Wilhelmsburg. Ehrenamtliche Arbeit, Großspender und eine Restauratorin aus der Gemeinde ermöglichen den Erhalt der Inneneinrichtung.
An das alte Wilhelmsburg erinnern in Kirchdorf zunächst nur die Namen der Bushaltestellen: Hinter der Dorfkirche. Am Papenbrack, Kornweide. Doch dann liegt zwischen weißen Hochhäusern und einfachen Einfamilienhäusern plötzlich ein Ensemble wie aus dem Bilderbuch: die backsteinerne Kreuzkirche inmitten eines kleinen Friedhofs, daneben das reetgedeckte Küsterhaus, eine Gastwirtschaft und, auf der anderen Straßenseite, ein großes Fachwerkhaus, das frühere Pastorat.
Der geschichtsträchtige und komplett denkmalgeschützte Ort befindet sich auf der höchsten Erhebung der Elbinsel. 1388 erbauten die Stillhorner an dieser Stelle eine erste Kirche. Sie hatten bis dahin zum Kirchspiel Ochsenwerder gehört und für den Gottesdienstbesuch einen Elbarm überqueren müssen – bei Sturm oft unter Lebensgefahr. Das hier noch immer eine Kirche steht, die darüber hinaus derzeit innen aufwändig restauriert wird, ist nicht zuletzt dem Engagement der Gemeinde zu verdanken.
Wilhelmsburger spenden seit jeher für Kirche
Hatte den ersten Bau Lehnsherr Otto von Grote finanziert, brachten die Stillhorner später selbst das Geld für einen Neubau auf, der 1617 eingeweiht wurde. Die wohlhabenden Höfner bezahlten dabei mehr als sie ärmeren Kötner. 1655 spendierte Thomas Grote der Kirche einen neuen Taufstein – als Dank für eine heil überstandene Reise nach Italien. 1814 mussten die durch französische Soldaten verursachten Schäden (unter andere eine demolierte Orgel und geraubtes Altargerät) behoben werden. Der Anbau des südlichen und des nördlichen Arms, der der Kirche ihren kreuzförmigen Grundriss gab, wurde bereist von der seit 1848 erhobenen Kirchensteuern bezahlt.
2012 jedoch beglich die Gemeinde einen Teil dringend erforderlicher Sanierungsarbeiten: Putz, Ziegel und Turmdach mussten erneuert, Balken ausgewechselt werden. 200.000 Euro kostete die Maßnahme, die Deutsche Stiftung Denkmalschutzamt und die Kulturbehörde gaben jeweils 20.000 Euro. Nun steht die Restaurierung der mehr als 50 historischen Decken- und Emporengemälde kurz vor dem Abschluss, die in Hamburg als einzigartig gelten. Ermöglicht wurde sie von zwei Großspendern aus Wilhelmsburg (wie Stillhorn seit 1674 nach seinem ehemaligen Lehnsherrn Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg heißt).
44 Bilder von Aposteln und Propheten
Auch die Koordination der aufwendigen Arbeiten erfolgt aus Liebe zu der Kirche: Seit 2013, als sie Kreuzkirche ihre 625-jähriges Bestehen feierte, setzt sich der Wilhelmsburger Klaus Sumfleth (83) unermüdlich für die Restaurierung ihrer barocken Innenausstattung ein – erstellt Konzepte, kümmert sich um Ausschreibungen und Spendenakquise. Jetzt steht er im Kirchenschiff und strahlt Restauratorin Bettina Heine an, die sich nicht nur gegen Mitbewerber durchsetzen konnte, sondern auch mit ihm in der Kantorei singt. Gerade legt sie mit ihrer Kollegin Hanna Johann Hand an die letzten der 44 Emblembilder unterhalb der Empore, die Apostel und Propheten des Alten Testaments zeigen. Im April haben sie angefangen.„Die beiden Damen haben sehr gute Arbeit geleistet und wunderschöne Farben zum Vorschein gebracht“, lobt Sumfleth, der sich seit 1965 für die Kreuzkirche engagiert und dort in der Kinder- und Jugendarbeit, Kirchenvorstand und Kantorei aktiv ist.
Einen Großteil der Restaurationskosten übernahm Architekt Gerhard Schulenburg, der in Wilhelmsburg aufgewachsen ist und in der Kreuzkirche getauft, konfirmiert und getraut wurde. Als er hörte, dass die Kirche für die Überarbeitung des kostbaren Innenraums auf Spenden angewiesen ist, war er mit 14.000 Euro dabei. Das Denkmalschutzamt unterstütze die Arbeiten mit 12.000 Euro.
Ein Spender will anonym bleiben
Auch die Überarbeitung der acht Deckengemälde hat ein Spender ermöglicht. Die Bilder zeigen Szenen aus der biblischen Geschichte und wurden zwischen Ende 2016 und Ostern 2017 restauriert. Der Geldgeber, der anonym bleiben möchte, habe sich nach einer Kirchenführung an ihn gewandt, so Sumfleth.„Damals waren gerade die Sanierungsarbeiten an Mauerwerk, Turm und Gebälk abgeschlossen. Nach einem Rundgang für Interessierte trat ein Wilhelmsburger auf mich zu, der ein Erbe erwartete und mir 6000 Euro für die Restaurierung der Emporenbilder anbot.“ Das „Geschäft“ wurde mit Handschlag besiegelt, Sumfleth informierte Kirchenleitung, Kirchenvorstand und Denkmalschutzamt – und hörte erst einmal eineinhalb Jahren nichts von dem anonyme Spender. „Dann plötzlich rief er mich an. Und als er hörte, dass zunächst eine Sanierung der kostbaren Deckengemälde anstand und alles sehr viel teurer werden würde, hat er uns kurzerhand 10.000 Euro überwiesen.“ Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gab 20.000 Euro dazu.
Nächstes Projekt: Säulen, Gebälk und Bänke
Was das nächste Projekt in der Kreuzkirche sei wird, ist schon zu erkennen: Eine der Emporensäulen unter der Orgel ist rötlich marmoriert, einige Deckenbalken in passendem Rot gestrichen. Ob die Farbtöne beibehalten werden könnten, entscheidet sich erst, wenn ein Gesamtkonzept erstellt und vom Landeskirchenamt abgesegnet wurde. Neben Säulen und Gebälk müssen auch die Kirchenbänke, die Kanzel sowie die ebenfalls bebilderte Südempore mit der Fürstenstatur überarbeitet werden. 20.000 Euro von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz hat Sumfleth schon eingetrieben. Auch der anonyme Spender hat einen weiteren Geldbetrag zugesichert. Sumfleth hofft, auch diese Arbeiten mithilfe der Wilhelmsburger meistern zu können.