Hamburg. Umweltschützer kritisieren Ausbau der LNG-Infrastruktur. Es könnte auch Erdgas aus umstrittener Gewinnung eingespeist werden.

Im Zuge der Diskussionen um besseren Klimaschutz ist in Hamburg ein Streit über den Einsatz von flüssigem Erdgas (Liquefied Natural Gas = LNG) entbrannt. Hintergrund ist die jüngste Zustimmung des rot-grünen Senats im Bundesrat zum Ausbau der In­frastruktur für LNG. Umwelt- und Klimaschützer sehen den Einsatz des Flüssiggases aus mehreren Gründen kritisch.

Zwar wird bei der Nutzung von LNG etwa in der Schifffahrt weniger klimaschädliches CO2 ausgestoßen als bei der Ölverbrennung. Allerdings gibt es laut Umweltschützern auch problematische Aspekte. Erstens sei auch Erdgas ein fossiler Brennstoff und belaste das Klima. Zweitens könne beim LNG Methan freigesetzt werden, das die Atmosphäre so stark wie die Ölverbrennung belaste. Und drittens stammten Teile des LNG aus (US-)Förderung mittels hoch umstrittener Fracking-Technologie, die Rot-Grün explizit abgelehnt habe.

Bis zu 850 Millionen Euro kostet ein LNG-Terminal

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) bereits Anfang Juni per Brief aufgefordert, dem Ausbau der LNG-Infrastruktur im Bundesrat nicht zuzustimmen. „Derzeit ist der Bau von LNG-Terminals für die Anlandung und Speicherung von Flüssiggas in Norddeutschland geplant. Als mögliche Standorte werden Brunsbüttel, Stade, Wilhelmshaven sowie Rostock in Betracht gezogen“, schreiben die BUND-Vorsitzende Maren Jonseck Ohrt und Geschäftsführer Manfred Braasch. „Die Investitionssummen bewegen sich zwischen 450 und 850 Millionen Euro pro LNG-Terminal.“

Der BUND lehne den Bau neuer LNG-Terminals „entschieden ab“, so der Brief. „Der Aufbau widerspricht den Zielen des Klimaschutzes und ist energiewirtschaftlich unsinnig.“ Dabei verweisen die Umweltschützer auch auf eine Studie des Umweltbundesamtes. Auch der Energienetzbeirat hat sich kürzlich kritisch mit dem Thema befasst. Gilbert Siegler, Sprecher des in der Energiepolitik engagierten privat organisierten Hamburger Energietisches, sagte dem Abendblatt: „Hamburg will bis 2030 zwei Kohlekraftwerke stilllegen und durch Gaskraftwerke ersetzen. Wird nun in Brunsbüttel ein LNG-Terminal gebaut und mit dem Hamburger Gasnetz verbunden, dann ist die Nutzung von gefracktem Erdgas in Hamburg programmiert. Das wäre eine Katastrophe für den Klimaschutz.“

Umweltschützer befürchten Verunreinigung des Bodens

Beim Fracking werden tiefe Gesteinsschichten mittels Einpressung von mit Chemikalien versetzter Flüssigkeit geweitet. Auch wegen der Gefahr giftiger Verunreinigungen von Böden und Wasser lehnen Umweltschützer diese vor allem in den USA genutzte Technik ab.

Hamburg hat dem Ausbau der LNG-Infrastruktur trotz solcher Vorbehalte jetzt zugestimmt, das heißt: Auch die Grünen haben sich also dafür ausgesprochen. Wären sie dagegen gewesen, hätte sich Hamburg enthalten müssen. „Dass Hamburgs rot-grüne Regierung für eine gesetzliche Regelung stimmt, die den millionenschweren Ausbau von LNG-Terminals fördert, ist nach den vollmundigen Ankündigungen des Bürgermeisters und des Umweltsenators zum Klimaschutz mehr als befremdlich“, sagte BUND-Chef Braasch.

Senatssprecher Marcel Schweitzer dagegen betonte, LNG sei „nicht klimaschädlicher als Schweröl, aber sehr viel umweltfreundlicher“. Die Schifffahrt müsse ihren Beitrag zu besserer Luft leisten. „LNG hat zudem den Vorteil, dass man es zu 100 Prozent aus regenerativer Energie herstellen kann. Damit wird die Schifffahrt nicht nur umweltfreundlich, sondern sogar klimaneutral. Wir fördern daher nicht nur die Wasserstoff-Infrastruktur, sondern auch eine Infrastruktur für LNG“, so Schweitzer. „Fracking – das wir in Hamburg ablehnen – ist angesichts der Vorteile des Einsatzes von LNG kein Argument gegen ein LNG-Terminal. Wir bauen ja auch nicht das Stromnetz ab, weil es geeignet ist, Atomstrom aufzunehmen.“

Gas ist eine Zwischenlösung

Umweltbehördensprecher Jan Dube sagte, Gas sei „als Zwischenlösung noch notwendig, um bei Klimaschutz und Luftreinhaltung voranzukommen“. Gerade bei Schiffsantrieben biete LNG eine Alternative, die sauberer sei als Schweröl. „Wir wissen aber auch um die Schwierigkeiten im Umgang und mit der Herkunft von fossilem Flüssiggas“, so Dube. „Hamburg hat zum Thema Fracking eine klare Position: Fracking-Gas ist in Hamburg nicht gewollt – weder in der Förderung noch in der Nutzung. Das ist im Koalitionsvertrag klipp und klar festgelegt.“

Ein Importterminal aber biete einerseits die Möglichkeit, im Hamburger Hafen mehr Schiffe mit LNG zu betanken. Langfristig könnten so aber auch „komplett erneuerbare Energieträger – zum Beispiel für die Wasserstoffproduktion – im großen Stil“ importiert werden. Hamburg habe klargemacht, dass die Anlage von Beginn an für Wasserstoff ausgelegt werden müsse, so Dube. „Da steckt die wirkliche Musik drin für eine komplett fossilfreie Energieversorgung.“