Hamburg . Der elf Jahre alte Sohn entdeckte seine tote Mutter. Nun steht ein 50-Jähriger wegen Totschlags vor dem Hamburger Landgericht.

Die Mutter von vier Kindern lag mit schweren Stichverletzungen im Schlafzimmer. Und ihr elf Jahre alter Sohn, zur Mittagszeit gerade von der Schule zurückgekehrt, entdeckte sie, sah seine eigene Mutter leblos in einer riesigen Blutlache liegen. Für die 42-Jährige kam jede Hilfe zu spät – sie war bereits tot.

Der Mann, der Juliete H. erstochen und soviel Leid über die Familie gebracht hat, ist mutmaßlich Marc H., damals – zumindest auf dem Papier – noch ihr Ehemann und der Vater der zwei jüngsten ihrer vier Kinder. Gegen den 50-Jährigen beginnt am 21. Mai vor der Großen Strafkammer 21 des Hamburger Landgerichts die Hauptverhandlung wegen Totschlags. Mit einem Urteil ist nicht vor dem 31. Juli zu rechnen. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft soll der 50-Jährige seine getrennt von ihm lebende Ehefrau am 5. Dezember 2018 in ihrer Wohnung an der Eckernförder Straße besucht haben. Dort soll es zu einem verbalen Streit gekommen sein.

Bei Streit Messer gezückt

Wie das Abendblatt erfuhr, ging es dabei um Julietes H.‘s neuen Lebensgefährten. Als die 42-Jährige eine sexuelle Anspielung machte, ihr neuer Freund sei „wenigstens ein richtiger Mann“, soll der 50-Jährige ein mitgeführtes Messer mit zehn Zentimeter langer Klinge gezückt haben. Damit soll er seiner Ehefrau „insgesamt 50 Stich- und Schnittverletzungen im Bereich des Gesichts, des Halses und des Oberkörpers zugefügt haben“, so die Staatsanwaltschaft.

Die Frau erlitt unter anderem schwerste bis tödliche Verletzungen an der Leber, dem Zwerchfell und der Halsschlagader. Kurz nach der Tat nahm die Polizei Marc H. in seiner Wohnung an der Elsässer Straße (Dulsberg) fest – die tödlichen Stiche räumte er später ein. Zur Frage, inwieweit ein Affektgeschehen bei der Tat eine Rolle gespielt haben könnte, wird sich in der Verhandlung ein psychiatrischer Sachverständiger äußern. Wie das Abendblatt erfuhr, geht der Gutachter vorläufig aber nicht davon aus, dass Marc H.’s Steuerungsfähigkeit derart herabgesetzt war, dass von einer Schuldunfähigkeit auszugehen ist.

Gewalttätige Übergriffe des Angeklagten

Vorangegangen waren dem tödlichen Streit mehrere gewalttätige Übergriffe des Angeklagten. 2016 hatten die beiden geheiratet – kurz danach fing es an. „Es gibt zahlreiche Beiakten, die Misshandlungen durch Marc H. belegen“, so eine mit dem Fall vertraute Quelle, die anonym bleiben möchte. Nach Abendblatt-Informationen hatte Marc H. vor allem ein Problem damit, dass Juliete H. ihre zwei ältesten Kinder aus Afrika kurz nach der Hochzeit nach Deutschland geholt hatte. Ihnen gegenüber sei er „feindlich gesonnen und aggressiv gewesen“.

Dokumentiert ist beispielsweise ein Vorfall vom 6. September 2017. Damals schlug Marc H. seiner Frau ins Gesicht, quälte sie mit einem Elektroschocker und würgte sie. Nach dem Vorfall zog Juliete H. in ein Frauenhaus und erwirkte einen Gewaltschutztitel. Später dann fand das zerstrittene Ex-Paar offenbar einen Modus Vivendi, der Marc H. einen eingeschränkten Umgang mit seinen zwei Kindern (7, 11) erlaubte. Sein elf Jahre alter Sohn und dessen Geschwister im Alter von 7, 14 und 18 Jahren sind durch die Bluttat schwer traumatisiert.

Kinder leben bei einem Onkel

Drei der vier Kinder leben bei ihrem Onkel, dem Bruder der Getöteten. In dem Verfahren mit bisher zehn Verhandlungstagen haben die Hinterbliebenen von Juliete H. bereits Nebenklage eingereicht.