Hamburg. Deutschland kann „flexibel“ mit Grenzwert zum Schadstoffausstoß umgehen. Damit könnte Hamburg die Fahrverbote aufheben.

Die EU-Kommission hat der Bundesregierung am Mittwoch zugestanden, flexibel mit dem Schadstoffgrenzwert für Stickoxid umzugehen. Damit wackeln die Hamburger Dieselfahrverbote. Der Grenzwert ist die Basis der Einschränkungen für schmutzige Diesel und liegt derzeit bei 40 Mikrogramm. „Flexibel“ mit dem Grenzwert umgehen zu dürfen heißt, dass gewisse Überschreitungen toleriert werden können und von Rechts wegen Fahrverbote nicht zwingend ausgesprochen werden müssen.

Die EU will einer deutschen Initiative zugestimmen, nach der Fahrverbote erst ab 50 Mikrogramm Stickoxid nötig sein sollen. Die EU bleibt damit zwar bei ihrem Grenzwert von 40 Mikrogramm, lässt aber Spielraum für die Einleitung von Konsequenzen bei Überschreiten des Werts. Das stellt die Hamburger Fahrverbote in der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße in Altona in Frage. Dort wurden knapp 50 Mikrogramm Stickoxid im Jahresdurchschnitt gemessen.

Wie reagiert die Umweltbehörde?

Die Umweltbehörde hat abwartend auf die EU-Entscheidung reagiert. Behördensprecher Jan Dube; „Der Verzicht der EU-Kommission auf eine Stellungnahme in einem Notifizierungsverfahren zu Binnenmarktfragen ist ein Zwischenschritt ohne direkte Auswirkung auf Hamburg. Für uns von Interesse ist das Gesetzgebungsverfahren des Bundes.“ Die Bundesregierung will die Initiative gegen die Fahrverbote in der nächsten Woche im Bundestag verhandeln, es ist also keine Gesetzesänderung beschlossen. Deshalb muss die Hamburger Behörde derzeit noch keine Handlungsdirektiven herausgeben.

Der BUND reagierte zunächst enttäuscht und sprach dann aber von einer "völlig verqueren Rechtslage", die in Hamburg "vermutlich nichts ändern" werde. Eine genaue rechtliche Bewertung stehe aber noch aus. Der Umweltverband hatte die Stadt auf die Ausweitung der Fahrverbote verklagt. Die Opposition in der Bürgerschaft sieht sich hingegen in ihrer Kritik bestätigt. Sie hatte die Fahrverbote als unverhältnismäßig kritisiert. Die CDU sieht darin einen Generalangriff auf den Diesel und will den Senat mit einem Antrag in der Bürgerschaft zur Aufhebung der Fahrverbote in Altona zwingen. Sie haben bisher keine Verbesserung der gemessenen Schadstoffwerte gebracht.

EU-Kommission widerspricht Fehlinterpretationen

Die EU-Kommission widersprach inzwischen Interpretationen ihrer Entscheidung, die darin einen Freifahrschein für Deutschland sehen. Dies sei falsch, hieß es aus Brüssel. Richtig sei, dass der europäische Grenzwert auch in Deutschland verbindlich bleibe und dass die Kommission es Deutschland lediglich freistelle, wie es die Einhaltung des Grenzwertes von 40 Mikrogramm bewerkstellige. Dies könne, müsse aber nicht durch Fahrverbote erreicht werden.

Berlin will festlegen, dass Fahrverbote nicht nötig sind, wenn der Grenzwert von 40 um 10 Mikrogramm überschritten wird. Der Hamburger Luftreinhalteplan stellt laut BUND aber klar fest, dass der Grenzwert nur noch durch Fahrverbote eingehalten werden könne und alle denkbaren Alternativen ausgeschöpft seien. Demnach ergebe sich in Hamburg keine neue Lage. Das abschließende Wort dazu aber müsste vermutlich die Justiz sprechen.