Hamburg. Die neue Station soll mit einem Jahr Verzögerung eröffnet werden. 800 Glasscheiben werden in das Dach eingesetzt. Ein Ortstermin.

Der Ausblick für die Bauarbeiter ist spektakulär: Die Elbphilharmonie, die Hafenkräne, der Michel und die Spitze des Rathauses sind vom höchsten Punkt der neuen S-Bahn-Station Elbbrücken zu sehen. Doch die Arbeiter interessieren sich nicht für die Attraktionen der Hansestadt, sondern stehen konzentriert auf dem Gerüst und bringen den Korrosionsschutz auf die geschwungene Stahlkonstruktion auf. Von der kommenden Woche an sollen hier auf etwa 90 Metern Länge rund 800 Glasscheiben eingesetzt werden.

Entworfen wurde das Stationsdach von dem Hamburger Büro gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner. „Wir sind auf der Zielgeraden. Dieses Bauvorhaben hat uns wirklich vor viele Herausforderungen gestellt“, sagt Hilmar Barthel beim exklusiven Baustellentermin mit dem Abendblatt. Der Diplom-Wirtschaftsingenieur ist Arbeitsgebietsleiter Großprojekte bei der Abteilung Station & Service der Deutschen Bahn. Eigentlich sollte die Haltestelle wie die benachbarte U-Bahn-Station bereits im Dezember vergangenen Jahres eröffnet werden.

Futuristische Verbindung: Dieser gläserne Übergang verbindet die S- und die U-Bahn-Haltestelle Elbbrücken miteinander, ist aber noch geschlossen.
Futuristische Verbindung: Dieser gläserne Übergang verbindet die S- und die U-Bahn-Haltestelle Elbbrücken miteinander, ist aber noch geschlossen. © MARCELO HERNANDEZ / FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Neben der Haltestelle soll der Elbtower gebaut werden

Doch trotz Probebohrungen wurden im vergangenen Jahr während der Bauphase Hindernisse im Boden gefunden – „sodass die zwischen 90 und 120 Zentimeter starken Bohrpfähle teilweise nur wenige Meter in den Boden eingebracht werden konnten“, so Barthel. Die Deutsche Bahn musste handeln: „Nach aufwendigen statischen Neuberechnungen wurde eine veränderte Gründung mit zusätzlichen Lagern und Pfählen eingesetzt, um die Tragfähigkeit der neuen Station im Bereich des Technikgebäudes zu gewährleisten“, sagt Barthel. Die Haltestelle steht nun auf rund 250 Betonpfeilern, die bis zu 18 Meter in die Erde eingelassen wurden.

Die gute Nachricht: In diesem Jahr soll es mit der Einweihung der Haltestelle zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember klappen. Diese liegt zwischen den Stationen Hammerbrook und Veddel und bindet das neue Elbbrückenquartier an den öffentlichen Nahverkehr an. Direkt nebenan soll der Elbtower realisiert werden – dort werden bereits Probebohrungen durchgeführt.Der rund 235 Meter hohe Wolkenkratzer soll 2025 eingeweiht werden und wird von der Signa Prime Selection AG entwickelt. In das Hochhaus sollen unter anderem Büros, ein Hotel, Gastronomie und Einzelhandel einziehen. Zahlreiche weitere Gebäude sollen im Umfeld der Station entstehen – noch sind hier vor allem Sandberge zu sehen.

Bis zu 1000 Züge passieren die Stecke pro Tag

Während die Bauarbeiter oben auf dem Gerüst werkeln, fahren unten die S-Bahnen der Linie 3 und 31 vorbei. „Wir arbeiten unter rollendem Rad. Die Bahnstation mit den beiden jeweils rund 210 Meter langen Außenbahnsteigen entsteht direkt an den S-Bahn-Gleisen. Daneben verlaufen die Fernbahngleise“, sagt Barthel. Bis zu 1000 Züge – davon etwa 470 S-Bahnen – fahren hier täglich. Und nicht nur das: „Auch die Bogen- und Steigungslage an diesem Standort sind besondere Herausforderungen.“

Aktuell wird die Verlegung der noch fehlenden Bodenbeläge vorbereitet. Die gläsernen Fahrstühle sind bereits eingebaut, demnächst soll mit der technischen Ausrüstung der Haltestelle begonnen werden. Auf den Bahnsteigen werden Sitzbänke und Vitrinen aufgestellt. „Wir drücken jetzt noch einmal ordentlich auf das Tempo. Es muss bis Dezember an drei Wochenenden die S-Bahn-Strecke hier gesperrt werden, um die Arbeiten durchführen zu können, die nicht unter laufendem Betrieb möglich sind“, kündigte Barthel an.

Für die Baustellenüberwachung vor Ort ist die Firma EDB von der Bahn beauftragt worden. Hier hat die Ingenieurin Elena Dessauer das Sagen: „Es sind bis zu 50 Arbeiter und Projektbeteiligte auf der Baustelle. Wir koordinieren, dass alle Gewerke funktionieren.“

Hoch oben: Ein Arbeiter bringt den Korrosionsschutz auf der Stahl­konstruktion des Stationsdachs auf.
Hoch oben: Ein Arbeiter bringt den Korrosionsschutz auf der Stahl­konstruktion des Stationsdachs auf. © MARCELO HERNANDEZ / FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Der Bau wurde deutlich teurer als geplant

Für Schlagzeilen sorgte in der Vergangenheit auch die „Kostenexplosion“ für das S-Bahn-Bauwerk. Ursprünglich waren 43,39 Millionen Euro veranschlagt. Aber es wurde immer teurer, was auch von der Opposition in der Bürgerschaft scharf kritisiert wurde. Aktuell sind es laut Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis rund 70 Millionen Euro. Bezahlt wird der S-Bahnhof überwiegend aus Bundes- und Landesmitteln.

Die S-Bahn-Haltestelle ist mit der U-Bahn-Haltestelle Elbbrücken durch einen gläsernen Übergang verbunden. Dort läuft der Betrieb bereits seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2018: „Aktuell haben wir an Werktagen um die 1500 Fahrgäste, die bis zur Haltestelle Elbbrücken fahren. Das sind überwiegend neugierige Hamburger und Touristen, für die dieses architektonisch so interessante Bauwerk ein Magnet ist“, sagte die Hochbahn- Sprecherin Constanze Dinse. Der Bau des U-Bahnhofs hatte 145 Millionen Euro gekostet. Die volle Wirkung als Knotenpunkt erwarte das Verkehrsunternehmen mit der Fertigstellung der benachbarten S-Bahn-Station und des Viertels selbst.

Wenn das Elbbrückenquartier in der HafenCity vollendet ist, sollen dort rund 14.000 Arbeitsplätze und rund 2400 neue Wohnungen entstehen. Dann erwartet die Hochbahn schätzungsweise 18.000 Fahrgäste täglich, die den neuen Streckenabschnitt zwischen der HafenCity Universität und den Elbbrücken nutzen werden.