Hamburg. Wie Fatih Akins neuer Film „Der Goldene Handschuh“, das Polizeimuseum und ein Roman von Heinz Strunk den Fall Honka erzählen.
Feuerwehrleute machten am 17. Juli 1975 in Ottensen einen grausigen Fund. Eigentlich wollten sie an der Zeißstraße 74 einen Brand löschen. Doch während sie mit Wasser gegen die Flammen kämpften, fanden die Beamten dort stark verweste Körperteile, die in Säcke verpackt waren. Wenig später gestand ein Mann, der in dieser verwahrlosten Wohnung mit nackten Pin-up-Girls an den Wänden hauste, Frauen getötet und zersägt zu haben.
Sein Name: Fritz Honka (1935–1998). Jetzt kehrt der Fall von Hamburgs größtem Serienmörder wieder in das öffentliche Bewusstsein zurück: Mit dem Start des Kino-Thrillers „Der Goldene Handschuh“ am kommenden Donnerstag bringt der Hamburger Regisseur Fatih Akin auf schockierende Weise die grauenvollen Taten des schielenden Frauenmörders auf die Leinwand.
Das Spiel mit der Angst funktioniert
Nach dem preisgekrönten Roman „Der Goldene Handschuh“ von Heinz Strunk, der 2016 erschien und Vorlage für den Film bildet, und dem gleichnamigen Theaterstück mit Charly Hübner als Honka im Schauspielhaus ist der Hamburger Kriminalfall längst zu einem Medienphänomen geworden.
Es ist das Spiel mit der Angst, das im Film wie im wirklichen Leben funktioniert. Denn Fritz Honka war und ist offenbar noch immer in Ottensen eine angsteinflößende Figur. Regisseur Akin: „Als ich in der Grundschule war, hieß es: ,Pass auf, sonst kommt der Mitschnacker oder der Honka!‘ Er war eine Angstfigur meiner Kindheit.“
Ohne Umschweife dem Grauen annähern
Honka stammte aus Leipzig und wuchs in Kinderheimen auf. 1951 floh er nach Westdeutschland, wo er immer mehr dem Alkohol verfiel. Sein erstes Opfer war die Prostituierte Gertraud Bräuer. Er erdrosselte die 42-Jährige in seiner Wohnung – und zersägte ihre Leiche. Die Frau hatte sich offenbar geweigert, Sex zu dritt zu vollziehen. Drei weitere Prostituierte sollen bis 1975 seine Opfer werden – betrunkene, zahnlose Frauen, die er in der Kiez-Kaschemme „Zum Goldenen Handschuh“ kennengelernt und später ebenfalls zerstückelt hatte. Den „Goldenen Handschuh“ gibt es noch heute.
Während der Roman von Heinz Strunk einen zweiten Erzählstrang verfolgt – die Geschichte einer Hamburger Reederfamilie –, nähert sich der Kinofilm ohne Umschweife dem Grauen an. Was für die Darstellerinnen eine extreme Belastung war. „Wir wollten ja die Schrecklichkeit dieser Morde darstellen, denn das Ganze soll einen schockierenden Effekt haben“, sagt der Regisseur. Das gehe nur mithilfe des Realismus, und der komme zu 90 Prozent aus der Schauspielerei.
Seelische Abartigkeit
Der nur 1,68 Meter große Honka war offenbar körperlich nicht in der Lage, die Leichen außer Haus zu bringen. Die Beseitigung sei „einfach zu schwer“ gewesen, gab er zu Protokoll. „Als ich die Leiche wegschaffen wollte, bin ich im Treppenhaus gestolpert und heruntergepurzelt.“ Nach dem Brand an der Zeißstraße gestand Honka am 29. Juli 1975, vier Frauen getötet zu haben. Mehr als ein Jahr später wurde er wegen Mordes in einem Fall (Gertraud Bräuer) und Totschlags in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren und zur Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt. Die Große Strafkammer 21 beim Landgericht Hamburg attestierte ihm wegen schwerer seelischer Abartigkeit mit Krankheitswert eine verminderte Schuldfähigkeit. Nach dem Ende der Haftstrafe bekam Honka eine neue amtliche Identität: Als Peter Jensen wurde er Bewohner eines Altenheims in Scharbeutz an der Ostsee.
Keiner der Mitbewohner ahnte, wer wirklich unter ihnen lebte. 1998 starb der 63-Jährige, von Wahnvorstellungen verwesender Leichen heimgesucht, im Krankenhaus Ochsenzoll.
Er starb in Ochsenzoll
Sowohl der Roman von Heinz Strunk als auch der Kinofilm scheuen sich nicht, Züge von Menschlichkeit in der Fratze des Frauenmörders zu entdecken. Honka wird nicht als Opfer sozialer Umstände dargestellt, sondern eher als von sexuellen Machtfantasien besessener Geisteskranker. Fatih Akin sagte, er habe mit dem Film versucht, „Ansätze von Menschlichkeit zu erwischen, die auch der Roman Honka zubilligt“.
Das Polizeimuseum (Carl-Cohn-Straße 39) trägt zur medialen Inszenierung bei und hat jetzt bei Facebook ein Originalfoto von Honkas Wohnung veröffentlicht. Im Museum selbst sind Kleidungsstücke der Opfer und als Tatwerkzeug die Säge – ein „Fuchsschwanz“ – zu sehen. „In mehrstündiger, akribischer Detailarbeit unterstützte unser Polizeimuseum die Requisiteurin des Films und lieferte umfangreiches Fotomaterial und stellte Exponate zur Verfügung“, heißt es in dem Facebook-Post.