Hamburg. Club aus Wilhelmsburg soll Werkzeug der Gruppe „Hizb-ut Tahrir“ sein. Verbände sind erschrocken und prüfen Konsequenzen.

Auf den Fotos im Internet sehen sie aus wie eine ganz normale Truppe von Amateurkickern: Die Spieler schauen freundlich in die Kamera, manche tragen Bärte, auf den orangefarbenen Trikotwappen prangt ein Löwe. Aktuell belegt der Verein Adil aus Wilhelmsburg den fünften Platz in der Kreisliga B, gewann das letzte Spiel mit 3:0. Doch das soll nur Tarnung sein, ein Mittel zum Zweck für eine berüchtigte Gruppe von Islamisten, die Hizb-ut Tahrir (HuT).

Der Hamburger Verfassungsschutz warnt eindringlich vor dem Adil e.V. „Aus unserer Sicht wurde der Verein mit dem Zweck gegründet, neue Mitglieder für die verfassungsfeindliche Hizb-ut Tahrir zu gewinnen“, sagte der Sprecher des Verfassungsschutzes, Marco Haase. Außerdem wollten die Islamisten mithilfe des Vereins die eigene Akzeptanz in der muslimischen Community erhöhen. Diese als gemeinnützige Arbeit getarnte Propaganda bezeichnet der Verfassungsschutz als „Entgrenzung“ und betrachtet ihn mit besonderer Sorge.

Verfassungsschutz stützt sich auf internes Papier der Gruppe

Die Warnung des Verfassungsschutzes stützt sich vor allem auf ein internes Dokument aus dem Kreis der Hizb-ut Tahrir. Bereits vor vier Jahren sei dort demnach die Idee zu der Gründung eines Fußballvereins aufgekommen. Im Jahr 2017 beantragte der Adil e.V. daraufhin die Mitgliedschaft im Hamburger Sport-Bund (HSB) sowie in dem Hamburger Fußballverband (HFV), spielt seit dem Sommer jenes Jahres in der Kreisliga.

„Neue Vereine müssen schriftlich bestätigen, dass sie sich an unsere Satzung halten und keine politischen Ziele verfolgen“, sagte ein Sprecher des HFV auf Anfrage. Eine tiefere Prüfung sei von Verbandsseite aber nicht zu leisten. Auch die Gemeinnützigkeit wurde dem Verein offenbar problemlos zuerkannt.

Verein könnte aus der Liga ausgeschlossen werden

Im vergangenen Jahr stieß der Verfassungsschutz jedoch auf ein Strategiepapier der islamistischen Gruppe, in der auch der Fußballverein Erwähnung findet. Weitere Prüfungen ergaben nun, dass die Hintermänner eindeutig dem dschihadistischen Milieu zuzuordnen seien. So seien bereits sechs der zehn anwesenden Personen bei der Gründung des Vereins der Hizb-ut Tahrir zuzurechnen. „Auch der weit überwiegende Teil der in dieser Mannschaft laut Internet spielberechtigten Personen gehören der HuT an oder stehen ihr ideologisch nahe“, so der Sprecher Marco Haase.

Im Spielbetrieb soll die Mannschaft „Adil 1“ dabei laut Fußballverband unauffällig gewesen sein, von Zwischenfällen oder gar Gewalt bei Spielen sei nichts bekannt. Bei „Fußball.de“ sind 31 aktuelle Spieler des Vereins aufgelistet, offiziell hat der Adil e.V. jedoch nur zehn Mitglieder.

Auch Gemeinnützigkeit könnte aberkannt werden

Sportbund und Fußballverband betonten in Mitteilungen, dass der Sport für die offene Gesellschaft in Hamburg und gegen Diskriminierung und Extremismus stehe. „In dem konkreten Fall stehen wir mit den Behörden im Austausch und werden uns mit diesen zum weiteren Vorgehen abstimmen“, schreibt der DSB. Nach Abendblatt-Informationen gilt in Sicherheitskreisen als wahrscheinlich, dass die Mannschaft des Adil e.V. bereits kurzfristig vom Spielbetrieb ausgeschlossen wird.

Auch die Gemeinnützigkeit könnte dem Verein bald aberkannt werden – so sieht es ein neues Grundsatzurteil des Bundesfinanzhof vor. Demnach müsste die Gemeinnützigkeit spätestens dann aberkannt werden, wenn ein Verein im Bericht des Verfassungsschutzes als extremistisch geprägt eingestuft wird. Die Finanzbehörde wollte sich mit Blick auf das Steuergeheimnis jedoch hierzu zunächst nicht äußern. Der Verein Adil e.V. war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Bereits 2017 wurde ein islamistischer Fußballtrainer enttarnt

Die mutmaßliche Aktivität der Hizb-ut Tahrir im Hamburger Amateurfußball ist kein Einzelfall. Bereits vor zwei Jahren wurde Mustafa H., der im Verein Germania Schnelsen eine Fußballmanschaft von Flüchtlingen trainierte, als Funktionär der islamistischen Gruppe enttarnt.

Er soll gezielt versucht haben, afghanische Jugendliche für die extremistische Ideologie zu gewinnen. Er wurde entlassen und ist seitdem nicht mehr im Amateurfußball in Erscheinung getreten. Wie es aus Sicherheitskreisen heißt, habe der Mann zudem einen Sinneswandel erlebt und begonnen, sich aus der islamistischen Szene zu lösen.