Hamburg. Wegen schlechter Bezahlung bekämen die Ämter kaum noch Personal, es drohe ein “Kollaps“. Der Senat gibt sich gesprächsbereit.

Die Gewerkschaft Ver.di und Personalräte der sieben Bezirksämter haben vom Senat ein Gesamtkonzept zur besseren personellen und finanziellen Ausstattung der Bezirke gefordert. Die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter dort hätten sich aufgrund der Einsparungen stark verschlechtert, es drohe ein „Kollaps“ sagte Ver.di-Bereichsleiterin Sieglinde Frieß nach einer Personalversammlung in der Sporthalle Hamburg, an der laut der Gewerkschaft rund 2500 städtische Mitarbeiter teilnahmen.

Die Stadt wachse, aber der Senat habe „keinen Plan“, wie die Verwaltung sich darauf einstellen solle, sagte Thomas Auth-Wittke, Sprecher der Personalräte der Bezirksämter. Die Servicezeiten der Kundenzentren würden ausgedehnt, es gebe neue gesetzliche Vorgaben und eine Flut von Neuanträgen – „aber der Senat hat keine Strategie, sondern betreibt nur Flickschusterei an Stellen, wo es öffentlichen Druck gibt“. Es gebe zu wenig Personal, zu wenige Räume, zu wenig Anerkennung und zu wenig Geld, so die Personalräte. Aufgrund der im Vergleich zu Senatsbehörden oder Kommunen im Umland deutlich niedrigeren Bezahlung sei es für die Bezirke schwierig, neues Personal zu bekommen.

Hintergrund: Die Beschäftigten in den Bezirksämtern werden, da Hamburg ein Stadtstaat ist, nach Tarif der Länder (TVL) bezahlt. Die Mitarbeiter in Umlandgemeinden bekommen den laut Ver.di höheren Tarif des Öffentlichen Dienstes (TVöD). Die Bezirke bräuchten aber dringend mehr Personal. Nach Zählung von Ver.di gab es im Jahr 2012 insgesamt 265 Stellen in den Kundenzentren der Bezirke. Aufgrund von Einsparungen sei die Zahl 2016 auf 170 gesunken. Mittlerweile liege sie zwar erneut bei 265, allerdings seien die Aufgaben immer weiter gewachsen.

Stress lässt Krankheitsquote steigen

Es habe auch bei der nicht-öffentlichen Personalverammlung „Hilferufe“ vieler Mitarbeiter der Bezirke gegeben. In manchen Bereichen stapelten sich bei einzelnen Mitarbeitern Hunderte Anträge, die Belastung wachse durch immer längere Öffnungszeiten und Schichtdienst – und schlicht dadurch, dass es in Hamburg immer mehr Einwohner gebe. Zunehmender Stress sorge für eine „exorbitante Krankheitsquote“, sagte Angela Traboldt, Personalrätin in Altona.

„Auf der einen Seite wird für die wachsende Stadt geworben, aber auf der anderen wächst die Verwaltung nicht ausreichend mit“, ergänzte der Eimsbüttler Personalrat Andreas Scheibner. Damit man überhaupt noch Personal für die Bezirke finde, müsse die Bezahlung attraktiver werden, sagte Scheibner – und Beruf und Familie müssten weiterhin vereinbar sein. Seine Kollegin aus Hamburg-Nord, Ulrike Schnee, sagte, dass auch die Digitalisierung bisher keine personelle Entlastung gebracht habe.

Finanzsenator Andreas Dressel will die massiven Beschwerden offenbar ernst nehmen und zumindest teilweise für Abhilfe sorgen. „Wir unterstützen die Bezirke mit einem Budgetwachstum von rund sieben Prozent und gezielten Verstärkungen in besonderen Belastungsbereichen“, sagte der SPD-Politiker am Montag nach dem Besuch der Personalversammlung. „Ich habe heute angekündigt, dass ich mir in den nächsten Wochen in allen Bezirken von den Belastungsbereichen selber ein Bild machen will. Die Kolleginnen und Kollegen haben meine Rückendeckung.“

Im Dezember hatte auch die rot-grüne Koalition sich des Themas angenommen und den Senat in einem Antrag aufgefordert, Mitarbeiter in den Bezirken besser zu bezahlen. Denn diese verdienten bisher deutlich weniger als die in den Fachbehörden. So betrage der Unterschied zwischen einer bezirklichen Abteilungsleiterin im Bereich Stadt- und Landschaftsplanung (4253 Euro monatlich) und einer Mitarbeiterin im Landesplanungsamt der Stadtentwicklungsbehörde (5705 Euro) trotz vergleichbarer Tätigkeit 1452 Euro im Monat, hatte der SPD-Abgeordnete Markus Schreiber damals vorgerechnet.

Hintergrund der Debatte ist die aktuelle Tarifauseinandersetzung über die Vergütung der Beschäftigten der Länder. Ver.di fordert eine Gehaltserhöhung von sechs Prozent, mindestens aber 200 Euro. Am Montag wird es in diesem Zusammenhang einen Warnstreik in allen Bezirksämtern geben.