Hamburg. Wer kocht leckerer, schneller, hübscher? Ein Koch oder ein Küchengerät? Das Hamburger Abendblatt hat den Test gemacht.

Hannes Arendholz läuft in seiner Küche umher wie ein Boxer, der gleich in den Ring muss. „Eines ist mal klar: Wenn ich heute geschlagen werde, dann kann ich mich bei meinem Team eine Woche lang nicht blicken lassen“, sagt der Gründer von Foodboom.

Das Gesicht von Arendholz ist durch seine Kochvideos inzwischen so bekannt (20 Millionen Nutzer im Monat werden über das Web, App und Social Media erreicht), dass bei Gastronomie-Messen die Leute teilweise 40 Minuten an seinem Stand warten, um einen Bissen von ihm abzubekommen.

Thermomix gegen Foodboom-Gründer Arendholz

Der 36 Jahre alte Koch kennt sich also eigentlich aus mit Aufmerksamkeit und Publikum, doch heute geht es um einen Wettbewerb, und sein Gegner ist ein ganz spezieller. Trommelwirbel! In der anderen Ecke des Rings wartet: TM6 (ca. 1300 Euro)! Klingt schon gefährlich, als sei er ein Cousin vom Terminator oder zumindest ein Kumpel, der ähnlich gnadenlos vorgeht.

Handelt sich aber um das meist diskutierteste Küchengerät der Neuzeit – um einen Thermomix. Aufschrei! Empörung! Wann hat es ein Haushaltsgerät je geschafft, so zu polarisieren? Es gibt nur zwei Lager: die Thermomix-Fans und die Thermomix-Hater. Es scheint kein dazwischen zu geben, also lassen wir die beiden Parteien heute gegeneinander antreten, um endlich zu klären, wer wirklich besser in der Küche ist: der Mensch oder die Maschine.

Es gibt nur zwei Lager: die Fans und die Hater

Geführt wird die Maschine von Mary Vasiliou, Thermomix-Teamleiterin aus Norderstedt. Sie trägt anders als Hannes Arendholz keine Schürze. „Brauche ich nicht, ich muss mich nicht dreckig machen“, sagt Vasiliou und lacht. „Ha! Dafür ist bei mir viel mehr Sex in den Töpfen“, entgegnet Arendholz. „Ich benötige ja nicht mal Töpfe!“ Vasiliou beendet das erste kurze Austeilen für sich.

Da es in den Studios von Foodboom verschiedene Küchen-Sets gibt, können die Kontrahenten direkt nebeneinander kochen und sich wortwörtlich gegenseitig in die Suppe spucken. Die Thermomix-Fee hat sich für die weiße Landhaus-Küche entschieden, der Hausherr packt seine Messer in der grauen Designer-Variante aus und wirft den Herd an: „Was machst du eigentlich bei Stromausfall, Mary? Passiert hier bei uns in Rothenburgsort nicht selten. Ich koche mit Gas!“

Schmeckt es? Koch Hannes probiert zwischendurch, die Maschine verspricht eine Gelinggarantie, wenn man sich an das Rezept hält
Schmeckt es? Koch Hannes probiert zwischendurch, die Maschine verspricht eine Gelinggarantie, wenn man sich an das Rezept hält © HA | Marcelo Hernandez

Die Aufgabe der Kontrahenten lautet: Sie sollen drei unterschiedliche Gerichte herstellen, haben jeweils für ungefähr 20 Euro fast identische Zutaten eingekauft, und für die Zubereitung bleiben ihnen schließlich maximal zwei Stunden Zeit. Eine Jury mit Experten aus der Gastronomie wird die Gerichte später nach Geschmack und Aussehen blind bewerten.

TM6 hat „eine Geling-Garantie“

Als Erstes soll es Focaccia mit mediterranem Aufstrich geben. „Ich hasse Backen“, sagt der Koch. „Ich auch“, sagt die Thermomix-Fee. „Doch mein TM6 macht die Arbeit ja für mich“, sagt Vasiliou, und tippt nur auf ihrem Touchscreen auf „Weiter“, während Arendholz beim Kneten des Teiges ordentlich Kalorien verbrennt. „Guck mal, meine Hände bleiben ganz unschuldig rein, Hase“, ruft sie ihrem Gegner scherzhaft zu, der mit den Augen rollt. „Jetzt sind wir schon bei Hase angekommen, was ist das hier für ein Kampf? Ich hole uns gleich Schnaps.“

Doch dafür bleibt keine Zeit. Während der TM6 einen Arbeitsschritt nach dem anderen mit seinem Klingelton abfeiert, muss Hannes auf mehreren Ebenen Gas geben. „Schälst du die Karotten für den Aufstrich nicht?“ „Doch, klar, Zutaten einkaufen und abschälen, das muss ich schon noch selbst machen. Aber ansonsten befolge ich nur die Anweisungen, die mir das Gerät gibt“, sagt die Thermomix-Repräsentantin. Sie müsse sich nie Sorgen machen, dass ein Gericht misslingt, denn der TM6 habe „eine Geling-Garantie“. „Und ich habe eine Geschmacks-Garantie“, kontert Arendholz.

Jeder Arbeitsschritt wird auf dem Display angezeigt, doch ganz ohne Handarbeit kommt auch der TM6 nicht aus: die Klopse muss man noch selbst rollen.
Jeder Arbeitsschritt wird auf dem Display angezeigt, doch ganz ohne Handarbeit kommt auch der TM6 nicht aus: die Klopse muss man noch selbst rollen. © HA | Marcelo Hernandez

40 Minuten sind um. „Mist, du bist viel weiter als ich!“ schimpft Arendholz, denn seine Gegnerin hat bereits das zweite Gericht, den Rohkostsalat, fertiggestellt, während er noch die Oliven für das Brot schneidet. In puncto Schnelligkeit liegt die Maschine klar in Führung, und wirft man einen vergleichenden Blick in die beiden Küchen, wird sogar Hannes ein zweiter Pluspunkt deutlich: „Bei mir sieht’s aus wie im Puff, bei dir sind die Arbeitsflächen total sauber.“

Was der Thermomix TM6 nicht kann

Als drittes Gericht werden Königsberger Klopse zubereitet. „Oh, ich brauche Pfeffer!“ ruft Mary. „Kann ich dir für viel Geld verkaufen“, ruft Hannes zurück. Das Battle ist in vollem Gange. „Jetzt setze ich den Spritzschutz auf …“, will Mary gerade erklären … „Bei mir heißt das Ding ganz einfach Deckel“, grätscht Hannes dazwischen.

Während Arendholz noch ackert, kann sich Vasiliou entspannt zurücklehnen und die verschiedenen neuen Funktionen des TM6 erläutern. Anbraten, Karamellisieren, Sous-vide-Garen, Fermentieren. „Gibt es eigentlich irgendetwas, das dein Ding nicht kann?“, fragt Arendholz. „Ja, räuchern und Haare föhnen“, antwortet Vasiliou. Sogar neue Klingeltöne sind nun einstellbar. Der Thermomix gibt ja nach jedem Arbeitsschritt ein Geräusch von sich. „Das kann ich auch!“, sagt der Koch. „Ich singe Helene Fischer bei jedem Anrichten!“

Die Jury: Heinz Wehmann, Ottilie Raschke und Carsten von der Heide (v.l.) probieren gerade Focaccia mit mediterranem Aufstrich und Salat.
Die Jury: Heinz Wehmann, Ottilie Raschke und Carsten von der Heide (v.l.) probieren gerade Focaccia mit mediterranem Aufstrich und Salat. © HA | Marcelo Hernandez

Highnoon: die Jury tritt ein. Heinz Wehmann vom Landhaus Scherrer, Carsten von der Heide vom Tarantella und der Brasserie im Tortue sowie Frederike-Ottilie Raschke von der Food-Agentur Mrs. Politely Delicious nehmen nebeneinander an einer Tafel Platz und probieren die verschiedenen Gerichte. Als Erstes bewerten sie, ohne es zu wissen, die Thermomix-Variante. „Der Aufstrich hat eine schöne frische Farbe, das Brot ist fluffig, hätte noch ein wenig mehr Öl vertragen, ansonsten kommt die Kombination sehr frisch daher und hat einen guten Biss“, sagt Carsten von der Heide.

Hervorragender Dip

Frederike-Ottilie Raschke bewertet den Dip „köstlich tomatig“, ihr fehlt jedoch ein wenig Salz; Heinz Wehmann erschmeckt Karotten: „Würzig, gut.“ Dann werden Brot und Aufstrich von Hannes Arendholz auf den Tisch gestellt. „An der Präsentation erkennt man, dass hier ein Profi am Werke war“, sagt Heinz Wehmann. Auch bei den folgenden Gerichten wird der Punkt Präsentation immer an den Koch gehen. „Als Griechin bin ich gewohnt, alles in Schüsseln auf den Tisch zu stellen, und jeder nimmt sich was“, sagt Vasiliou. Am Focaccia von Arendholz bemängelt Wehmann, dass er eine bessere Oliven-Qualität hätte benutzen sollen, der Dip sei jedoch hervorragend: „Sehr saftig und besser als der Dip zuvor, doch er hat durch den Parmesan wahrscheinlich die doppelte Kalorienanzahl.“

Raschke liebt genau diese Cremigkeit, während von der Heide keinen großen geschmacklichen Unterschied feststellt: „Der zweite Dip ist vielleicht einen Tick besser, weil die Tomate nicht ganz so aggressiv rüberkommt.“ Anschließend wird der Salat probiert. Beide schmeckten der Jury gut, doch auch hier kann Arendholz ein wenig mehr Punkte einfahren. Frederike-Ottilie Raschke findet den Salat des Kochs etwas „besser abgeschmeckt durch die Zitrone. Außerdem erkennt man noch die einzelnen Zutaten.“ Wehmann findet, Haselnussöl hätte den Geschmack der Thermomix-Variante noch besser unterstrichen. Von der Heide gefällt die Struktur des per Hand geschnippelten Salates besser und dass die Pinienkerne angeröstet wurden.

Zu guter Letzt kommen die Königsberger Klopse auf den Tisch. Carsten von der Heide führte früher auch das Casse-Croute am Gänsemarkt, da stand das Hausmannsgericht 16 Jahre lang auf der Karte, insofern verwundert es nicht, dass der Experte mit beiden Variationen nicht ganz zufrieden ist: „Die Optik, na ja. Außerdem sollte man mit der Soße, die in beiden Fällen nicht gut genug gewürzt ist, nicht zu geizig sein. Und nur bei dieser Version (er meint die Koch-Variante) erkennt man den Brotanteil.“

Wettstreit geht in der Küche weiter

Hannes Klöße kommen auch bei Raschke etwas besser weg: „Sehen aus, als hätte die eine Oma gemacht, das macht das Gericht sympathisch.“ Heinz Wehmann kritisiert eine Gewürzarmut, „die sich durch das Gericht zieht, hier bräuchte es insgesamt mehr Kraft“, und bei der Thermomix-Variante ist ihm der Kloß zu fest. Sein Profi-Blick hat ihn übrigens ziemlich genau erkennen lassen, was von einem Koch und was vom Thermomix zubereitet wurde: „Ich bin da übrigens überhaupt nicht parteiisch und verstehe gar nicht, warum der Thermomix bei vielen auf Widerstand stößt. Ich bin der Meinung, man soll die moderne Technik auf jeden Fall einsetzen. Lieber frisch kochen als zu Fast Food greifen.“

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    Während die Jury tagt, um Schulnoten für die einzelnen Gänge festzulegen, führen die Kontrahenten in der Küche ihren Wettstreit fort. „Weißt du eigentlich, Hannes, dass der Thermomix TM6 sogar Peelings und Cremes herstellen kann?“ fragt Vasiliou provozierend. „Ich kann dir locker eine Hackfleisch-Maske anrühren, wenn du willst, Mary!“

    Zum großen Finale setzen sich alle an einen Tisch, und die Jury gibt die Noten für den Geschmack ab. Insgesamt bekommt der TM6 eine 2-3, die Gerichte von Hannes Arendholz eine glatte 2. Der Mensch gewinnt in diesem Punkt sowie bei der Präsentation also gegen die Maschine. Hannes freut sich: „Yeah! Eine Runde Schnaps für alle! Und die schenke ich per Hand aus.“