Hamburg. Sönke Bank läuft täglich mindestens einmal die 7,33 Kilometer lange Strecke – manchmal auch kurz nach Mitternacht. Warum er das tut.
Als Sönke Bank am Freitagabend wieder am Café Hansa-Steg ankommt, strahlt er bis über beide Ohren. 7,33 Kilometer ist der der 51-Jährige gelaufen. Einmal um die Außenalster. Erschöpft sieht er nicht aus. Ist auch kein Wunder, schließlich hat der Versicherungsreferent die Strecke seit dem 14. März 2018 mindestens einmal täglich zurückgelegt. Ein Ziel, das er sich nach seinem 50. Geburtstag im Dezember 2017 gesetzt hatte, um zu beweisen, dass er „noch nicht zum alten Eisen gehört“. Trotz Hitze, Kälte oder Erkältung ist er jeden Tag gelaufen. „Es waren viele bombastische Eindrücke dabei, besonders wenn die Stadt noch schläft, auf der einen Alsterseite die Sonne aufgeht und auf der anderen Seite der Mond untergeht“, sagt Bank.
Die Planung ist besonders herausfordernd gewesen. „Um jeden Tag eine Runde zu schaffen, musste ich teilweise zu total verrückten Zeiten laufen“, sagt Bank. Doch allein war er so gut wie nie. Nur einmal, als das Wetter besonders schlecht war, ist er eine Runde gelaufen, bei der er keinen anderen Menschen getroffen hat. Das war um drei Uhr morgens.
Besonders im vergangenen halben Jahr musste Bank viele Geschäftsreisen machen. Dafür ist der Hobbysportler manchmal um kurz nach Mitternacht eine Runde gelaufen, um dann schnell zum Flughafen zu eilen. Am darauffolgenden Tag ging es Abends vom Flughafen wieder an die Alster, um noch schnell eine Runde zu schaffen. „Auf längere Reisen habe ich aber ein Jahr lang komplett verzichten müssen“, sagt Bank. Seine Familie und Freunde haben ihn für sein Durchhaltevermögen größtenteils bewundert. „Es gibt aber auch weniger sportaffine Menschen, die meine Aktion total bescheuert finden“, sagt Bank.
Aufgenommen in die Liste der „Laufstreaker“
Er selbst hat es nie als Belastung empfunden. „Irgendwann gehört es einfach zum Tagesablauf dazu – wie morgens die Zähne zu putzen“, sagt Bank. In 365 Tagen ist er 621 Alsterrunden und 4694 Kilometer gelaufen. Im Durchschnitt braucht er für die 7,33 Kilometer lange Strecke 37 Minuten. Seine schnellste Runde waren 29 Minuten. Besonders an den heißen Sommertagen waren solche Zeiten undenkbar. Die Kälte ist durch den milden Winter kaum ein Problem gewesen. Im Gegensatz zum Jahr davor. „Ich habe bereits im Dezember 2017 den ersten Versuch gestartet, musste aber wegen einer Erkältung abbrechen“, sagt Bank. Beim zweiten Anlauf hat es geklappt. Den 365. Tag in Folge ist er bereits am Donnerstag gelaufen. Die Zielgerade hat er Hand in Hand mit seiner Frau erreicht, die auch sonst oft dabei war.
Die Extrarunde am Freitag lief er gemeinsam mit Freunden und Trainingspartnern, um anschließend mit ihnen zu feiern. Außerdem ist sie nötig, um in eine internationale Liste der „Laufstreaker“ aufgenommen zu werden. Ein „Streak“ ist eine Aufeinanderfolge von Tagen, an denen gelaufen wurde. Um aufgenommen zu werden, sind mindestens ein Jahr und ein Tag nötig. Die Liste ist auf www.runeveryday.com aufrufbar. Den aktuellen Rekord hält der ehemalige Europameister im Marathonlauf Ron Hill, der angeblich mehr als 52 Jahre jeden Tag mindestens eine Meile gelaufen ist. Bei dem Engländer lässt sich das nicht überprüfen. Bei Bank schon.
„Durch einen Laufchip, den er immer bei sich trägt, können wir verfolgen, ob er wirklich eine Runde gemacht hat“, sagt Michael Brügmann. Der Softwareentwickler ist Betreiber des Laufportals www.alsterrunning.de und hat vor sieben Jahren initiiert, dass rund um die Alster ein Zeitmesssystem installiert wurde. An sechs Punkten zeichnen Messstationen auf, wenn ein Läufer seine Runden dreht. Den dafür nötigen Chip können Interessierte auf der Homepage bestellen. „Momentan nutzen etwa 7000 Menschen die Dauer-Wettkampfstrecke“, sagt Brügmann. Auf der Homepage können die Läufer ihre Entwicklung verfolgen. Nutzer der Seite können auch sehen, wer der Schnellste ist und auch wer den längsten „Streak“ hat. Das ist aktuell Sönke Bank mit seinen 366 Tagen.
Die Blutversorgung wird durchs Training optimiert
„Ein beachtliche Laufleistung“, sagt Professor Dr. Klaus Mattes, Leiter des Arbeitsbereichs Bewegungs- und Trainingswissenschaften der Universität Hamburg. Bank sei ein fortgeschrittener Ausdauerläufer an der Schwelle zum Leistungssport. Durch sein Training habe er sicherlich viel Positives und Gesundheitsförderndes für seinen Körper getan. „Der Stoffwechsel passt sich an die Belastung an“, sagt der Wissenschaftler. Das Herz-Kreislauf-System, die Blutversorgung und das Immunsystem würden optimiert. Dafür sei aber gar nicht notwendig, so viel zu laufen. „Sein Programm umfasst mehr als für eine optimale gesundheitliche Verbesserung notwendig ist“, sagt Mattes. Drei bis vier Stunden, 35 bis 40 Kilometer, seien optimal – mehr belaste das Immunsystem. „Leistungssportler sind immer am Limit, was Infekte begünstigt“, sagt er. Auch ein Minimalprogramm von altersabhängig acht bis zwölf Kilometern die Woche sei schon gesundheitsfördernd.
Für Sönke Bank soll der Alsterlauf nun wieder zur „ganz normalen Trainingseinheit“ werden – drei- bis viermal die Woche. Am Wochenende will Bank eine Laufpause einlegen, danach aber bald wieder weitertrainieren. Bank: „Schließlich steht am 28. April der Hamburg Marathon an.“