungen seit Jahrzehnten wichtige Impulse für Demokratie, Erinnerungskultur und Gleichberechtigung gegeben. Die Verleihung der Ehrendenkmünze in Gold ist Ausdruck des großen Dankes und der Würdigung der erheblichen Verdienste von Frau Bejarano und Frau Parnass.“ Geplant ist, die Ehrungen im Rahmen eines Senatsfrühstücks vorzunehmen – die Termine wurden noch nicht bekannt gegeben.
Die Ehrendenkmünze wurde 1853 vom Senat gestiftet, um besondere Verdienste Hamburger Bürgerinnen und Bürger sowie von Nicht-Hamburgern zu würdigen und wird nur selten verliehen. Unter den 38 Geehrten sind der Afrika-Forscher Heinrich Barth (1855), der Kaufmann und Stifter Edmund Siemers (1911), die früheren Bürgermeister Max Brauer (1967) und Herbert Weichmann (1976), die Unternehmer und Mäzene Alfred C. Töpfer (1984) und Werner Otto (1994) sowie der Intendant Rolf Liebermann (1990). Zuletzt wurde die Auszeichnung 2017 an den Logistikunternehmer und Mäzen Klaus-Michael Kühne verliehen. Zur Wahrheit gehört, dass während des Nationalsozialismus auch Nazi-Größen wie Hermann Göring mit der Goldmünze geehrt wurden.
Bejarano war auch in Auschwitz
Die Künstlerin und Musikerin Esther Bejarano, 1924 in Saarlouis geboren, wurde während des Zweiten Weltkriegs wegen ihrer jüdischen Herkunft unter anderem ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Sie überlebte die grausamen Zustände nur, weil sie dem Mädchenorchester angehörte. Nach dem Krieg zog sie nach Hamburg und machte es sich zur Lebensaufgabe, in unzähligen Auftritten – vor allem vor jungen Menschen – die Erinnerung an den Holocaust zu bewahren.
Dem Abendblatt teilte Esther Bejarano auf Anfrage mit: „Die Freie und Hansestadt Hamburg will mir jetzt die Goldene Ehrendenkmünze verleihen – ja, darüber freue ich mich und sehe das an als eine Form der Anerkennung meiner jahrzehntelangen Arbeit gegen das Vergessen – der Aufklärung über die Verbrechen des Nationalsozialismus. Mein ganzes Leben lang werde ich weiter dafür kämpfen, dass es keine Faschisten, keine Nazis mehr gibt, nirgendwo.“
Eltern von Parnass starben in Treblinka
Von Hamburg und dem Senat erwarte sie aber, „nicht nur goldene Ehrenmünzen zu verleihen“, sondern „Verantwortung zu übernehmen und Taten folgen zu lassen im Kampf gegen den Antisemitismus, gegen Antiziganismus, gegen Rassismus und Ausländerhass“, so die 94-Jährige. „Für uns Überlebende der Konzentrationslager ist es unerträglich, wenn heute wieder Naziparolen gebrüllt werden, wenn Menschen durch die Straßen gejagt und bedroht werden, wenn Todeslisten kursieren.“
Die Autorin, Gerichtsreporterin und Schauspielerin Peggy Parnass kam als Kind jüdischer Eltern in Hamburg zur Welt. Während sie und ihr vier Jahre jüngerer Bruder 1939 mit einem Kindertransport nach Stockholm kamen und dort die NS-Zeit überlebten, wurden ihre Eltern im Vernichtungslager Treblinka ermordet. Peggy Parnass kehrte nach Hamburg zurück und schrieb unter anderem Gerichtsreportagen für die Zeitschrift „Konkret“, auch über viele NS-Prozesse. Sie engagiert sich seit vielen Jahren politisch und lebt in St. Georg.
Zustimmung von der Bürgerschaft
„Ich freue mich. Eine solche Ehrung ist ja ein Lob und keine Beleidigung“, sagte Peggy Parnass. Über ihr Alter gibt es unterschiedliche Angaben, die von 85 bis 92 Jahre reichen. „Vielleicht bin ich älter, vielleicht bin ich jünger“, sagte sie dem Abendblatt-Reporter, der ihr in diesem Jahr zum 85. Geburtstag gratulierte.
Die Bürgerschaft muss der Ehrung zwar nicht zustimmen, dennoch stieß sie dort auf Zustimmung. „Die Ehrungen von Esther Bejarano und Peggy Parnass sind gute und wichtige Signale“, sagte Parlamentspräsidentin Carola Veit (SPD). „Seit Jahrzehnten leisten beide unschätzbare Beiträge für das Erinnern und gegen das Vergessen – in Hamburg und über unsere Landesgrenzen hinaus. Sie bereichern durch meinungsstarke Auftritte und Äußerungen den öffentlichen Diskurs und sind Vorbilder für gelebte Vielfalt und Toleranz.“
Wichtiges Signal
Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks sagte: „Uns Grüne freut es sehr, dass Esther Bejarano und Peggy Parnass nun auf unseren Vorschlag hin mit der Ehrendenkmünze in Gold geehrt werden. Es sind beeindruckende und meinungsstarke Frauen, die sich stets im gesellschaftlichen Diskurs befinden und wichtige Impulse geben.“ Auch SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf sagte: „Esther Bejarano und Peggy Parnass haben diese Auszeichnung verdient. Daher freuen wir uns über den Vorschlag des Senats.“
„Mit Esther Bejaranound Peggy Parnass erhalten zwei verdiente Persönlichkeiten die Ehrendenkmünze in Gold. Gerade in dieser Zeit, wo Intoleranz und Rassismus immer weiter zunehmen, ist dies ein wichtiges Signal. Die Freie und Hansestadt Hamburg kann sehr stolz auf beide Bürgerinnen sein, die sich zeit ihres Lebens vorbildlich gegen Diskriminierung und Ausgrenzung sowie für Freiheit, Frieden und Demokratie eingesetzt haben“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll. „Sie mahnen uns auch an unsere historische Verantwortung, die aus der Nazi-Diktatur für uns alle erwächst.“