Hamburg. Bis 2025 soll eine Jugendanstalt mit 200 Haftplätzen für junge Gefangene entstehen. Der Standort Hahnöfersand wird aufgegeben.

Der Bau des neuen Hamburger Gefängnisses rückt näher: Nach einem bundesweiten Beteiligungsprozess liegen jetzt die Architektenpläne für die Jugendanstalt vor, die angrenzend an die Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder gebaut und bis 2025/26 in Betrieb genommen werden soll.

Auf einer Fläche von 5,8 Hektar entstehen 200 Haftplätze für den geschlossenen Vollzug, 18 Plätze für den offenen Vollzug sowie 20 Plätze im Jugendarrest. Der Neubau soll die Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand (Landkreis Stade) ersetzen­, deren Gebäude zum Teil 100 Jahre alt und erheblich sanierungs- und modernisierungsbedürftig sind.

„Unser Ziel ist, die modernste Jugendanstalt Deutschlands zu errichten. Mit dem Neubau haben wir die riesige Chance, die Infrastruktur nach den neuesten Erkenntnissen, den Bedürfnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Gefangenen zu planen“, sagt Justizsenator Till Steffen (Grüne).

Räume werden übersichtlich und einsehbar gestaltet

Die meisten der jungen Gefangenen, die zum überwiegenden Teil keine Jugendlichen, sondern Heranwachsende und junge Erwachsene sind, haben Erfahrungen mit Gewalt gemacht. Ein Großteil kam wegen eines Gewaltdelikts hinter Gitter. Zudem sind nahezu alle jungen Gefangenen selbst Opfer von gewalttätigen Übergriffen geworden. Deswegen ist es ein zentrales Ziel, die Haftanstalt so zu konzipieren, dass gewalttätige Auseinandersetzungen möglichst vermieden werden.

„Wir werden vor allem durch den relativ kompakten, durch Übersichtlichkeit und Einsehbarkeit gekennzeichneten Baukörper ein gewaltarmes Klima schaffen, was auch zur Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter beiträgt“, sagt Maximilian Fink, Leiter des Projekts Neustrukturierung und Zukunftssicherung des Hamburger Justizvollzuges.

Die Hafträume sollen v-förmig angeordnet werden, sodass die Überwachung zentral von dem Punkt aus erfolgt, an dem die beiden Flügel zusammentreffen. Auch an Details wird gedacht: Hafttüren sollen mit Magneten so an der Wand fixiert werden, dass, wenn sie geöffnet sind, dahinter keine uneinsehbaren Bereiche entstehen können.

Sanierung der historischen Gebäude soll 16,5 Millionen Euro kosten

Die Jugendanstalt wird durch einen hohen Zaun von der JVA Billwerder getrennt sein und erhält einen eigenen Eingang. Die Gebäude für den offenen Vollzug und den Jugendarrest entstehen angrenzend an das Anstaltsgelände außerhalb der Gefängnismauer. Neben Werkstätten und Unterrichtsräumen ist eine Freifläche von 11.000 Quadratmetern innerhalb des Anstaltsgeländes für Sport und Freizeitaktivitäten vorgesehen.

Seit 2015 wird darüber diskutiert, wie der Hamburger Jugendvollzug künftig organisiert werden soll. Eine Vorentscheidung gegen den Verbleib jugendlicher Gefangener auf der Elbinsel Hahnöfersand fiel mit der Verlegung der Frauenhaftanstalt von dort in die JVA Billwerder. Allein die Sanierung der historischen Gebäude wird mit Kosten in Höhe von 16,5 Millionen Euro taxiert. Mindestens der gleiche Betrag wird für die Modernisierung der Haftgebäude fällig. Deswegen gilt der Erhalt der JVA Hahnöfersand, zumal nach der Verlagerung der Frauenhaftanstalt, als unwirtschaftlich.

Schleswig-Holstein erteilte Vollzugskooperation Absage

Als nachteilig gilt heute auch die Insellage wegen der langen Wege. Nach Ansicht von Experten lässt sich die Wiedereingliederung der jungen Gefangenen in die Gesellschaft an der Peripherie weniger trainieren. Vor 100 Jahren wurde gerade die Abgeschiedenheit Hahnöfersands als Vorzug angesehen.

Eine zwischenzeitlich erwogene Verlagerung des Jugendvollzugs in die JVA Fuhlsbüttel wurde wieder verworfen, weil die räumliche Trennung und Abgrenzung vom Erwachsenenvollzug als zu schwierig galt. Justizsenator Steffen favorisierte lange eine Vollzugskooperation mit Schleswig-Holstein. Das Modell sah vor, dass die jungen Gefangenen aus Hamburg in der Jugendhaftanstalt Neumünster untergebracht werden, während zu Haftstrafen verurteilte Frauen aus Schleswig-Holstein in der JVA Billwerder einsitzen sollten. Nach dem Regierungswechsel in Schleswig-Holstein im Mai 2017 erteilte die neue Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) den Plänen eine Absage.

73 junge Gefangene in Strafhaft und 47 in U-Haft

Die Opposition von FDP und CDU in der Bürgerschaft hatte von Beginn an einen Neubau in Billwerder vorgeschlagen. Im April 2018 verständigten sich SPD, Grüne, CDU und FDP im Rahmen des „Justizvollzugsfriedens“ auf den „Neubau einer eigenständigen Jugendanstalt am Standort der JVA Billwerder unter Aufgabe des Standortes der JVA Hahnöfersand“. Diese Lösung biete „die Vorzüge einer stadtnahen Resozialisierung und einer besseren Erreichbarkeit“, heißt es in dem gemeinsamen Antrag. Wie teuer der Neubau wird, sagt die Justizbehörde noch nicht. Allerdings sollen die Kosten für Sanierung und Modernisierung der JVA Hahnöfersand nicht überschritten werden.

Aktuell sitzen 73 junge Gefangene in Strafhaft und 47 in U-Haft. Im offenen Vollzug sind fünf, im Jugendarrest vier junge Menschen untergebracht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gefangenenzahl Schwankungen unterliegt.