Hamburg. OMR begann im Jahr 2011 als unbedeutender Branchen-Treff mit 200 Gästen. Mittlerweile sind es 50.000.
Am Anfang stand der „Dachsbau“. So nannten die zwölf Kollegen, die auf zwölf Quadratmetern in der Schanze hockten, ihr Büro. Zu dritt teilten sie sich einen Schreibtisch.
Platz war wirklich rar, als sie 2011 die erste Digitalkonferenz in der Bucerius Law School veranstalteten. 200 Leute kamen zur Premiere; das Event war damals nur als eine Art Hobby von Philipp Westermeyer gedacht, um Leute aus der Branche zusammenzubringen. „Das hatte null Relevanz“, sagt er, doch mit dem Umzug in die Große Freiheit 36 ein Jahr später nahm die zunächst so artige Veranstaltung richtig Fahrt auf. „Hä? Niemand mietet unsere Location eigentlich tagsüber“, sagten die Jungs vom Kiez. „Wir sind niemand“, sagte Philipp und schleppte mit seinen Kollegen morgens, nachdem die letzten Betrunkenen aus dem Partyschuppen getorkelt waren, Stühle an. „Es roch nach einer Mischung aus Popcorn und Kotze. Ideal, um einen Harvard-Professor oder YouTube-Stars wie Sami Slimani auf die Bühne zu holen“, erinnert sich der OMR-Gründer.
Für die Organisation ist Jasper Ramm verantwortlich
„Was soll ich denn hier?“, beschwerte sich auch Rapper Das Bo. Der Musiker konnte sich nicht vorstellen, tagsüber vor sitzenden Herrschaften aufzutreten. Tat er dann aber doch, riss die Leute aus dem Sattel und gehört seit dem zur OMR-Family. Nachts wurde so heftig gefeiert, dass Westermeyer um 2.30 Uhr mit einem seiner Gäste in die Notaufnahme musste, weil dieser (hochkarätiger Topmanager) gemeint hatte, es mit einem Türsteher aufnehmen zu können. St. Pauli ist was für Profis, weiß aber nicht jeder, der einen teuren Anzug trägt.
„Wir sind vollkommen ohne Regeln gestartet. Selbst für einen wie mich, der ganz gerne Umwege geht, war das schon ungewöhnlich“, sagt Jasper Ramm, der auch heute „immer noch heulen könnte“, wenn er daran denkt, was für eine „geile Familie“ sie in den letzten Jahren aufgebaut haben. Während sich Westermeyer um den Inhalt der Veranstaltung kümmert, ist Ramm für die Organisation verantwortlich, inzwischen in den Messehallen. Er schickt mehr als 1000 Arbeiter und 70 Lkw aufs Gelände, lässt Möbel transportieren, Bühnen aufbauen und Messecounter entstehen.
Ramm hat mit Freunden eine eigene Wurstfabrik gegründet
Der 32-Jährige legt während der beiden Tage im Mai (7. und 8.) mehr als 100 Kilometer auf dem Messegelände zurück, in seinen Turnschuhen sind Einlagen, in seinem Kopf immer wieder neue Ideen. Wie stark müssen die Scheinwerfer sein, um uns vom All aus zu sehen? Können wir für den Drummer eine ganze Etage im Bunker reservieren, falls er Lust verspürt, zu spielen? Wie viele Ausgabestellen brauchen wir, damit mittags niemand beim Essen anstehen muss?
Apropos Kulinarik: Das OMR besitzt inzwischen ein eigenes Spargelfeld, und Ramm hat mit Freunden eine eigene Wurstfabrik gegründet, damit beim OMR nur die leckersten Bratwürste auf den Grill kommen. Apropos Grill: Die sechs Schwenkgrills für das Festival werden gerade von einem Schlosser extra angefertigt. Größer, besser, geiler. Normal ist CeBIT. Ach so: war CeBIT.
„Der Gast soll bei uns der King sein, dafür treffen wir manchmal wirtschaftlich absurde Entscheidungen“, sagt Ramm. Immer geht es um ungewöhnliche Ideen. Als die Konferenz 2014 zum ersten Mal im Stage-Theater am Hafen stattfand, wollte Ramm die Elbe einfärben lassen. Doch die Kosten waren dann selbst für die OMR-Macher zu hoch. Dann lieber den Top-Act mit dem Helikopter einfliegen lassen.
Westermeyer wollte Speaker, die noch nirgendwo aufgetreten sind
Damals fragten die ersten Gäste, ob sie nicht irgendwo einen Messestand aufbauen könnten. „Das war aber ja das Allerletzte, was wir mit OMR erreichen wollten, eine langweilige Messe zu werden“, sagt Ramm. Also wurde es ein Festival, wo die Aussteller sich präsentieren dürfen, wo es vor allem aber ums Netzwerken, intensive Seminare zu bestimmten Digital-Themen, Party und gute Gäste geht.
„Mir ging es darum, Speaker zu bekommen, die noch nie irgendwo aufgetreten sind“, sagt Westermeyer. Digital-Marketing-Experte Gary Vaynerchuk trat auf, als ihn noch keiner richtig kannte, BuzzFeed-Gründer Jonah Peretti stand bei OMR erstmals auf einer deutschen Bühne, Professor Scott Galloway kam bislang sogar zweimal, und Alexander Nix, der CEO von Cambridge Analytica, sorgte ein Jahr nach seinem Auftritt beim Festival für den riesigen Facebook-Skandal. Außerdem dabei: Musiker wie Die fantastischen Vier, Deichkind, Fettes Brot, Jan Delay, Lars Ulrich (Schlagzeuger von Metallica) und Udo Lindenberg. „Ich war in einer Nische unterwegs, und plötzlich treffe ich die ganzen Stars, das war unwirklich“, sagt Westermeyer. Aber es sei eben genau sein Ding. In der Musikszene abhängen, „dann lernt man sich kennen, und so funktioniert das dann eben auch mit coolen Acts“.
Zwölf Freunde helfen, wo gerade Not am Mann ist
Sollte es zu Problemen kommen, steht das sogenannte A-Team parat. Dafür hat sich Jasper Ramm zwölf Freunde geholt, die ihre Jobs (vom Tischler bis zum Internatsleiter) für die Festivaltage ruhen lassen, um als Springer immer dort zu helfen, wo gerade Not am Mann ist. Sie bewohnen denselben Hotelflur, tragen abgefahrene A-Team-Kleidung und bauen notfalls 200 Quadratmeter Trockenwand, wenn eine Bühne sonst nicht hält, oder düsen nachts mit Lastern los, um neue Vorräte zu besorgen.
„Jedes Jahr verspreche ich ihnen: Jungs, dieses Mal ist alles so perfekt vorbereitet, ihr werdet bestimmt eine easy Zeit haben“, sagt Ramm und lacht: „Doch dann geht’s los, und das A-Team rödelt rund um die Uhr.“
Wen Sie beim OMR-Festival erleben können
Sie ist einer der größten Musikstars der vergangenen Jahre, hat Milliardenabrufe auf YouTube und 14 Millionen Instagram-Follower. Die Sängerin Ellie Goulding („Close to me“) spricht am 8. Mai über die Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie, die Verbindung von Kunst und Marketing – und wie man das schafft, was sich alle Player in digitalen Zeiten wünschen: authentisch zu bleiben.
Welcher neutrale Branchenbeobachter denkt derzeit am klügsten über die digitale Welt nach? Der israelische Historiker Yuval Noah Harari hat seit 2014 drei weltweit beachtete Bestseller geschrieben.Sein erstes Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ wurde über zehn Millionen Mal verkauft. Barack Obama hat als US-Präsident die Lektüre seiner Werke empfohlen, Bill Gates schrieb die Rezension.
Ein ehemaliger Mönch mit 36 Millionen App-Downloads: Andy Puddicombes Leben wird bestimmt irgendwann einmal verfilmt. Sportstudent, buddhistischer Mönch, Zirkusartist, erfolgreicher Digitalunternehmer. Mit Puddicombes App Headspace hilft der Engländer Menschen beim Meditieren – und zwar so erfolgreich, dass das „Wall Street Journal“ das Start-up mit 320 Millionen US-Dollar bewertete.
Das OMR Festival 2019 ist das führende digitale Marketing-Event in Europa. Am 7. und 8. Mai 2019 erwarten die Veranstalter in der Hamburg Messe 50.000 Besucher, mehr als 400 Aussteller und mehr als 300 Speaker.