Hamburg. Die neue Textilordnung sorgt für Ärger bei vielen Mitgliedern. Einige wollen sogar kündigen. Holstentherme plant ähnliche Vorschrift.
Der Stoff, um den es geht, ist so klein, dass er in jede Handtasche passt, reicht aber dennoch aus, um eine echte Debatte loszutreten, bei der es um Fragen eines größeren Formates geht: Wie weit geht die eigene Freiheit? Und wo stößt sie an die Grenzen anderer? Im Meridian Spa & Fitnessclub hat man sich diese Fragen gestellt, weil der hausübliche legere Umgang mit dem Nacktsein offenbar vielen Gästen zu weit ging. Darauf hat der Hamburger Club nun reagiert und ein FKK-Verbot außerhalb von Saunen, Duschen und Kältebecken erlassen, das ab 1. Februar an allen Meridian-Standorten gelten soll. Bisher war es so geregelt, dass jeder frei entscheiden konnte, ob er seinen Körper nach dem Saunagang bedecken möchte. Das galt auch galt für die Ruheliegen und den Pool im Spa-Bereich.
Jahrelang klappte das Nebeneinander von Textil und FKK laut Angaben vieler Mitglieder gut. Und so wurden viele von dem Infoschreiben überrascht. Darin heißt es: „Jede Generation bringt neue Moden, Einstellungen und Verhaltensweisen mit sich. Auch Meridian reagiert (...) mit einer neuen Regelung im Wellnessbereich. (...) Wir bitten Sie darum, (...) nur noch die Saunen, die Whirlpools, das Kalttauchbecken und die Duschen nackt zu nutzen.“ Außerhalb davon muss mindestens der Intimbereich mit einem Handtuch, einer Bikini- oder Badehose bedeckt werden.
Meridian-Mitglieder wollen kündigen
Das stößt bei vielen auf Unverständnis. So auch bei Gerda Fellberg: „Ich bin seit zwölf Jahren Mitglied und kenne niemanden, der sich je daran gestört hat, wenn nackt gebadet wurde oder man sich unbekleidet auf der Liege ausgeruht hat.“ Wie viele andere Nutzer auch, könne sie die Gründe nicht nachvollziehen. Auch auf Facebook machen viele Mitglieder aus Hamburg und anderen Städten ihrem Ärger Luft. Einige wollen sogar kündigen.
Laut Christin Lüdemann, Co-Geschäftsführerin des Meridian Spa & Fitness, seien etliche Gespräche geführt worden. „Wir haben über einen sehr langen Zeitraum von Mitgliedern und Tagesgästen Rückmeldungen dazu bekommen, dass die sehr freie Regelung für viele nicht mehr zeitgemäß ist.“ Die „verstärkte Nachfrage nach einer neuen Textilordnung“ sei von Frauen und Männern aller Altersklassen gekommen. „Die Entscheidung, wie wir sie getroffen haben, ist aus unserer Sicht der beste Kompromiss, den man finden konnte“, so die 43-Jährige. Die Reaktionen auf die neue Regelung seien zwar sehr gemischt gewesen. Lüdemann zeigt sich dennoch optimistisch: „Wir glauben fest daran, dass ein Stück Stoff nicht das Erholungsgefühl überdecken kann, das unsere Gäste in unseren Wellness-Bereichen erwartet.“
Bademantel-Pflicht in der Holstentherme
Diese Einschätzung teilt man offenbar auch in der bei vielen Hamburgern beliebten Holstentherme in Kaltenkirchen. Dort wird ab dem 1. April dieses Jahres eine Bademantel-Pflicht im Saunawelt-Innenbereich eingeführt, wie Geschäftsführer Stefan Hinkeldey dem Abendblatt mitteilte. „Wir empfehlen auch, einen Bademantel im Außenbereich zu tragen, überlassen die Entscheidung aber vorerst unseren Gästen.“ Er verweist darauf, dass sich das Nutzungsverhalten der Gäste geändert habe. Demnach würden 80 Prozent bereits jetzt einen Bademantel tragen.
Bei dem Hamburger Sport- und Wellness-Club Aspria etwa ist es so geregelt, dass der Sauna-Bereich und der Spa-Pool textilfrei sind. In allen anderen Pools tragen die Gäste Badekleidung und im Ruheraum oder Kaminzimmer Bademantel. „Aus unserer Sicht ist es ein super Angebot, dass wir beide Varianten anbieten“, so Tobias Gross, General Manager im Aspria Uhlenhorst. Wünsche seitens der Gäste und Mitglieder, dass sie sich mehr bekleidete Bereiche wünschen, lägen nicht vor.
Bekleidung soll Ablenkung verhindern
Bei Bäderland, dem Betreiber der meisten öffentlichen Schwimmbäder in Hamburg, gibt es grundsätzlich kein FKK außerhalb der Saunen und Duschen. Eine Regelung, die laut Sprecher Michael Dietel von großer Bedeutung ist: „Uns ist wichtig, dass gesellschaftliche Normen auch im Schwimmbad eingehalten werden. In einer Situation, in der eh schon alle nur minimal bekleidet sind, ist es wichtig, den Körperkult nicht noch auf die Spitze zu treiben“, so Dietel. Das habe auch mit der möglichen „Ablenkung vom notwendigen achtsamen und respektvollen Miteinander“ zu tun. „Wir wollen vermeiden, dass jemand zu Schaden kommt, nur weil andere zum Beispiel durch übertriebenen Körperkult abgelenkt werden.“
Im Saunabereich des Eimsbütteler Fitnessclubs Kaifu-Lodge kann es jeder handhaben, wie er möchte. „Wer nackt saunen gehen möchte, kann das tun. Wer sich bedecken möchte, darf das auch tun“, so Kevin Nafar von der Geschäftsleitung. Gleiches gilt für den Entspannungsbereich. „Ob mit Badebekleidung, Bademantel oder textilfrei, kann jeder selbst für sich entscheiden.“ Die freie Handhabung habe sich bewährt: „Keine Regeln, keine Beschwerden, läuft alles prima.“