Hamburg. Sieben Personen und Familien nutzten Fahrrad, Bus, Bahn oder Mietfahrzeuge. Wie gut oder schlecht sie ihre Ziele erreichten.
Den Autoschlüssel nahm Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) höchstpersönlich entgegen. Am 14. Februar fuhr der Rentner Michael König im Rathaus-Innenhof vor und lieferte seinen BMW 116i bei dem Grünen-Politiker ab. Es war der Start der Aktion „Steig um!“. Für drei Monate verzichteten neben Michael König noch sechs weitere Hamburger auf ihre Autos.
Im Gegenzug erhielten die Teilnehmer jeden Monat 400 Euro, um Verkehrsmittel wie Bus, Bahn, StadtRad oder E-Roller zu nutzen. Auch Taxis, Carsharing oder Leihwagen waren erlaubt, nur das eigene Auto blieb in der Tiefgarage der Umweltbehörde. Die 400 Euro entsprechen laut Studien den durchschnittlichen Kosten für einen Mittelklassewagen im Monat (Kompaktklasse, drei Jahre alt, gebraucht gekauft). Mit allen Ausgaben: Steuer, Versicherung, durchschnittliche Reparaturen, Verschleiß, Kraftstoff.
„Viel zu wenige Menschen probieren bisher den Umstieg auf Rad, Bahn oder Carsharing“, sagt Umweltsenator Kerstan. Er führt dies vor allem auf fehlende praktische Erfahrungen zurück. Genau diese konnten die Teilnehmer in den vergangenen Wochen reichlich sammeln. Und immerhin: Niemand stieg vor der Dreimonatsfrist aus, was unter Verzicht auf das Mobilitätsbudget möglich gewesen wäre. Im Gegenteil: Mehrere Teilnehmer erwägen sogar, ihr Auto zu verkaufen. Lesen Sie hier die Erfahrungsberichte.
Mit dem HVV ist es komfortabel, aber viel zu teuer
Michael König (68) ist Rentner und lebt in Hoheluft-West.
Während der Zeit bei „Steig um!“ hat es mir das Fahrrad besonders angetan. Vor allem das StadtRad. Die neuen Modelle fahren sich richtig angenehm. Ich bin aber noch jung genug, um mein eigenes Fahrrad ohne Elektromotor zu nutzen. Die Annahme, dass ich in der Stadt sehr gut ohne Auto zurechtkommen würde, hat sich voll bestätigt.
Ich wohne im engeren Einzugsbereich der leistungsstarken Stadtteilzentren von Hoheluft, Eimsbüttel und Eppendorf. Wenn das Wetter nicht zu schlecht ist, gehe ich viel zu Fuß und fahre viel Fahrrad, dann bleibe ich fit und gesund. Auch Großeinkäufe sind für mich kein Problem, ich bin allein und kaufe nicht so viel auf einmal. Ich kann mir vorstellen, dass es bei einer größeren Familie schwieriger ist. Auch das StadtRad nutze ich gelegentlich in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln. Die Nutzung ist preisgünstig, und in den inneren Stadtteilen gibt es ein dichtes Stationsnetz. In den äußeren Stadtteilen besteht allerdings Nachrüstungsbedarf.
Preisgestaltung ist mangelhaft
Seit ich eine HVV-Monatskarte für die Zone AB habe, benutze ich öfter die öffentlichen Verkehrsmittel. Die Fahrzeiten zu den von mir häufiger angesteuerten Zielen in Langenhorn, Farmsen oder Bahrenfeld entsprechen weitgehend den Fahrzeiten mit dem Auto. Die HVV-Taktungen und Verbindungen sind für meine Zwecke sehr komfortabel. Die Fußwege zu und von der Haltestelle stören mich dabei überhaupt nicht.
Mangelhaft am öffentlichen Nahverkehrsangebot in Hamburg ist allerdings die Preisgestaltung. Hamburg sollte sich ein Beispiel an Wien nehmen. Obwohl das Streckennetz in beiden Städten mit jeweils rund 1200 Kilometern nahezu gleich lang und auch sonst die Qualität des ÖPNV in beiden Städten gleich gut ist, muss ich in Hamburg einen um 168 Prozent höheren Preis für ein Jahresabo zahlen. Dieser krasse Unterschied ist nicht nur bei den Seniorenkarten festzustellen, sondern auch bei Karten für andere Kundengruppen.
Urlaubsreise nach Amrum
Für eine Urlaubsreise nach Amrum habe ich erstmals die Bahn genutzt. Mit dem Auto ist man kaum schneller, wenn man noch die Zeit zum Abstellen und den Weg vom Parkplatz zur Fähre hinzurechnet. Mit der Bahn kann man direkt bis zum Fähranleger in Dagebüll fahren. Das Fährticket kann man bereits in der Regionalbahn der Norddeutschen Eisenbahngesellschaft kaufen. Mit dem Schleswig-Holstein-Ticket (32 Euro für zwei Personen) ist die Bahnfahrt von etwa 200 Kilometern nicht teuer. Für einen ländlichen Kurzurlaub in Mecklenburg-Vorpommern habe ich einen Mietwagen genommen.
Das Umsteigen gibt mir ganz neue Freiheiten
Carina Pfleghar (32) wohnt in Hohenfelde und ist als Koordinatorin tätig.
Ich komme ursprünglich aus der Autostadt Wolfsburg und bin seit Mitte Dezember 2018 stolze Neu-Hamburgerin. Ich habe einen Arbeitsweg von etwa drei Kilometern, den ich super zu Fuß, mit dem StadtRad oder mit Bus und Bahn zurücklegen kann. In den ersten Tagen in Hamburg habe ich mein Auto noch benutzt, um damit zur Arbeit zu fahren. Aber nach nur kurzer Zeit habe ich festgestellt, dass der Verkehr und die Parkplatzsuche unberechenbar sind. Und generell – ohne Auto habe ich viel weniger Stress.
Weil es in Wolfsburg sehr untypisch ist, alternative Verkehrsmittel zu nutzen, und Angebot und Nachfrage daher auch sehr gering sind, hat sich die Hamburger „Steig um!“-Aktion bestens für mich geeignet, um die Stadt mit ihren alternativen Verkehrsmitteln besser kennenzulernen.
Ich muss aber zugeben, dass ich anfangs Berührungsängste hatte und etwas überfordert war mit den vielen anderweitigen Möglichkeiten. Mittlerweile komme ich aber gut klar. Nur der berühmte Emmy-Roller steht bei mir noch auf der Erprobungsliste, an den habe ich mich bisher noch nicht rangetraut.
Wenn ich am Wochenende Besuch bekomme, sind die Elbfähren eine tolle Sache. Mit meinem HVV-Ticket kann ich meinen Besuch einfach mitnehmen. Eine richtig tolle Unternehmung mit den Öffis. Das findet auch mein Besuch. Meine Lieblingsalternative ist und bleibt aber das StadtRad. Es ist einfach und günstig und für mich superpraktisch.
Ein größerer Pflanzenkauf brachte ein paar Probleme
Mein Leben hat sich bezüglich der Mobilität sehr zum Positiven verändert. Eines der wenigen negativen Erlebnisse hatte ich, als ich spontan größere Einkäufe machen musste, zum Beispiel meine Terrassenpflanzen. Es war etwas unpraktisch, Blumen mit dem Bus nach Hause zu transportieren, aber auch das hat am Ende geklappt. Meinen nächsten Blumeneinkauf plane ich mit mehr Vorlauf. In solchen Situationen vermisse ich mein Auto zwar, aber das Ziel, mein Auto im Anschluss an die Aktion zu verkaufen, werde ich mit großer Wahrscheinlichkeit erreichen.
Mein Fazit: Ich möchte dauerhaft umsteigen, denn in Hamburg braucht man wirklich kein Auto. Man ist ohne viel freier in der Mobilitätsgestaltung.
Ein Familienauto für eine Nachbarschaft – das wäre toll
Stefanie (47) und Harald (53) Buchheister wohnen mit ihrer großen Familie in Othmarschen. Er ist Inhaber einer Digitalagentur, sie Produktdesignerin.
Wir sind eine Familie mit vier Kindern (5, 12, 17 und 19). Viele meinen, dass sich das Einkaufen ohne Auto schwierig gestaltet, aber mit großen Satteltaschen am Rad geht das. Wenn alle mit anpacken, bekommt man auch den Großeinkauf nach Hause. Oder man kauft weniger und dafür mehrmals. Nach den anfänglichen Diskussionen, dass andere Kinder ja auch zur Schule gebracht werden, sehen unsere die Aktion nun auch positiv. Bei gutem Wetter zumindest. Dann ist zum Beispiel das Fahrradfahren ein gutes Sportprogramm.
Mit den 400 Euro aus der Aktion kamen wir nicht aus
Aber besonders dann, wenn das Wetter schlecht ist oder unsere Kinder spät dran sind, greifen wir schon gern auf unser Auto zurück. In Ausnahmefällen organisierten wir das während der Aktionszeit auch über die Carsharer. Der Kindergarten des Kleinsten liegt in Klein Flottbek, also außerhalb des Geschäftsgebiets. Dort parken, den Kleinen in den Kindergarten bringen oder abholen und das Auto inzwischen nicht abmelden können wird dann ziemlich teuer. Wir hoffen, dass die Carsharing-Angebote bis nach Blankenese ausgedehnt werden.
Leider sind die Preise für die meisten Alternativen für eine große Familie viel zu hoch und unflexibel. Da reichen auch nicht die 400 Euro, die wir im Rahmen der Aktion jeden Monat bekommen haben. Wir mussten draufzahlen. Zum Beispiel sind bei der S-Bahn 1,70 Euro für eine Station als Kurzstreckentarif einfach unverhältnismäßig. Der HVV müsste überhaupt viel günstiger werden, damit man die Leute zum Umsteigen bewegt. Wir fahren auch gerne raus aufs Land. Dazu haben wir uns ein Auto von Freunden geliehen.
Obwohl wir unser Auto nur selten vermisst haben, möchten wir dennoch nicht darauf verzichten. Erst mal. Als Großfamilie ist es zurzeit noch nicht möglich, ganz ohne Auto zu sein. Deswegen haben wir überlegt, eine private Initiative zu starten: ein Auto für eine Nachbarschaft, das wäre toll. Ein privates Carsharing sozusagen. Wäre doch auch eine prima Start-up-Idee. Unser Nachbar ist schon mal interessiert, seinen Multivan mit uns zu teilen.
Stefanie Buchheister: Ohne Auto sind mehrere Aktivitäten an einem Tag kaum noch möglich. Aber das ist gar nicht so schlimm. So kann ich meinen Tag entschleunigen.
Harald Buchheister: Ich benutze schon seit etwa fünf Jahren das Angebot von DriveNow. Ich habe allerdings das Gefühl, dass durch Carsharing die Dichte an Autos eher zunimmt. Oft passieren auch ungewöhnliche Dinge. Als ich einen der Emmy-Roller benutzen wollte, war er gar nicht da, wo er mir in der App angezeigt wurde. Und einmal war nach fünf Minuten Fahrt plötzlich der Akku leer, und der Roller ist einfach ausgegangen.
Wenn etwas schiefgeht, hat man hinterher immer etwas zu erzählen. Während es regnete, wollte ich meinen Fahrradweg abkürzen und mein Rad den Rest des Weges in einem Auto eines Sharing-Anbieters mitnehmen. Bei Sixt wurde ich fündig. Leider gab es aber Probleme bei der Anmeldung, die sich auch nicht lösen ließen. Das Rad in der Bahn mitzunehmen wäre einfacher gewesen. Das sind solche Momente, da frage ich mich: Warum mache ich das überhaupt?
Radfahren für die Umwelt – und für unsere Gesundheit
Andrea (57) und Michael (61) Busch wohnen im Stadtteil Harburg. Sie arbeitet als Angestellte in einer Werbeagentur, er als freiberuflicher Managementberater.
Mit der Umstellung, plötzlich kein Auto mehr zu haben, hatten wir keine großen Probleme. Die meisten Fehler waren Dusseligkeit. Michael ist zum Beispiel einmal in den falschen Bus gestiegen. Unser Sohn ist aber ein bisschen sauer. Er hat unser Auto immer benutzt, wenn er zu Besuch war.
Wir fahren schon seit fünf Jahren wieder regelmäßig Fahrrad. Nicht nur wegen der Umwelt, sondern auch wegen der Gesundheit. Ganz wichtig ist uns der Helm. Leider mussten wir feststellen, dass in Harburg kaum Alternativen zum eigenen Auto angeboten werden. Wir haben mit der DB-App gekämpft. Wir wollten mit der Bahn nach Rügen fahren und dazu unsere Fahrräder mitnehmen. Es gab aber keine Möglichkeit, die Fahrräder online dazuzubuchen. Generell sind Bahnfahrten für zwei Leute meist teurer als ein Leihwagen.
Lieferdienst vom Supermarkt ist eine feine Sache
Unser Auto ist ein „Spaßauto“, ein BMW Z4 Roadster, Zweisitzer. Er ist zum Einkaufen unpraktisch und auch sonst nicht zwingend notwendig. Wir wollen ihn verkaufen. Wenn wir uns wieder ein Auto zulegen sollten, dann würden wir gerne mal Elektroautos ausprobieren.
Für eine Geburtstagsfeier haben wir den Lieferdienst eines Supermarktes ausprobiert. Wir waren superzufrieden und wollen gern noch einmal darauf zurückgreifen. Die Bestellung ging problemlos, die Lieferung kam pünktlich, und die schweren Getränkekisten wurden bis vor unsere Wohnungstür gebracht. Für die kleineren Einkäufe nutzen wir weiterhin die Fahrräder, das geht viel schneller, und die lästige Parkplatzsuche ist vorbei.
Michael Busch: Für eine Dienstreise nach Jena habe ich mich für die Bahn entschieden. Das hat mich aber gar nicht überzeugt. Wegen einer Verspätung habe ich den Anschlusszug nicht bekommen und kam zu spät zu meinem Termin. Dafür lief die Rückfahrt aber ohne Probleme. Ich könnte ganz auf das Auto verzichten.
Andrea Busch: Ich bin auch schon vor der Aktion oft und gerne mit dem Fahrrad zur Arbeit ins Büro gefahren. Wozu brauche ich denn überhaupt ein Auto? Ich würde auch gerne mal einen E-Roller ausprobieren, aber das gibt es in Harburg leider nicht. Ich habe schon zweimal von unserem Auto geträumt, aber so richtig vermisse ich das Auto auch nicht.
Ich war zuerst nicht von den Lastenfahrrädern geschweige denn überhaupt von der Aktion überzeugt, doch nachdem ich die Lastenfahrräder getestet und mich auf die Aktion eingelassen habe, bin ich bin total begeistert. Ich glaube auch, dass die Lastenfahrräder richtig einschlagen werden.
Am Rand von Hamburg ist es schwierig mit den Alternativen
Kathrin (40) und Alexander (44) Jünemann wohnen in Neuallermöhe. Sie ist Berufsschullehrerin, er arbeitet als Sozialpädagoge.
Die Aktion hat ihre guten und schlechten Seiten. Wir mussten im Grunde nicht viel ändern, da wir auch vorher das Auto nur an zwei Tagen in der Woche wirklich gebraucht haben. Überwiegend am Dienstag. Nun wollten wir mal testen, wie der Dienstag ohne Auto zu planen ist und ob wir das schaffen würden.
Die Einkäufe erledigen wir meistens, wenn wir unsere Tochter zum Reiten bringen und sowieso schon unterwegs sind. Das funktioniert super. Leider gelangen wir mit dem Bus nicht zum Reithof, der liegt zu weit außerhalb, aber mit dem Fahrrad funktioniert das super.
Wir kommen beide eigentlich aus Berlin. Vor neun Jahren hat es uns aus beruflichen Gründen nach Hamburg gezogen. Weil keiner von uns ein Auto geschweige denn einen Führerschein besaß, war für uns klar: Es muss wieder eine Großstadt sein!
Wir fahren überwiegend mit dem Fahrrad. Aber nutzen auch das Angebot des HVV mit Bus und Bahn. Zum Bahnhof in Allermöhe sind es von unserer Wohnung etwa zehn Minuten Fußweg. Unser Auto wurde eigentlich ja nur am Dienstag benutzt, deswegen fehlt es nicht wirklich. Außer eben am Dienstag. Und genau deswegen möchten wir es vorerst noch nicht verkaufen. Aber sobald es auch in Allermöhe eine Carsharing-Station gibt, was wir uns sehr wünschen, wären wir bereit, unser Auto endgültig wegzugeben.
Unsere zehnjährige Tochter Nathalie findet die Aktion nur so „mittel“, weil sie manchmal zu spät zum Reiten kommt. Wenn etwas nicht so gut geklappt hat, war häufig sie die Leidtragende.
Kathrin Jünemann: Mir ging es während der Aktion super, nur meinen Mann nervte es manchmal. Es gab Situationen, in denen er nicht so begeistert davon war. Die neuen Schnellbusse E30 habe ich schon ausprobiert, die fahren vor unserer Haustür los. Das ist natürlich praktisch. Ich würde gern mal einen Emmy-Roller fahren, aber auch in Bergedorf wird das nicht angeboten.
Hoffentlich kommen auch die Lastenräder bald nach Allermöhe
Mit dem Fahrrad oder zu Fuß erledige ich meine Einkäufe, und zur Arbeit nach Bergedorf nutze ich ebenfalls das Fahrrad. Obwohl die Einkäufe ohne Auto kein großes Problem sind, wünsche ich mir, dass die neuen Lastenräder es irgendwann nach Allermöhe schaffen. Wenn ich meine Tochter zu Terminen und Freizeitaktivitäten gebracht habe, habe ich die Zeit in Cafés verbracht und zum Beispiel ein Buch gelesen. Mit Auto wäre ich in der Zwischenzeit wieder nach Hause gefahren. Außerdem hatte ich viele Ideen zu weiteren Alternativen, die ich testen könnte.
Alexander Jünemann: 2012 habe ich mich entschieden, den Führerschein zu machen. Aber das auch nur, weil wir am Rand von Hamburg wohnen und einen schlechten Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln haben. Um den Dienstag während der Aktion ohne Probleme überstehen zu können, nutze ich das Carsharing-Angebot. Dafür muss ich aber erst mal mit der Bahn oder dem Fahrrad nach Bergedorf fahren. Aber ich vermisse mein Auto nicht, ich habe ja keine innige Beziehung zu meinem Auto.
Wozu ein Auto, wenn es doch 23 Stunden täglich herumsteht?
Daniel Schweigel (46) wohnt in Barmbek und arbeitet als Facility Management Consultant.
Bevor ich mein Auto für die Aktion abgegeben habe, bin ich damit täglich zur Arbeit nach Poppenbüttel gefahren. Das nimmt je nach Tageszeit etwa 20 Minuten in Anspruch. Mit der Bahn brauche ich etwa 25 bis 30 Minuten. Das beinhaltet aber schon die fünf Minuten Weg zu den Haltestellen von zu Hause und ins Büro und ist ein schöner Spaziergang.
Natürlich fahre ich auch privat ab und zu mal mit der U-Bahn und muss feststellen: Die Pünktlichkeit ist hier besser als bei den S-Bahnen, da hat die Deutsche Bahn noch Potenzial zur Verbesserung. In den wärmeren Monaten ist natürlich auch das Fahrrad eine schöne Alternative. Da gibt es gleich noch ein bisschen mehr Bewegung, und man kann die Zeit genießen.
Mit der App von Car2Go kann ich per GPS jederzeit überprüfen, wo sich ein verfügbares Auto befindet, und es dann ganz einfach reservieren. In Barmbek steht an vielen Stellen ein Auto von Car2Go. Vor Ort bekomme ich einen Code, mit dem ich den Wagen aufschließen kann, und dann geht es auch schon los. Ich finde allerdings, dass das Angebot von Carsharing, Emmy, StadtRad, HVV, Moia und Co. mittlerweile recht unübersichtlich bezüglich der vielen Apps geworden ist. Ich würde mir eine Mobilitätslösung wünschen, bei der ich einfach meinen Wunsch eingebe und die momentan vorhandenen Varianten gebündelt als Ergebnis bekomme. Dass die Apps nicht funktionieren und man das Auto oder den Roller vergebens sucht oder sich nicht wieder abmelden kann, ist zwar sehr selten, kommt aber auch mal vor.
Die Geschäftsgebiete für Carsharing reichen noch nicht aus
Ich musste mich zwar anfangs umorganisieren, aber so langsam ruckelt sich alles zurecht, und es gibt nichts, was mich besonders nervt. Ich kann mich frei bewegen, und eigentlich könnte ich das Ganze auch noch ein paar Monate länger machen. Vor zwei Jahren habe ich mein Auto geleast. Der Vertrag läuft im September aus. Auch schon vor der Aktion habe ich darüber nachgedacht, mir nach Ablauf des Leasingvertrags kein neues Auto zuzulegen. Wozu, wenn es am Ende doch nur 23 Stunden am Tag rumsteht?
In meiner näheren Umgebung habe ich viele Alternativen zum eigenen Auto. Das Carsharing-Angebot nutze ich ein- bis zweimal in der Woche. Allerdings ist das Geschäftsgebiet, in dem man mit den Carsharing-Angeboten fahren kann, noch nicht ausreichend. Insbesondere das Randgebiet von Hamburg fehlt mir hier, wobei „Rand“ ja schon gewagt ausgedrückt ist. Ich würde z. B. auch gern mal nach Stellingen, Harburg oder Wellingsbüttel dieses Angebot nutzen.
Ein Hobby von mir ist das Laufen. Das mache ich am liebsten mit meinen Freunden an der Alster. Gerade im Winter ist es dann doch deutlich angenehmer, ein eigenes Auto zu haben, vor allem für den Nachhauseweg. Ansonsten vermisse ich mein Auto aber überhaupt nicht.
Einfach mal was Neues ausprobieren!
Julia Reiß (32) ist Geografin und lebt in Ottensen.
In der ersten Hälfte der „Steig um!“-Aktion ist es mir sehr gut ergangen. Leider ging in dieser Zeit mein geliebter Renault Clio kaputt, und ich musste ihn frühzeitig verkaufen. Aber mein Entschluss, das Auto zu verkaufen, kam vor allem auch durch die Aktion. In den ersten sechs Wochen habe ich mein Auto nur selten vermisst und feststellen können, dass selbst spontane Ausflüge ans Meer mit einem Mietauto wunderbar funktionieren. Außerdem hat mein Auto die meiste Zeit nur herumgestanden.
Zudem habe ich den Emmy-Roller entdeckt. Ich brauche rund zehn Minuten von meiner Wohnungstür bis zum nächsten Emmy-Roller. Für mich war es das erste Mal, dass ich mit so einem Roller gefahren bin. Damit bringt es mir richtig Spaß, von A nach B zu kommen. Erstaunt war ich, als ich einen Emmy-Roller parkte und nach einigen Minuten wiederkam und dieser bereits weg war. Super, dass so großes Interesse besteht, nur mit Zeitdruck sollte man einplanen, nicht immer alles sofort nutzen zu können.
Wunderbar, wie man sich hier ohne Auto bewegen kann
Die letzten Wochen haben mir gezeigt, wie wunderbar ich mich in Hamburg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen kann. In meiner Freizeit habe ich auch vorher schon oft darauf und auf mein Fahrrad zurückgegriffen. Und solange es nicht regnet, sind die Stadtroller ideal für kurze Strecken. Ich freue mich vor allem auf die Sommermonate! Aber ich frage mich, ob es überhaupt sinnvoll ist, das Smartphone dafür auch noch zu nutzen und sich noch mehr davon abhängig zu machen. Dazu kommt, dass ich leider in Hamburg nicht überall guten Internetempfang habe, und ich vergesse auch öfter mal, mein Handy aufzuladen, weshalb ich die Apps nicht alle immer einwandfrei nutzen konnte. Und die S-Bahn hat oft Verspätung wegen Gleisstörungen.
Meine Familie lebt in Bayern. Um sie zu besuchen, habe ich trotz des vorhandenen Autos immer die Bahn benutzt. Bei mir klappt alles wunderbar ohne Auto, denn auch hier in Altona braucht man aus meiner Sicht kein eigenes Auto. Ein Mietwagen ist im Notfall eine gute Lösung. Und im Preisvergleich ist es günstig, und man bekommt entsprechende Konditionen. Man muss allerdings auch den Mut haben, seine eigene Komfortzone zu überschreiten und etwas Neues auszuprobieren.