Hamburg. Interessante Zahlen für alle Spieler. Streit gibt es um Online-Casinos, die nur in Schleswig-Holstein erlaubt sind.

Die ungebrochene Lust auf Lotto ist ein gutes Geschäft für Hamburg: 53,3 Millionen Euro hat die städtische Gesellschaft Lotto Hamburg im vergangenen Jahr an die Stadt überwiesen. Der Löwenanteil davon waren Lotto-Steuern und Konzessionsabgaben, doch allein 1,3 Millionen Euro wurden direkt für einen guten Zweck eingesetzt – etwa im Wohlfahrtsbereich oder für Sportvereine.

Weil das staatlich organisierte Glücksspiel einerseits so eine verlässlich sprudelnde Quelle ist und andererseits auch einen klaren Rahmen setzt, sieht man in Hamburg und vielen anderen Bundesländern mit Argwohn, was sich nördlich der Stadt tut – in Schleswig-Holstein. Das Land hat den Glücksspielstaatsvertrag schon 2012 nicht mitgetragen und erlaubt als einziges Bundesland Online-Casinos.

"Online-Casinos sind suchtgefährdend"

Offiziell gilt diese Konzession zwar nur auf auf schleswig-holsteinischem Gebiet und daher theoretisch nur für Bewohner des Landes. Doch wie das bei allen Angeboten im Internet so ist: Wirklich kontrollieren lässt sich natürlich nicht, woher ein Kunde oder Spieler kommt – zumal einige Online-Casinos bundesweit Werbung betreiben. Warum das nicht nur aus Hamburger Sicht ein Problem ist, erläuterte Torsten Meinberg, zusammen mit Michael Heinrich Geschäftsführer von Lotto Hamburg, mit wenigen Zahlen: Die bundesweit 22,6 Millionen Lottospieler setzen im Schnitt pro Jahr 317 Euro ein, von denen sie statistisch gesehen 159 Euro verlieren. Die 670.000 Online-Casino-Spieler setzen hingegen jeweils 52.500 Euro im Jahr ein, von denen sie – bei einem angenommenen Verlustrisiko von nur fünf Prozent – 2623 Euro pro Jahr verlieren, also das 16-Fache eines Lotto-Spielers.

„Diese Online-Casinos sind in höchstem Maße suchtgefährdend“, sagte Meinberg. „Es ist eigentlich eine Frechheit, die da läuft. Die Schleswig-Holsteiner wollen diesen Weg gehen, aber ich kann nur sagen: Finger weg von diesen Angeboten. Meines Erachtens ist das reine Abzockerei.“

Neuer Glücksspielstaatsvertrag

Konkret sorgen sich Meinberg und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) nicht nur um das Suchtpotenzial der ständig verfügbaren Online-Angebote, sondern auch, dass im Zuge der Verhandlungen über einen neuen Glücksspielstaatsvertrag – der aktuelle läuft Mitte 2021 aus – weitere Länder dem Beispiel Schleswig-Holsteins folgen könnten und so das ganze staatliche Glücksspielsystem erodieren könnte. Wenn auch Lotto, ähnlich wie schon die Sportwetten, nur noch privat angeboten würde, hätte das negative Folgen auf den Haushalt und das Gemeinwohl der Stadt, sagte Dressel: „Insbesondere mit Geldern aus der Glücksspirale und Bingo werden Projekte aus den Bereichen Sportförderung, Kultur- und Denkmalschutz, Soziales sowie Umwelt- und Katastrophenschutz gefördert.“ Im Übrigen sei es für ihn „absurd, wenn zur besten Sendezeit Werbung für illegales Glücksspiel läuft“.

Auf Anfrage des Abendblatts, ob Schleswig-Holstein an seiner Sonderrolle festhalten und als einziges Land Online-Casinos weiterhin erlauben will, antwortete das zuständige Innenministerium in Kiel in bestem Verwaltungsdeutsch: „Schleswig-Holstein hat weiterhin das Ziel, gemeinsam mit den anderen Ländern eine europarechtskonforme und kohärente Glücksspielregulierung unter Einschluss eines Erlaubnismodells für Online-Casino-Spiele und Sportwetten in Deutschland zu implementieren.“ Diese Ziele würde „nicht nur von Schleswig-Holstein verfolgt“.

Spieleinsätze bei Lotto Hamburg sind gestiegen

Auf die Frage nach dem Warum verwies das Ministerium lediglich auf einen vor zwei Jahren vom Landtag beschlossenen Antrag von CDU, Grünen, FDP und SSW: Darin wurde der Glücksspielstaatsvertrag abgelehnt und gefordert, Online-Casino-Spiele und Online-Poker zu erlauben und „regulatorisch“ den Sportwetten gleichzustellen. Spielerschutz solle durch eine „qualitative Begrenzung der Vergabe von Konzessionen gestärkt“ werden. Die Zahl der Konzessionen solle nicht beschränkt werden.

Die Spieleinsätze bei Lotto Hamburg sind 2018 um 3,4 Prozent auf 153,4 Millionen Euro gestiegen. 81 Millionen Euro wurden in Hamburg ausgeschüttet. 23 „Hochgewinne“ von mehr als 100.000 wurden in der Hansestadt erzielt, darunter waren neun Millionengewinne. Der höchste Hamburger Gewinn lag 2018 bei 18 Millionen im Eurojackpot und entfiel auf fünf Spieler aus Stellingen, die in einer Tippgemeinschaft gespielt hatten – und bei gerechter Aufteilung folglich jeder 3,6 Millionen Euro einstreichen konnte. An zweiter Stelle rangierte ein Lotto-Spieler aus St. Georg, der ebenfalls im Eurojackpot 3,1 Millionen gewonnen hat.

Meinberg und Heinrich zufolge spielt in Hamburg jeder vierte Erwachsene Lotto, bei hohen Jackpots sogar jeder dritte – das wären etwa 400.000 bis 500.000 Menschen.