Hamburg. 5000 Hamburger wohnen in dem Gebiet Niendorf-Ost in der Nähe des Flughafens. Der Weg zum öffentlichen Nahverkehr ist vielen zu weit.
Michael Freitag war viel unterwegs in den vergangenen Monaten. Er hat sich mit sehr vielen Bewohnern im Hamburger Ortsteil Niendorf-Ost unterhalten. Die Menschen lebten gern dort, sagt der Regionalbeauftragte im Bezirksamt Eimsbüttel. Viele alteingesessene Bewohner fühlen sich wohl in ihrem Stadtteil, seien fest verwurzelt.
„Es gibt aber viele ältere Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, die aber ihren Alltag noch sehr gut hinbekommen.“ Teilweise seien sie aber auf einen Rollator angewiesen. „Wir haben überlegt, was man tun kann, damit die Menschen nicht wegziehen müssen“, sagte Freitag dem Abendblatt.
Nun soll der Bereich östlich des Garstedter Wegs Hamburgs ersten Bürgerbus bekommen. Der Regionalausschuss hat einstimmig die Einführung eines Bürgerbusses beschlossen. Die Bezirksversammlung muss den Beschluss noch bestätigen, das gilt aber als Formsache.
Sondermittel in Höhe von bis zu 20.000 Euro
Für den Start des neuen Angebotes inklusive der nötigen öffentlichen Informations- und Planungsveranstaltung werden einmalig bezirkliche Sondermittel in Höhe von bis zu 20.000 Euro zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus sollen im Quartiersfonds jährlich bis zu 10.000 Euro für die laufenden Kosten bereitgestellt werden.
Die Bemühungen von Politik und Verwaltung, eine bessere Anbindung des Gebiets am Flughafenrand zu erreichen, waren davor erfolglos. „Die Lokalpolitik versucht seit mehreren Jahren, dass die Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr verbessert werden“, sagt Freitag. Etwa 5000 Menschen wohnen seinen Angaben zufolge in dem Viertel.
Je näher sie am Flughafen wohnen, desto prekärer ist ihre Situation, denn der Weg zum nächsten Bus, dem 191-er, ist für viele zu weit. Einkaufsmöglichkeiten gibt es in dem Bereich schon lange nicht mehr und auch der Weg zum nächsten Arzt ist weit.
Den Bürgerbus gibt es schon in 60 bis 70 Kommunen
So sei die Idee des Bürgerbusses entstanden, wie es ihn schon in 60 bis 70 deutschen Kommungen gebe. Die Fahrzeuge werden in der Regel nicht gekauft, sondern geleast. Das hält die Kosten im Rahmen. Bürgerbusse seien üblicherweise Kleinbusse mit neun Sitzen und Platz für zwei bis drei Rollatoren. Für Standardbusse sind die Straßen nach Angaben des HVV zu eng.
Der Bürgerbus werde als soziales Projekt eingestuft, weil er etwas leiste, was „öffentlicher Nahverkehr und Taxi nicht leisten können“, sagt der Regionalbeauftragte. Bürger würden Bürger fahren, erklärt Freitag, „das ist die Abgrenzung“.
Erste Ehrenamtliche, die Fahrdienste übernehmen wollten, hätten sich bereits gemeldet. Um das Projekt Bürgerbus starten zu können, seien aber mindestens 20 bis 30 Freiwillige nötig. Wer den Bürgerbus nutzen will, muss sich vorher anmelden. Üblich seien zwei bis drei Fahrtage pro Woche, sagt Freitag. Für Niendorf-Ost müsse man aber noch klären, was der Stadtteil leisten könne und möchte.
Auch in Rissen gab es jahrelang die Idee des Bürgerbusses. Im Dezember 2018 war die Forderung dann von Erfolg gekrönt. Dort übernahm der HVV dann doch den Busbetrieb. Seit dem Fahrplanwechsel fährt die StadtBus-Linie 388 im Stundentakt durch Rissen. Montags bis freitags ganztägig und sonnabends von 8 bis 13 Uhr.
Das Modellprojekt Ioki für Zubringerverkehr in Lurup und Osdorf
„Wegen des teils engen Straßenraums in Rissen wird die Linie 388 mit kleineren Bussen bedient, die am Wochenende in Blankenese zusätzlich fahren. Diese Busse stehen montags bis sonnabends zur Verfügung, weil sie in dieser Zeit im benachbarten Blankenese nicht gebraucht werden“, sagt Rainer Vohl. Sprecher des HVV.
„Öffentlicher Nahverkehr ist eine staatliche Aufgabe. Er gehört zur Daseinsvorsorge“, sagt Karl-Peter Naumann, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn. „Aber wenn der Staat nichts macht, begrüßen wir das bürgerliche Engagement eines Bürgerbusses.“ Allerdings wäre auch ein Angebot wie der Fahrdienst Moia ein taugliches Modell für Niendorf.
Alexander Montana, Vorstandsmitglied im Verkehrsclub Deutschland Nord, sagt: „Wir finden es sinnvoll, Zubringerverkehre zu organisieren.“ Ein Beispiel dafür sei Ioki, ein Modellprojekt in Lurup und Osdorf, bei dem sich Fahrgäste an einer Abfahrtsstelle einfinden und dann zu Bahnhöfen und Bushaltestellen gebracht werden. Dabei sind sogar HVV-Fahrkarten gültig.