Hamburg. Grüne und ADFC wollen Hamburgs Einkaufsmeile zur Fußgängerzone machen. Die Verkehrssituation soll untersucht werden.

Fußgänger, Fahrradfahrer, Lieferwagen, Hunderte Taxis und dazu rund 2000 Linienbusse. Das ist das alltägliche Bild auf der Mönckebergstraße, Hamburgs beliebtester Einkaufsmeile. Bereits im Dezember hatte die Politik gefordert, den Busverkehr deutlich zu reduzieren. Passiert ist bislang nichts. Aber dafür ereignete sich dort am Mittwoch ein folgenschwerer Unfall. Ein Schnellbus der Linie 36 nach Blankenese kollidierte mit einem Fußgänger. Der 21-Jährige erlitt schwere Verletzungen (wir berichteten).

Dadurch wurde die Diskussion über die Verkehrssituation wieder entfacht: „Der erneute Unfall mit einem Bus auf der ,Mö‘ hat gezeigt, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Der Busverkehr muss reduziert und über umliegende Straßen umgeleitet werden. Am besten wäre es, auch wenn das sicherlich ein längerer Prozess ist, dass diese Einkaufsmeile zu einer Fußgängerzone wird“, sagte Michael Osterburg, Grünen-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Mitte.

 Fußgänger unterstützen den Vorstoß

Diese Forderung unterstützt auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). Dirk Lau, ADFC-Sprecher in Hamburg, sagte dem Abendblatt: „Die Mönckebergstraße sollte eine Fußgängerzone werden, die für Radfahrer freigegeben ist, idealerweise noch mit einer für sie ausgewiesenen Trasse.“ Die aktuelle Situation sei nicht mehr tragbar. Anhand eines Verkehrskonzepts müsse untersucht werden, wie die Busse umgeleitet werden können.

Auch die Fußgänger unterstützen diesen Vorstoß: „Die Idee finde ich spitze. Durch die hohen Busse kann man die Straße schlecht einsehen. Einen Radweg sollte es aber trotzdem geben“, sagte Studentin Sophie Keipke. Auch Citymanagerin Brigitte Engler, die die Interessen der Einzelhändler vertritt, kennt die Probleme: „Das Verkehrskonzept der Mönckebergstraße muss auf den Prüfstand gestellt werden, damit Passanten und Kunden einen attraktiven und sicheren Aufenthalt genießen können.“ Auch die Geschäftsleute an der Einkaufsmeile seien der Meinung, dass man den Verkehr überprüfen müsse, auch vor dem Hintergrund der zahlreichen unberechtigten Pkw, der Lieferfahrzeuge und der Fahrzeuge von Handwerkern.

59 Busse innerhalb einer halben Stunde

Das Abendblatt hat sich am Donnerstag auf der Mönckebergstraße umgesehen. Allein innerhalb einer halben Stunde zur Mittagszeit wurden 59 Busse, 44 Taxis und elf Lieferwagen gezählt. Außerdem neun Pkw, die hier eigentlich verboten sind. Taxifahrer berichteten, dass es besonders in den frühen Morgenstunden während des Lieferverkehrs, häufig zu gefährlichen Situationen kommt. Aufgrund der geparkten Lkw und Lieferwagen sei der Fußweg sehr schlecht einsehbar.

Die Fahrer stellten fest: „Unaufmerksame Passanten haben dies oft nicht auf dem Schirm und gehen auf die Straße ohne für uns vorher sichtbar zu sein.“ Ein weiteres Problem sehen sie in dem enormen Busaufkommen. Durch die großen Busse sei die Sicht ebenfalls stark eingeschränkt, dadurch würden trotz vorausschauenden Fahrens oft brenzlige Situationen mit Fußgängern und Fahrradfahrern entstehen.

Politik macht jetzt Druck

Welches Gefahrenpotenzial die Mönckebergstraße hat, weiß auch Silja Ketelsen, die hier berufsbedingt häufig unterwegs ist: „Für uns Fahrradkuriere ist diese Straße eine der größten Herausforderungen. Im Slalom, hellwach, immer bremsbereit ist es trotzdem nicht möglich, ohne Konflikte hier langzufahren. Es kommen auf jeder Höhe beidseitig Fußgänger, sichtlich überfordert, oft nur auf den sehr eng getakteten Busverkehr achtend über die Straße gehetzt. Alle paar Meter gibt es Bushaltestellen, wodurch der Verkehr sehr stockend läuft.“ Das Fazit von Silja Ketelsen: „Hier steht jedem Verkehrsteilnehmer der Schweiß auf der Stirn.“

Die Politik macht jetzt Druck. Grünen-Politiker Osterburg kritisiert: Bereits im Februar habe die Verwaltung zugesagt, die Technische Universität Hamburg (TUHH) mit einer Studie zu beauftragen, die untersucht, welche Verkehrsteilnehmer, welche Belastungen verursachen. Leider sei das bislang nicht geschehen, die Verwaltung müsse hier nun dringend den Auftrag erteilen.

Gespräche mit der TUHH

Für Tobias Piekatz, SPD-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Mitte, steht fest: „Der Unfall zeigt auf tragische Weise, dass der Verkehr auf mehrere Straßen neu aufgeteilt werden sollte.“ Seine Forderung: „Alle zuständigen Stellen müssen ihre Anstrengungen verstärken, damit wir zügig die Situation für alle Verkehrsteilnehmer verbessern können.“

Auf Abendblatt-Anfrage sagte Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamts Mitte: „Wir befinden uns mit der TUHH in Gesprächen. Ziel ist es, die Verkehrssituation auf der Mönckebergstraße untersuchen zu lassen und aufgrund dieser Erhebungen einen Ideenworkshop durchzuführen.“

Hochbahn signalisiert Gesprächsbereitschaft

Auch die Hamburger Hochbahn signalisiert Gesprächsbereitschaft: „Eine gute Busanbindung in der Innenstadt ist wichtig für unsere Fahrgäste. Dazu gehört auch die Mönckebergstraße“, sagte Sprecher Christoph Kreienbaum und ergänzte: „Selbstverständlich sind wir offen, wenn es darum geht, mit den Anliegern und der Politik über Alternativen zu sprechen.“