Hamburg. Erwartet werden bis zu 100.000 Teilnehmer – und damit 60.000 mehr als zuletzt. Auch Hamburgs Politiker zeigen ungeahntes Interesse.

So können die Zeiten sich ändern. Vor wenigen Jahren noch fand die Klimawoche kaum Beachtung. Weder in der Politik, noch in den Medien oder in der Bevölkerung. Nicht nur das, viele hielten sie für unnötigen Kram. Auch deshalb hatten es die Organisatoren oftmals gar nicht so leicht. Veranstaltungen auf dem Rathausmarkt? Keine Chance. Unterstützung durch Hamburger Senatoren? Keine Zeit.

In diesem Jahr ist plötzlich alles anders. Da dürfen die Organisatoren Events auf dem Rathausmarkt abhalten und Zelte aufstellen. Nicht nur das. Schulsenator Ties Rabe und Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit wollen Grußworte an die Teilnehmer halten. Der Umweltsenator schlägt vor, zur Auftaktpressekonferenz der Klimawoche persönlich zu kommen. Und sogar Bürgermeister Peter Tschentscher und die Zweite Bürgermeisterin, Katharina Fegebank, haben ihre Teilnahme angekündigt.

Initiator: "Die größte Klimawoche aller Zeiten"

„Wir haben einen politischen Klimawandel erlebt und freuen uns sehr“, sagt Frank Otto, Vorsitzender des Vereins Klimawoche, bei der Pressekonferenz zur Eröffnung. „Es ist schön, dass das jetzt daraus geworden ist, was einmal mit so vielen Schwierigkeiten begonnen hat.“ Und Frank Schweikert, Initiator der Veranstaltung, ergänzt: „Die Steinchen, die man uns in den Weg gelegt hat, bauen wir schon lange zu einer tollen Klimawoche. Mit großer Unterstützung haben wir nun die größte Klimawoche aller Zeiten auf die Beine gestellt.“

Klimawoche: 250 Veranstaltungen bis Sonntag

Die kann sich sehen lassen. 250 Veranstaltungen wird es noch bis zum kommenden Sonntag in der ganzen Stadt geben. 200 Unternehmen, Organisatoren und Verbände nehmen teil. Schweikert und seine Mitstreiter erwarten bis zu 100.000 Teilnehmer in den kommenden Tagen. Zum Vergleich. Im vergangenen Jahr waren es noch 40.000.

Botschaften über Botschaften: Zum Auftakt der 11. Hamburger Klimawoche machten auch die Elftklässler der Stadtteilschule Wilhelmsburg an der Binnenalster auf die diversen Umweltprobleme aufmerksam.
Botschaften über Botschaften: Zum Auftakt der 11. Hamburger Klimawoche machten auch die Elftklässler der Stadtteilschule Wilhelmsburg an der Binnenalster auf die diversen Umweltprobleme aufmerksam. © HA | Roland Magunia

Dank an Boris Herrmann und Greta Thunberg

„Das haben wir auch der tollen Kooperation mit unserem Schirmherrn Boris Herrmann zu verdanken, der durch die Berichterstattung über die Reise mit Greta Thunberg unsere Klimawoche mit in den Focus gerückt hat“, so Frank Schweikert. Dem es außerdem aber wichtig ist zu betonen, dass ohne den Einsatz von 25 ehrenamtlichen Helfern das alles nie möglich gewesen wäre. „Wir arbeiten komplett unabhängig, und das ist uns sehr wichtig.“ Denn nur so könne auch der passende Druck auf die Politik ausgeübt werden zu handeln. Und der müsse kommen, sind sich am Montagmittag alle einig.

Latif: Merkels Paket "Sterbehilfe für das Klima"

Der Hamburger Klimaforscher Mojib Latif nennt das Klimaschutzpaket der Bundesregierung in seinem Statement „eine Sterbehilfe für das Klima“. „In Wirklichkeit ist das eine absolute Nullnummer.“ Der CO2-Preis beispielsweise sei viel zu niedrig. „Mit dem Klimapaket, mit dem Angela Merkel in die USA geflogen ist, wird sie wenig Glaubwürdigkeit ernten“, so Latif.

Es sei das Minimum dessen, was man überhaupt machen könne. „Es wäre so wichtig gewesen, wenn die Regierung vor ein paar Tagen einen ambitionierten Klimaschutz verkündet hätte. Das ist leider nicht der Fall.“ Noch sei es nicht zu spät, so Latif. Noch könne Deutschland sich sogar an die Spitze der Klimaschutzbewegung setzen. „Die Bürger sind nicht blöd. Ich glaube, dass es die Parteien langfristig Stimmen kosten wird, was sie hier geleistet haben.“

Auch Frank Otto, der sich schon lange für den Umweltschutz starkmacht, sagt: „Wenn man die Gutachten sieht, sieht man auch, dass wir sofort wirksame Maßnahmen ergreifen müssen. Wir sind hinter der Zeit. Wir haben in der Vergangenheit versäumt, das aufzuholen. Und das ist ein Problem.“ Statt vernünftig zu handeln und die Stellschrauben so anzuziehen, dass es spürbar werde, sei wieder alles auf die Zukunft vertagt worden.

Für ein besseres Klima: Mojib Latif (v. l.), Jens Kerstan, Frank Otto, Bärbel Dieckmann, Frank Schweikert, Boris Herrmann und Alexander Pflügger mit den Wilhelmsburger Stadtteilschülern.
Für ein besseres Klima: Mojib Latif (v. l.), Jens Kerstan, Frank Otto, Bärbel Dieckmann, Frank Schweikert, Boris Herrmann und Alexander Pflügger mit den Wilhelmsburger Stadtteilschülern. © HA | Roland Magunia

Kaum CO2-Ausstoß in Entwicklungsländern

Bärbel Dieckmann, die ehemalige Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe und eines der Beiratsmitglieder Hamburger Klimawoche, wandte sich mit einem Appell an Politik und Bürger. „Es macht einen schon sehr nachdenklich, was in dieser Welt passiert“, sagte sie. Sie wollte die Chance aber vor allem nutzen, um an die Menschen zu erinnern, die in ganz besonderer Weise von dem Klimawandel betroffen seien. „Das sind die Menschen im Süden und in den Entwicklungsländern, die zum Teil gar keinen eigenen CO2-Ausstoß produzieren.“ Sie seien es, die durch Dürren und Überschwemmungen betroffen seien.

„Ich hätte mir gewünscht, dass die Industrienationen als Verursacher vorangehen und Maßnahmen ergreifen.“ Gleichzeitig mahnt Dieckmann aber auch: „Wir werden noch mehr Klimaflüchtlinge haben. Es gibt Schätzungen, die von 200 Millionen Flüchtlingen bis 2050 sprechen.“ So müsse der Druck auf die Politik weiter hoch sein, um endlich zu wirklichen Veränderungen zu kommen. „Und genau deshalb ist diese Klimawoche auch so wichtig.“