Hamburg. Im Jahr 2009 trat eine UN-Konvention für die Rechte von Behinderten in Kraft. Sozialsenatorin Leonhard: Es gibt noch viel zu tun.

Allein und ohne Unterstützung in Hamburg unterwegs sein zu können – das sei für viele Menschen mit Behinderungen leider keine Selbstverständlichkeit, sagte Ingrid Körner. „Gehörlose Menschen etwa stoßen in Hamburg immer noch allenthalben auf Schranken. Sie kommen eigentlich nur mit einem Gebärdensprachdolmetscher weiter, der sehr teuer ist“, erklärte die Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen. „Wenn Menschen mit Lernbeeinträchtigungen ein Geburtstagsgeschenk einkaufen wollen, ist das ein Problem, weil Kunden mit einer geistigen Beeinträchtigung nicht dem normalen Kundenbild entsprechen“, sagte Körner, die ins Rathaus gekommen war, um neben Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) darüber zu sprechen, wo Hamburg zehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) steht.

Leonhard sieht die Hansestadt bei der Inklusion zwar auf einem guten Weg. Die Zahl barrierefreier Bereiche sei in den vergangenen Jahren sichtbar gestiegen, sagte sie. Der Ausbau der U-Bahn-Haltestellen etwa sei „gut vorangekommen“. Es gebe regelmäßig Theater- und Kinovorführungen mit akustischen Bildbeschreibungen (Audiodeskription).

Mit dem Umbau von Schulsporthallen wachse die Zahl barrierefreier Sportstätten, sagte Leonhard. Die Hamburg Tourismus GmbH biete viele Informationen für blinde und sehbehinderte, hörbeeinträchtigte, mobilitätsbeeinträchtigte und für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen an. Die Senatskanzlei entwickele Internetangebote in Leichter Sprache. Hamburg habe die Wahlrechtsausschlüsse für Menschen mit Behinderungen gestrichen.

Senatsbeauftragte: Ziel muss Barrierefreiheit im Alltag sein

Von 2015 bis 2018 habe der Schwerpunkt des Senats darauf gelegen, barrierefreie Angebote zu schaffen, sagte Leonhard. „Wir haben aber noch einen Weg vor uns.“ Das spiegele sich auch in dem vom Senat verabschiedeten Bericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und der Weiterentwicklung des Landesaktionsplans.

Ingrid Körner begrüßte, dass der Senat die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention „konsequent weiter verfolgen“ wolle, wie sie sagte. Aber: „Es bleibt noch viel zu tun, bis in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens alle Menschen gleiche Chancen zur Beteiligung haben“, sagte Körner. „Barrierefreiheit im Alltag muss das Ziel sein: beim täglichen Einkauf, beim Arzt oder im Restaurant ebenso wie beim Wohnen und bei der Arbeit.“

Der Senat hatte die Bürger im Vorfeld dazu eingeladen, den zehnten Jahrestag der UN-BRK zu feiern. Etliche Vereine, Schulen, Unternehmen und Stadtteilinitiativen folgten dieser Einladung und beteiligten sich am Dienstag mit verschiedenen Aktionen in der Stadt unter dem Motto „Teil/haben, Teil/nehmen, Teil/werden“.

In Hamburg leben mehr als 140.000 Schwerbehinderte

„Zu oft noch werden Menschen durch sichtbare und unsichtbare Barrieren darin gehindert, an der Gesellschaft teilzunehmen“, sagte Christel Nicolaysen von der FDP-Bürgerschaftsfraktion. Sie verwies etwa auf den Eintritt in den Arbeitsmarkt. „Zwei Drittel der Arbeitgeber ziehen es leider noch vor, eine Ausgleichszahlung zu leisten, anstatt sich um Inklusion am Arbeitsplatz zu bemühen“, sagte Nicolaysen.

Die UN-Behindertenrechtskonvention war am 26. März 2009 in Deutschland in Kraft getreten. Sie verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, die darin formulierten Rechte zu verwirklichen. Laut Versorgungsamt leben in der Stadt mehr als 140.000 Schwerbehinderte – knapp acht Prozent der Bevölkerung. Die Zahl der Menschen mit Behinderungen im Sinne des UN-BRK ist höher.