Hamburg. Vor zehn Jahren starb Domenica Niehoff. Über ihre Freier sagte sie: “Ich hatte alles. Sie waren winselnd, bettelnd, gemein.“

Ein Akanthusblatt ziert den schmalen Grabstein von Deutschlands bekanntester Hure: Domenica Niehoff starb heute vor zehn Jahren. Sie ist im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt. Das Akanthusblatt ist seit der Antike ein Symbol für schwere Arbeit.

Tatsächlich war das Leben von Domenica von vielen Höhen und Tiefen geprägt. 1945 in Köln geboren und bis kurz vor ihrem Tod mit rheinischer Frohnatur gesegnet, wuchs sie zehn Jahre lange in einem Waisenhaus auf. Mit 17 Jahren lernte Domenica einen 42-jährigen Bordellbesitzer kennen, der sie heiratete. Doch die Ehe endete höchst dramatisch: Der Gatte erschoss sich vor ihren Augen mit einer Pistole – ein Trauma, das sie nie wieder los wurde.

Ihr Name war Programm

Mit der Heirat kam sie ins Hamburger Rotlichtmilieu. Der Kiez wurde ihr eigentliches Zuhause. Jahrelang schaffte sie im Großbordell „Palais d’amour“ an der Reeperbahn für den Zuhälter und „Ritze“-Wirt Hanne Kleine an. Zu der Frau mit der üppigen Oberweite wollten alte und junge Männer, weil sie sexuelle Praktiken begehrten, für die Domenicas Vorname Programm war. "Ich hatte alles. Alle Schichten. Sie waren winselnd, bettelnd, fordernd, gemein. Brav, lieb, reich, arm, jung, alt. Ich weiß gar nicht, was mir noch fehlte", sagte sie in ihrem letzten großen Interview.

In den 1980er-Jahren begann sie damit, für die Anerkennung und Legalisierung des Berufsstandes der Prostituierten zu kämpfen. Deswegen geriet sie häufig ins Kreuzfeuer der Kritik. Früher, sagte sie, "haben mich viele zur Minna gemacht, weil ich den Medien auf das Tabu-Thema Prostitution hingewiesen habe".

Ausstieg aus dem Milieu

Zuletzt lebte die Ex-Hure auf St. Pauli und saß am liebsten rauchend auf ihrer Veranda im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses. Sie kümmerte sich um ihre "Mädels" und half ihnen beim Ausstieg aus dem Milieu.

Im Alter von 63 Jahren starb Domenica Niehoff am 12. Februar 2009 im Krankenhaus Altona an den Folgen eines Lungenleidens. Am 2. Juli 2009 wurde auf dem Ohlsdorfer Friedhof ihr Grabstein mit dem Akanthusblatt enthüllt. Dieser Satz von Domenica klingt auch zehn Jahre nach ihrem Tode wie ein Vermächtnis: "Es gibt noch immer Diskriminierung und Verachtung." Es sei nach wie vor wichtig, für die Rechte der Huren zu kämpfen.