Hamburg. Nach Todesfall am UKE: Linke stellt Fragenkatalog an den Senat, “Black Community“ hält Mahnwache. Was klar ist, was offen bleibt.

Nach dem Tod von William Tonou-Mbobda fordert die Linke ein Umdenken beim Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten in psychiatrischen Abteilungen der Hamburger Krankenhäuser. Deniz Celik und Martin Dolzer von der Fraktion Die Linke haben den Senat in einer Kleinen Anfrage zu den Vorgängen am Ostersonntag befragt. Die Senatsantwort auf den ausführlichen Fragenkatalog liegt dem Abendblatt vor.

Der 34-Jährige war am 21. April ins Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) gekommen, um sich behandeln zu lassen. Laut Darstellung des UKE hatte Tonou-Mbobda sich dann "der Anordnung der Unterbringung widersetzt und musste von dem zwischenzeitlich hinzugerufenen Sicherheitsdienst des UKE fixiert werden, als er aus bisher ungeklärten Umständen zusätzliche medizinische Hilfe benötigte. Das begleitende ärztliche und pflegerische Personal hat umgehend die medizinische Versorgung vor Ort eingeleitet und weitere Hilfe angefordert." Fünf Tage später starb der Mann, laut Staatsanwaltschaft an einer „sauerstoffmangelbedingten Hirnschädigung infolge eines Herzversagens“.

"Keine Zwangsmaßnahmen durch private Sicherheitsdienste"

Unbekannt ist, ob Tonou-Mbobda aufgrund einer richterlichen Anordnung zwangsweise in der Psychiatrie bleiben sollte. Diese und weitere Fragen beantwortet der Senat unter Verweis auf laufende Ermittlungen und die ärztliche Schweigepflicht nicht. Denn die Polizei ermittelt wegen des Verdachts eines Körperverletzungsdeliktes.

Darstellungen von Zeugen, denen zufolge das Klinikpersonal Anweisungen an Patienten ausgegeben habe, über den Fall "Stillschweigen zu bewahren", widersprechen Senat und UKE. In der Antwort heißt es, zu solchen Anweisungen sei das Klinikpersonal nicht befugt, auch habe es laut UKE "zu keinem Zeitpunkt" eine solche gegeben.

Zum Aufgabenspektrum des Sicherheitsdienstes am UKE erklärt Celik auf Abendblatt-Anfrage: "Es ist erfreulich, dass laut Angaben des Senats außer dem UKE alle anderen Plankrankenhäuser klarstellen, dass das Sicherheitspersonal nicht befugt ist, Zwangsmaßnahmen anzuwenden. Wir fordern das UKE auf sich dieser Praxis anzuschließen und die Umsetzung von Zwangsmaßnahmen für das Sicherheitspersonal dauerhaft zu untersagen."

UKE-Sicherheitsdienst unterstützt bei "Sicherungsmaßnahmen"

Private Sicherheitsdienste sind an fast allen Hamburger Krankenhäusern tätig, wie eine Übersicht in der Senatsantwort zeigt. Überwiegend sind diese Firmen mit dem Objektschutz betraut, teilweise – wie zum Beispiel im Albertinen-Krankenhaus – übernehmen sie auch den so genannten Ordnungsdienst in der Psychiatrie.

Im UKE gehört zu den Aufgaben des Sicherheitsdiensts laut Senat auch, auf Anforderung des medizinischen Personals dieses "bei notwendig werdenden Deeskalierungs- und Sicherungsmaßnahmen zu unterstützen, soweit die erforderlichen Maßnahmen durch das anwesende medizinische Personal allein nicht mehr zu gewährleisten sind."

Vier Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des UKE-Sicherheitsdienstes

Celik und Dolzer haben den Senat auch befragt, inwiefern Fälle bekannt geworden sind, bei denen gegen Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten in Hamburger Krankenhäusern Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Zwar gibt es laut Senat keine vollständige Übersicht. Das UKE habe aber mitgeteilt, dass vier Fälle in der jüngeren Vergangenheit bekannt seien, in denen Ermittlungsverfahren eröffnet worden seien, drei davon wegen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit.

Der Senat schlüsselt die Verfahren wie folgt auf: "Eines dieser drei Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, die zwei weiteren dieser Verfahren wurden eingestellt. Das vierte Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, es bezieht sich nicht auf Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit. Nach Angaben der Asklepios Kliniken Hamburg sind drei Vorfälle bekannt, bei denen Sicherheitsmitarbeiter angezeigt wurden."

Celik sagt dazu: "Die Tatsache, dass es auch in der Vergangenheit Anzeigen und Ermittlungen gegeben hat, bestärkt uns in unserer Auffassung, dass der Einsatz von Sicherheitspersonal in den Hamburger Kliniken auf den Prüfstand gehört. Der zuständige Gesundheitsausschuss muss sich mit diesem Thema befassen."

Mahnwache zum Tod von William Tonou-Mbobda

Am Sonntag demonstrierten von 11 Uhr bis 13.50 Uhr rund 250 Menschen bei einer Mahnwache zum Tod von William Tonou-Mbobda am UKE. Zu der Demonstration hatte die "Black Community Hamburg" aufgerufen, die den Fall trotz der noch nicht abgeschlossenen polizeilichen Ermittlungen als Mord ansieht und den Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes rassistische Motive unterstellt. Die Kundgebung verlief laut Polizei friedlich.