Hamburg. Harald Vogelsang möchte Leidenschaft von Schülern für das Zeitung lesen wecken und die Wirtschaft besser mit Schulen verzahnen

„Eine gedruckte Zeitung schafft Übersicht und ordnet Zusammenhänge“, erklärt Harald Vogelsang die aktuelle Relevanz von Printmedien. „Sie ist für jeden Gold wert, der sich verlässlich über Hintergründe zu politischen oder gesellschaftlichen Themen informieren möchte“, sagt der Lese-Pate, während er vor der Klasse 9a des Gymnasiums Hamm steht.

Vogelsang trägt Anzug, heute ohne Krawatte, die leicht ergrauten Haare korrekt gescheitelt, und lächelt ruhig in die Runde von Schülern. Neugierig betrachten die Neuntklässler den heutigen Gast. Der Lese-Pate hat keine Berührungsängste: Er bietet den Schülern gleich das „Du“ an und baut mit seiner aufgeschlossenen Art schnell eine Verbindung zu den Jugendlichen auf.

Gar nicht wie man sich einen Chef vorstellt

Nach Banklehre und Jurastudium kam er 1991 zur Hamburger Sparkasse, erzählt er über sich. Zu Anfang seiner Karriere war der gebürtige Hamburger in der Kundenbetreuung tätig und leitete später die Vertriebsregion Süd. Seit 2007 ist er Vorstandssprecher der Hamburger Sparkasse. Vogelsang, der in Reinbek aufgewachsen ist, wirkt bodenständig und unaufdringlich – gar nicht so, wie man sich einen Chef von mehr als 5000 Mitarbeitern vorstellt.

Das Eis bricht endgültig bei der anschließenden Kennenlernrunde. „Wir sind eine besonders sportliche Klasse“, erzählt eine Schülerin der Klasse 9a. Insgesamt üben die Jugendlichen viele verschiedene Sportarten aus. Für den Hanseaten Vogelsang ist Segeln der sportliche Ausgleich zum Beruf, erzählt er mit einem Lächeln. Am liebsten mit Blick auf die Ostsee. Gern geht er aber auch mit seinen Hunden an der Elbe joggen.

Hier wird der europäische Gedanke gelebt

Eine Schülerin bringt die Besonderheit ihrer Klasse auf den Punkt: „Wir sind auch eine Klasse mit Schülern aus sehr vielen unterschiedlichen Ländern.“ Aus insgesamt 27 verschiedenen Nationen stammen die Schüler der Europaschule, darunter Kolumbien, Neuseeland, dem Kosovo oder Ghana. Aufgrund der vielen Doppelstaatsbürgerschaften gibt es in der Klasse 9a sogar mehr Nationalitäten als Schüler. Und das ist nur eine von vielen Klassen an der Europaschule in Hamm.

Was aber verbirgt sich hinter dem Begriff „Europaschule“? Am Gymnasium Hamm wird der europäische Gedanke gelebt: Neben einem breiten Sprachenangebot zählt dazu eine jährliche Projektwoche mit einem Partnerland. 2018 hieß das Partnerland Schweden.

In der „Europawoche“ finden verschiedene Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit Institutionen des Partnerlandes statt, u. a. eine Diskussionsveranstaltung mit dem Konsul des jeweiligen Landes.

Außerdem gehört das Gymnasium zu einer der wenigen deutschen Schulen, die ein „Erasmus+“-Projekt von der Europäischen Union finanziert bekommen. Diese Unterstützung macht Austauschprogramme mit Partnerschulen in ganz Europa möglich.

„Damit können wir Einseitigkeit in unserer Gesellschaft vermeiden

Nach der Kennenlernrunde befragen die Schüler den Lese-Paten intensiv zum Thema Zeitung. Der langjährige Abendblatt-Leser beantwortet die Fragen gelassen und kompetent. Schließlich wirft der Vorstandssprecher von Deutschlands größter Sparkasse den Spielball zurück und fragt die Schüler, welche Bedeutung Zeitung für sie hat?

„Wenn mir eine Zeitung zur Verfügung steht, lese ich gerne die Dinge, die mich interessieren“, antwortet eine Schülerin. Trotz des Internets stehen „klassische“ gedruckte Zeitungen bei den Jugendlichen immer noch hoch im Kurs. Besonders beliebt sind bei den Schülern die Themen Kultur, Sport oder Wirtschaft.

„Junge Menschen sollten sich eine eigene, fundierte Meinung bilden können“, findet Vogelsang. Mit seiner Patenschaft möchte er bei den Schülern die Leidenschaft wecken, sich täglich mit aktuellen Themen auseinanderzusetzen. „Damit können wir Einseitigkeit in unserer Gesellschaft vermeiden und insgesamt ein höheres Bildungsniveau erreichen.“

„Ich empfand das Abitur damals als durchaus komplex“

Ein höheres Bildungsniveau? Aber ist das Abitur heute einfacher geworden? „Ich empfand das Abitur damals als durchaus komplex“, erinnert sich der promovierte Jurist Vogelsang. „Aber ich habe nicht den Eindruck, dass die ausgebildeten Jugendlichen, die unsere Schulen heute verlassen, schlechter sind.“

Schulleiter Sven Kertelhein verdeutlicht: „Gerade die Bereiche, welche die Schüler nach ihrem Abschluss praktisch anwenden müssen, werden durch die Lehrpläne der klassischen Fächer nicht abgedeckt.“

„Dazu gehören beispielsweise die Erstellung einer Lohnsteuererklärung oder das Beantragen von Leistungen. Die Schulbehörde definiert derartige Lernfelder teilweise als Querschnittsaufgabe. Es fehlt aber an geeignetem Personal mit entsprechenden Qualifikationen“, sagt er.

Ziel: Schule und Wirtschaft besser miteinander verknüpfen

Haspa-Chef Vogelsang ist davon überzeugt, dass eine breiter gestreute Bildung effektiver wäre. „Ich beobachte den Trend, dass Tiefe statt Breite ausgebildet wird. Eigentlich wären Vertiefungen Bestandteil eines Studiums oder einer Berufsausbildung.“

Auch Schule und Wirtschaft sollte man besser miteinander verknüpfen, sind sich Schulleiter und Vorstandssprecher einig. Mit Gastvorträgen von Wirtschaftsvertretern könne man beide Bereiche besser miteinander verzahnen. Besonders für Schüler wäre das förderlich, da sie Einblicke in die Arbeitswelt erhalten und gleichzeitig berufliche Perspektiven aufgezeigt bekommen.

Wenn die Schüler der Klasse 9a im nächsten Schuljahr vor der Prüfung zum mittleren Schulabschluss stehen, werden sie sich die Frage stellen: Wie geht es weiter? Mittlere Reife und Ausbildung oder Abitur und Studium? Für beide Wege bietet die Haspa Optionen an: eine klassische Banklehre oder duale Studiengänge.

„Ein Praktikum zuvor ist attraktiv“, sagt Vogelsang. „Bereits früh kann man dabei Aufgaben übernehmen und erste Berufseindrücke erhalten.“ Und natürlich herausfinden, ob es der richtige Weg für einen ist.