Hamburg. 4000 Briten, 1000 Firmen und 240.000 Container sind betroffen. Am Dienstag soll das Übergangsgesetz beschlossen werden.

Die Stadt ist nach Einschätzung des Senates gut auf alle Varianten des britischen EU-Austritts vorbereitet. Sowohl im Hafen und am Flughafen, als auch bei Übergangsregelungen etwa im Bereich der Sozialversicherungen habe man alles getan, was möglich sei, betonten die für Hamburgs Außenbeziehungen zuständige Staatsrätin Annette Tabbara und Wirtschaftsstaatsrat Torsten Sevecke am Montag bei einem Informationsgespräch im Hamburger Rathaus.

Am morgigen Dienstag soll der Senat den Entwurf eines Übergangsgesetzes beschließen, das die Verfahrensweisen im Falle eines geregelten Austritts mit einem Abkommen festlegt. Das Gesetz könne im Falle eines ungeregelten Austritts nachträglich geändert werden. Es müsse aber aufgrund des langen Gesetzgebungsverfahrens jetzt auf den Weg gebracht werden.

Hamburg rechnet auch mit ungeregeltem EU-Austritt

„Wir würden uns wünschen, dass Großbritannien in der EU bleibt", sagte Staatsrätin Tabbara. „Da es aber derzeit keine Mehrheit für gar nichts in Großbritannien gibt, müssen wir mit einem ungeregelten Austritt rechnen.“ Für diesen Fall wolle man zwar keine Regelungen treffen, die die Folgen dieser Entscheidung der Briten insgesamt abfederten, so Tabbara. Gleichwohl aber wolle man Menschen und Wirtschaft vor „unbilligen Härten“ schützen.

In Hamburg leben laut Senat derzeit 4000 Briten, von denen eine unbekannte Zahl zusätzlich auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Wie viele das sind, versucht der Senat gerade zu ermitteln. Zuletzt hatten sich immer mehr Briten in Hamburg einbürgern lassen.

29 britische Beamte müssten Hamburg verlassen

Die Briten ohne zusätzlichen deutschen Pass müssten nach einem ungeregelten Brexit sofort Deutschland verlassen. Allerdings sehe eine bundesrechtliche Regelung bereits eine dreimonatige Übergangsfrist vor, so Tabbara. Ähnlich sei es bei Fragen der Kranken- und Arbeitslosenversicherung oder der Renten.

Man habe das intensiv geprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass für all diese Fragen keine zusätzlichen landesrechtlichen Regelungen nötig seien, sagte die Staatsrätin. Betroffen sind auch 29 Briten, die in Hamburg als Beamte arbeiten. Man prüfe für diese Fälle die Möglichkeit einer Sondererlaubnis, damit die Betroffenen nicht sofort ihren Status und ihren Arbeitsplatz verlören.

1000 Unternehmen pflegen britische Kontakte

Laut Wirtschaftsbehörde pflegen rund 1000 Hamburger Unternehmen derzeit intensive Geschäftsbeziehungen nach Großbritannien. Die Insel gehöre zu einem der wichtigsten Handelspartner Hamburgs. Auch arbeiteten zahlreiche deutsche und Hamburger Handwerksfirmen in Großbritannien. Das werde künftig zwar nicht unmöglich, aber deutlich schwieriger.

Am Flughafen und im Hafen sei man gut für alle Szenarien gerüstet, sagte Wirtschaftsstaatsrat Sevecke. Der Containerhandel mit Großbritannien habe derzeit eine Größenordnung von rund 240.000 Standardcontainern pro Jahr. Die personelle Aufstockung des vom Bund verantworteten Zolls im Hafen aus den Jahren 2016/17 werde dafür ausreichen, diese künftig zusätzlich zu verzollen - zur Not werde zusätzliches Personal im zweistelligen Bereich eingestellt.

Zollabfertigung steigt um drei Prozent

Insgesamt gehe es um einen Anstieg bei den Zollabfertigungen um drei Prozent. „Wir machen das jeden Tag, das wird uns nicht umwerfen“, so Sevecke. Das gelte auch für die geschätzt jährlich 1,4 Millionen Passagiere am Flughafen aus dem Flugverkehr mit Großbritannien. Für die Container im Hafen gebe es überdies genug Stauflächen, sagte der Staatsrat. "Das wird alles reibungslos laufen.“

Allerdings bestehe beim Schiffsverkehr die Möglichkeit, dass die Bearbeitungszeiten in Antwerpen, das sehr viele Container aus Großbritannien umschlägt, so stark ansteigen, dass Schiffe nach Hamburg und Bremerhaven ausweichen könnten. Was das für den Hamburger Hafen bedeuten würde, sei derzeit nicht vorauszusagen, so Sevecke.

Brexit trifft Airbus besonders hart

Besonders hart werde Airbus durch den Brexit getroffen, da viele Teile aus Großbritannien kämen, sagte der Staatsrat. Was das für die Produktion und den Standort Hamburg heiße, sei noch unklar. „Für Airbus ist das eine ausgesprochen ungemütliche Situation“, so Sevecke. Grundsätzlich werde entscheidend sein, welche Art von Handelspolitik die Briten künftig betreiben würden.

Zwar wirbt Hamburg Marketing laut Senat derzeit intensiv dafür, dass Firmen aus Großbritannien wegen des EU-Austritts nach Hamburg umsiedelten. Besonders erfolgreich war die Stadt damit aber bisher offenbar nicht. Erst sechs Unternehmen konnten neu in Hamburg angesiedelt werden, sagte Staatsrätin Tabbara. 16 weitere hätten immerhin Interesse signalisiert.