Hamburg. Alltagshelfer sollen möglichst aus der Nachbarschaft kommen. Krankenkassen beteiligen sich an den Kosten.

Die Chemie stimmte sofort zwischen ihnen, und was mit einem gemeinsamen Kaffeeklatsch begann, hat sich zu einer Freundschaft zwischen Regina Egolf aus Ohlsdorf und Bianca Goltermann entwickelt. Eine Freundschaft, für die Bianca Goltermann zwar Geld bekommt, die aber deshalb nicht weniger aufrichtig ist. Die 48-Jährige ist Alltagshelferin, die sich um alleinstehende Menschen wie Frau Egolf kümmert. Wie beide Seiten davon profitieren.

In Zeiten, in denen die Einsamkeit im Alter zunimmt, können Menschen wie Frau Goltermann andere aus ihrer Isolation holen. Einfach indem sie sie besuchen, für sie da sind. Seit zwei Jahren schon ist Bianca Goltermann für die 68-Jährige da. „Bianca ist meine Ansprechpartnerin, wenn meine Tochter Tina nicht da ist“, sagt Regina Egolf. „Meine Bekannten sind alle ebenfalls alt, und ich möchte mich nicht immer über Krankheiten unterhalten“, sagt sie und lacht. Mit Bianca Goltermann fühlt sie sich nicht abgeschoben. Alle zwei Wochen treffen sich die beiden Frauen, sie klönen oder machen Ausflüge an die Elbe. Dass Regina Egolf heute mit ihrer Hündin Lilly auf ihrem Sofa in Ohlsdorf sitzt, auch das hat sie ihrer Alltagshelferin zu verdanken. „Regina hatte immer Hunde, da lag es doch nah, dass sie sich wieder einen anschafft“, sagt Bianca Goltermann, die gemeinsam mit Frau Egolf nach Kiel gefahren war und Lilly holte. Nein, das sind nicht die üblichen Aufgaben von Alltagshelfern. Meistens geht es um Einkäufe und um Notfälle und darum, dass da jemand ist.

Die beiden waren ein Match

Es ist ein bisschen wie bei der modernen Partnervermittlung im Internet: Über das Onlineportal von Careship trafen Regina Egolf und Bianca Goltermann aufeinander, sie waren ein Match, wie es so schön heißt, passten offenbar zusammen. Rein algorhytmisch jedenfalls. Aber auch ganz real. Beide mögen Hunde und Spaziergänge, beide bummeln gern über Flohmärkte. Von sich aus war Regina Egolf gar nicht auf die Idee gekommen, dass sie jemanden an ihrer Seite bräuchte. Aber ihre Tochter Tina ist beruflich viel in Berlin und sorgte sich um ihre an Krebs erkrankte Mutter. Was ist, wenn sie schnell Hilfe und Unterstützung benötigt? Vielleicht sogar ins Krankenhaus muss oder zu schwach ist zum Einkaufen? Das ist die Idee hinter Careship: Die Plattform vermittelt hilfe- und pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen eine individuelle Betreuung durch Alltagsbegleiter, möglichst aus der Nachbarschaft. Die Krankenkassen bezahlen diese Alltagshelfer oder beteiligen sich an den Kosten. Eine Stunde Alltagsunterstützung kostet 25 Euro. Davon gehen 80 Prozent an den Alltagshelfer und 20 Prozent an Careship als Vermittlungsgebühr.

Alltagshelferin Bianca Goltermann aus Schnelsen betreut neben Regina Egolf derzeit vier weitere Menschen. Ihre Kinder sind mit 13 und 17 Jahren alt genug, ihre Zeit allein zu verbringen, und ihr Halbtagsjob als Reiseverkehrskauffrau genügte ihr irgendwann nicht mehr. Es musste noch etwas passieren in ihrem Leben. „Durch persönliche Erfahrung habe ich mitbekommen, was für eine Lücke entstanden ist, wenn da jemand Hilfe braucht und ganz allein ist“, sagt sie. Zwei bis drei Nachmittage verbringt sie nun jede Woche mit ihren Klienten. „Ich leiste einfach gern Gesellschaft und bin gern mit Menschen zusammen“, sagt Bianca Goltermann. Diese Begegnungen machen glücklich, sie sei nach jeder Begegnung ganz beflügelt. „Ich bin dankbar, Menschen kennenzulernen und wie sich die Beziehungen entwickeln. Ich habe zu all meinen Klienten ein herzliches Verhältnis“.