Hamburg. 90 Prozent haben ein gutes oder sehr gutes Verhältnis. Doch Lärm und Gerüche können zu Ärger führen. DAK startet Plakatkampagne.
Ein gutes Verhältnis zu ihren Nachbarn ist den meisten Hamburgern wichtig – und die allermeisten kommen gut mit ihnen aus. So bewerten 90 Prozent der Hansestädter das Verhältnis zu ihren Nachbaren als „gut“ und „sehr gut“. Das ergibt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Krankenkasse DAK Gesundheit, die dem Abendblatt vorliegt. Nur acht Prozent der Befragten gaben an, dass das nachbarschaftliche Verhältnis „weniger gut“ oder „gar nicht gut“ sei.
Wie die Umfrage darüber hinaus ergab, ist ein sehr gutes Verhältnis zu den Nachbarn überdurchschnittlich häufig für Frauen, Ältere sowie Befragten mit einem mittleren oder niedrigen Schulabschluss von Bedeutung. Jeder Siebte (14 Prozent) allerdings gab an, dass eine gute Nachbarschaft „weniger wichtig“ oder „gar nicht wichtig“ sei.
Nur die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen tanzt aus der Reihe. Der repräsentativen Umfrage zufolge hält ein Drittel von ihnen gute Nachbarschaft für „weniger“ oder „gar nicht wichtig“. Jeder Vierte aus dieser Altersgruppe sagt sogar, dass er oder sie gar niemanden von den Nachbarn kenne.
Junge Leute haben weniger Interesse an einer guten Nachbarschaft
„Diesen hohen Anteil halten wir für bedenklich. Für uns ist das ein Warnsignal an das zukünftige Miteinander in unserer Stadt“, warnte DAK-Landeschefin Katrin Schmieder im Gespräch mit dem Abendblatt. Zum Vergleich: Im Gesamtdurchschnitt sind es lediglich sechs Prozent der Hamburger, die keinen Nachbarn kennen. Um das soziale Leben in der Hansestadt zu verbessern, hat die DAK in dieser Woche die Plakataktion „Dünne Wände“ an ausgewählten Orten in der Stadt gestartet.
Die Metropolen-Situation mit 1,8 Millionen Einwohnern spiegelt das Leben in der Anonymität wider. Zwölf Prozent der Hamburger erklärten, „keinen“ oder „nur einen“ Nachbarn zu kennen. Auch bei dieser Frage fallen die 18- bis 29-Jährigen besonders auf: 24 Prozent der Befragten kennen „niemanden“ unter den Nachbarn. Bei den mehr als 60-Jährigen sind es nur ein Prozent.
Warum sich gerade junge Leute weniger stark für gute Nachbarschaft interessieren, war nicht Gegenstand der Erhebung. Nach Ansicht von Sozialwissenschaftlern ist diese Gruppe allerdings weniger „sesshaft“, nicht hilfsbedürftig und häufiger in den sozialen Netzwerken aktiv als die Älteren – nachbarschaftliche Kontakte sind daher für sie wohl eher zweitrangig. Weitere Umfragen bestätigen zudem den Trend, dass die Menschen in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren generell weniger nachbarschaftlich geworden sind. Besonders die 50- bis 70-Jährigen (74 Prozent) seien im Vergleich zu früher nicht mehr so stark an nachbarschaftlichen Kontakten interessiert, ermittelte jetzt das Marktforschungsinstitut Ipsos.
Lärm führt zu Querelen
Was die Hamburger an den Nachbarn stört, hat die Forsa-Umfrage ans Licht gebracht: Vielfach führt Lärm zu Querelen, sei es durch Musik, handwerkliche Arbeiten oder laute Gespräche. 15 Prozent der Hamburger stufen die Lärmbelästigung als „sehr hoch“ oder „hoch“ ein. Ein Drittel bewertet den Lärm dagegen als „sehr gering“. Manche ärgern sich darüber hinaus, dass Nachbarn schlechte Luft durch Rauchen und Grillen verbreiten. Immerhin neun Prozent der Hamburger fühlen sich dadurch gestört.
Als Maßstab nachbarschaftlicher Nähe gilt die Abgabe des eigenen Wohnungsschlüssels. Wie die Umfrage herausfand, hat etwas mehr als die Hälfte der Hamburger den Haustür- oder Wohnungsschlüssel den Nachbarn anvertraut. 46 Prozent haben keinen Schlüssel abgegeben. Forsa hatte im September 1011 Hamburger zum Thema Nachbarschaft befragt. Studien hatten immer wieder den Zusammenhang zwischen sozialem Eingebundensein und Gesundheit ergeben.
Einsamkeit mache krank – das gelte für alle Generationen, heißt es bei der DAK. „Ein gesundes Miteinander ist also keine Altersfrage“, sagt DAK-Landeschefin Katrin Schmieder. Oft werde über Konzepte für ältere Menschen diskutiert, die bereits heute auf eine gute Nachbarschaft angewiesen seien. Profitieren würden von einem guten Miteinander jedoch alle, egal ob alt oder jung, alleinstehend, alleinerziehend oder in Familien.
Wichtig für die Gesundheit
„Eine schlechte oder fehlende Nachbarschaft kann uns krank machen“, sagt DAK-Chefin Schmieder. „Eine gute Nachbarschaft trägt dazu bei, uns gesund und glücklich zu fühlen. Sie unterstützt zudem im Krankheitsfall. Deshalb setzen wir uns in Hamburg für ein gesundes Mit- und Füreinander gerade innerhalb der Nachbarschaft, ein und wollen mit dieser Aktion das Bewusstsein dafür stärken“, so die Krankenkassen-Chefin.
Die Plakataktion in Hamburg ist ein Testlauf für die DAK-Gesundheit, erläutert deren Pressesprecher Sönke Krohn. Sie werde bei Erfolg auch in anderen Bundesländern und in den sozialen Netzwerken fortgesetzt. Die Plakate tragen Aufschriften wie „Das Kind trampelt immer so“, „Sollen die doch zuerst“ oder „Auf deren Fußmatte steht etwas Komisches“ – nimmt also gezielt Vorbehalte oder Vorurteile auf.