Hamburg. Schwimmen mit Blick auf die Elbphilharmonie, Planschen vor der Kulisse von St. Pauli – diese Idee könnte bald realisiert werden.
Seit zwei Jahrzehnten versucht die Hansestadt den Sprung über die Elbe — den Anschluss der südlichen Stadtteil an die Altstadt. Es gibt Zeitgenossen, die halten die weitreichenden Pläne für einen Schlag ins Wasser. Nun wollen zwei Architekten den Sprung über die Elbe mit einem Schlag ins Wasser verknüpfen, genauer gesagt mit einem Badeponton am südlichen Elbufer in Höhe des Elbtunnels. Es ist eine Idee mit Tradition — und eine Vision zugleich.
Bislang ist der Bornsteinplatz am Ausgang des alten Elbtunnels ein vergessenes Juwel: Dort können Flaneure faszinierende Blicke auf die Skyline der Stadt genießen, allein es verirren sich nur wenig Besucher nach Steinwerder. Das Schild, das auf die Sehenswürdigkeiten der Stadt verweist, stammt noch aus einer anderen Zeit, es kennt weder Elbphilharmonie noch Hafenkrone. Der touristische Höhepunkt eines der faszinierenden Blicke der Stadt ist ein Imbisswagen. Eine große Hamburger Chance, bislang ungenutzt. Das wollen Sven Breuer und Timo Reimer ändern.
Idee soll keine Standardlösung sein
„Unsere Idee ist das historische Freizeitbad in Verbindung mit dem Bornsteinplatz auf einer Pontonanlage zu reaktivieren und den Hamburgern einen atemberaubenden Blick auf die Stadt ermöglichen“, sagt Sven Breuer. Timo Reimer ergänzt: „Wir suchen immer die besondere Idee, die uns von der Standardlösung abhebt.“
Ihr Plan für den Bornsteinplatz – direkt vis à vis der Landungsbrücken – ist so einfach wie bestechend: Ein Betonponton mit Schwimmkammern soll in Steinwerder festmachen, eine Brücke dorthin führen. Auf der 1600 Quadratmeter großen Grundfläche aus Holz sollen ein 25-Meter-Pool und ein Kinderschwimmbecken genauso Platz finden wie Umkleidekabinen und Gastronomie. Sitztreppen führen zu einer zweiten Ebene mit Liegestühlen. Das Bassin wollen Breuer und Reimer als so genannten Infinity Pool konstruieren — also als kantenloses Schwimmbecken, bei dem ein Ende so abgesenkt ist, dass den Eindruck entsteht, das Wasser würde mit dem Elbwasser verschwimmen.
Hamburg etwas zurückgeben
„Wir kennen den Platz seit langem und haben uns schon länger gefragt, wie man diesen Ort schöner machen kann“, sagt Reimer. Vor einem halben Jahr haben sich die beiden Architekten, die sich seit dem Studium kennen und in den vergangenen 15 Jahren in renommierten Büros gearbeitet haben, selbstständig gemacht. „Mit der Gründung haben wir uns gefragt, wie können wir auf uns aufmerksam machen - und was können wir Hamburg zurückgeben“, so Sven Breuer.
Erste Ideen eines Beachclub oder Biergartens an der südlichen Elbseite verwarfen die Gründer von RBA Reimer Breuer Architekten, als sie bei ihrer Recherche zum Standort auf alte Bilder der Steinwerder Badeanstalt stießen. Schon 1864 wurde in Steinwerder das Wilhelminenbad gebaut — zunächst als Badeanstalt für Männer und Knaben. Schon damals lagen Pontons in die Elbe, die das Strandbad vom offenen Fluss abtrennten und Platz für Umkleidekabinen boten. Besonders beliebt waren die Sprungtürme, die bis zu fünf Meter hoch waren. Als 1911 der Alte Elbtunnel fertiggestellt wurde, hatte das Schwimmbad eine direkte Anbindung an St. Pauli. Die Badefreuden in Steinwerder währten dort bis 1954, bis das Hafenwachstum sämtliche Freizeitnutzungen verdrängte.
Risikobetriebe weit genug entfernt
„Kaum ein Hamburger kennt noch die historische Badeanstalt am wunderschönen Ende der Elbtunnels“, sagt Reimer. „Gerade jetzt nach der Sanierung des Elbtunnels sollte es ein Ziel am südlichen Elbufer geben, das so aufgewertet würde.“ Reimer und Breuer haben den Ponton in seiner Form an den Schiffsverkehr angepasst, so dass er dem Wirtschaftsverkehr nicht im Wege steht. Auch die Risikobetriebe seien weit genug entfernt. Die Tragwerksplaner der Firma Panta Ingenieure haben die Pläne überprüft, auch bei der Hafenbehörde HPA haben die beiden jungen Architekten bereits vorgefühlt.
Ebenfalls eingeweiht in die Pläne sind Mitglieder der grünen Bezirksfraktion: „Ein spannendes Projekt, mit dem sich die Hamburger die Elbe zurückerobern würden“, sagt Fraktionschef Michael Osterburg dem Abendblatt. „Und vom südlichen Elbufer bietet sich natürlich ein herrlicher Blick auf die Hamburger Stadtsilhouette. Das könnte ein neuer Beitrag zum Sprung über die Elbe sein.“
Nicht nur ein Sommerziel
Geht es nach Breuer und Reimer, soll der Ponton nicht nur im Sommer ein Ziel für Ausflügler sein. „Es könnten dort auch andere Veranstaltungen wie Elbjazz, ein Weihnachtsmarkt oder Events stattfinden“ meint Reimer. „Ich kann mir dort auch ein Trampolin oder Sportgeräte der Active City vorstellen.“ Rund 800 Menschen soll der Ponton fassen. Die Kosten veranschlagen die beiden Architekten mit rund drei Millionen Euro. „Ein solcher Ponton ist keine Raketenwissenschaft, sondern bauähnlich auch auf der anderen Seite an den Landungsbrücken“, sagt Sven Breuer.
Beide Architekten erhoffen sich nun eine lebendige Debatte in der Stadt — und mit ihrem Aufschlag ins Wasser einen Beitrag zum Sprung über die Elbe.