Hamburg. Aber gut zwölf Prozent der Zugewanderten haben laut einer Stichproben-Erhebung keine oder nur kurz eine Schule besucht.
Der Bildungs- und der Ausbildungsgrad der Flüchtlinge, die Hamburg erreichen, klaffen weit auseinander. Einerseits hat mehr als jeder zehnte Zuwanderer im erwerbsfähigen Alter keine oder nur kurz eine Schule besucht. Andererseits hat rund ein Viertel eine akademische Ausbildung in seinem Heimatland erfahren.
Seit 2015 sind rund 55.000 Menschen als Flüchtlinge nach Hamburg gekommen. Rund 33.400 dieser Zugewanderten sind im erwerbsfähigen Alter. Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit gehen 11.100 Frauen und Männer einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, weitere 6400 haben andere Tätigkeiten. Insgesamt sind zwei Drittel der Geflüchteten in Arbeit oder Ausbildung.
Laut der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Christel Nicolaysen gibt es keine statistischen Daten über den Bildungshintergrund aller Flüchtlinge. In seiner Antwort verweist der Senat allerdings auf eine Erhebung zu den Geflüchteten, die im Zeitraum von Januar 2017 bis Juni 2018 in Hamburg angekommen sind.
Keine Ausbildung nach deutschen Standards
´Von den insgesamt 2330 Männern und Frauen, die als erwerbsfähig eingestuft wurden, haben sieben Prozent nie eine Schule besucht. Weitere 5,3 Prozent haben höchstens vier Jahre lang Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt. Allerdings liegt die Zahl derjenigen, die elf oder mehr Jahre die Schulbank drückten, bei 53,6 Prozent. Auf eine Schulzeit zwischen fünf und acht Jahren kommt jeder Fünfte – 20,4 Prozent. Der Anteil derjenigen, die auf eine Schulzeit von neun bis zehn Jahren zurückblicken, liegt mit 13,3 Prozent etwas darunter.
Die weit überwiegende Mehrheit der Zugewanderten hat keine Berufsausbildung nach deutschen Standards, also etwa nach dem dualen System, erfahren: 69,9 Prozent der registrierten Flüchtlinge gaben das an. Eine ausbildungsähnliche berufliche Qualifikation wurde lediglich bei 4,4 Prozent der Männer und Frauen festgestellt. Auf der anderen Seite hatten 25,4 Prozent der Geflüchteten eine akademische Ausbildung absolviert.
Unabhängig von der konkreten beruflichen Ausbildung kann auch die Berufserfahrung einen Hinweis auf mögliche Qualifikationen geben. Mehr als ein Viertel der Flüchtlinge (27,8 Prozent) gab an, elf und mehr Jahre Berufserfahrung zu haben. Auf eine Berufstätigkeit zwischen fünf und zehn Jahren kamen 26,7 Prozent. Deutlich kleiner mit 17,4 Prozent war die Gruppe derer, die in ihrem Heimatland zwei bis fünf Jahre in einem oder mehreren Berufen gearbeitet hatten. Auf unter zwei Jahre im Job kamen sechs Prozent. Mehr als ein Fünftel – 22 Prozent – haben aber keinerlei berufliche Erfahrung nach Deutschland mitgebracht.
Chancen für Akademiker
„Ein beträchtlicher Teil der angekommenen erwerbsfähigen Geflüchteten hat kaum Schulbildung genossen und weder eine Berufsausbildung noch Berufserfahrung. Diese Menschen treffen auf einen Arbeitsmarkt, auf dem es nur etwa zehn Prozent Helfertätigkeiten gibt“, sagte die FDP-Abgeordnete Nicolaysen. Es sei ohne Zweifel anerkennenswert, dass gerade die Menschen mit wenig Vorerfahrung eine Arbeit fänden, „aber dann muss es weitergehen“, so Nicolaysen. „Diese Menschen müssen mithilfe der Betriebe und Vermittlungskräfte eine Chance bekommen, sich weiterzuqualifizieren“, sagte die integrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion.
Nicolaysen forderte, dass auf der anderen Seite das Potenzial derjenigen Geflüchteten stärker genutzt werde, die eine Schulbildung von mehr als neun Jahren, sogar eine akademische Ausbildung oder mehr als fünf Jahre Berufserfahrung haben. „Diese Menschen brauchen Möglichkeiten, mit denen sie ihre Erwerbsbiografie verbessern können, denn in Hamburg fehlen Fachkräfte“, so die Liberale.
Die FDP-Abgeordnete forderte außerdem, in Zukunft den weiteren beruflichen Weg der Geflüchteten zu verfolgen. „Die stichprobenweise erhobenen Bildungs- und Erwerbsbiografien helfen nur dann weiter, wenn wir wissen, ob diesen Geflüchteten aus eigenem Antrieb eine nachhaltige Integration in den Hamburger Arbeitsmarkt gelungen ist“, sagte Nicolaysen. „Die passgenaue Qualifikation, wie wir sie mit dem Programm W.I.R. verfolgen, ist der Schlüssel für die weitere Integration“, sagte Martin Helfrich, Sprecher der Sozialbehörde. „Wir sind froh darüber, dass es einem wachsenden Teil der Geflüchteten gelingt, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen“, so Helfrich. Entscheidend sei der Erwerb von Sprachkompetenzen.