Hamburg. Projekt Hilldegarden spricht vom Baubeginn 2019. Eine Baugenehmigung gibt es bereits, doch der Investor verhält sich still.
Es zählt zu den spektakulärsten Bauvorhaben der Stadt – und zu den umstrittensten wohl auch: der Umbau und die Begrünung des Flakbunkers an der Feldstraße auf St. Pauli. Die Visualisierungen dürfte inzwischen wohl jeder Hamburger kennen: Sie zeigen den Bunker mit einem pyramidenartigen Aufbau und einer fast schon dschungelartigen Bepflanzung. Hier soll ein öffentlicher Park entstehen, der für alle nutzbar sein soll. Zudem sind auch zahlreiche Investitionen in das Gebäude selbst geplant.Und eigentlich stand dem Start nichts mehr im Weg, die Baugenehmigung wurde bereits im Frühjahr 2017 erteilt.
Doch passiert ist seitdem nichts, jedenfalls nichts, was auf einen Baustart hindeuten lassen würde. Und Eigentümer Thomas Matzen schweigt oder lässt schweigen. Die zuständige Matzen-Immobilienmanagementfirma EHP gibt auch auf Nachfrage keine Informationen raus. Ebenso wenig das zuständige Planungsbüro „Phase 10“ aus Freiberg.
Doch es gibt andere, die von Geheimniskrämerei nichts halten. Zum Beispiel Tobias Helbing vom Beteiligungsprojekt Hilldegarden, das mit seinen inzwischen rund 70 Mitgliedern das Nutzungskonzept des Dachgartens entwickelt hat. Gerade in diesen Tagen spricht Helbing gern über sein Herzensprojekt, denn die Phase des Stillstands ist vorbei: „Nächstes Jahr geht es endlich mit dem Bau los“, so der 38-Jährige. Mit den bauvorbereitenden Maßnahmen solle in Kürze begonnen werden.
Im Inneren ist auch eine Halle für Kulturveranstaltungen geplant
In einem Gespräch mit Vertretern der EHP habe man zudem kürzlich die Lage und Größe der zugesicherten Innenflächen, die Hilldegarden zukünftig nutzen kann, bestätigt bekommen. Bis es so weit ist, nutzt der Verein temporär einen 300 Quadratmeter großen Raum plus Außenflächen im fünften Stock des Feldstraßen-Bunkers. In dem historischen Raum treffen sich regelmäßig Vereinsmitglieder mit beteiligten Architekten, Planern und dem Bauherrn, um gemeinsam die Gestaltung des Dachparks zu planen.
Das Konzept für die gemeinschaftliche und öffentliche Nutzung des Dachgartens hat maßgeblich Hilldegarden gestaltet. Weiter sind im Inneren unter anderem eine Halle für Kulturveranstaltungen und Breitensport geplant sowie ein Gedenkort, etwa 150 Hotelzimmer und subventionierte Gästewohnungen.
Dass es jetzt offenbar doch bald losgeht, war vor rund 1,5 Jahren noch nicht zu erahnen. Denn überraschend hatte der Investor im Sommer 2017 dem Planungsbüro Interpol nach vierjähriger Zusammenarbeit gekündigt. Der Fall landete vor Gericht und wurde exakt vor einem Jahr mit einem Vergleich beigelegt. Der besagt unter anderem, dass sich der Investor in der Umsetzung eins zu eins an die eingereichten Pläne und Visualisierungen halten muss. Viel Spielraum bleibt nun also nicht. Doch nach Abendblatt-Informationen sind in der Bauprüfabteilung des Bezirks bereits Änderungsanträge angekündigt worden, bis heute sei allerdings nichts eingegangen. Aus genannten Gründen ist auch zweifelhaft, dass etwaige Änderungen gestattet werden würden.
Skepsis begleitete das Projekt von Anfang an
Auch nach dem Rechtsstreit wollte vieles einfach nicht rund laufen: So machte der FC St. Pauli, der zunächst Interesse an der geplanten Sporthalle im Bunker gezeigt hatte, dann doch einen Rückzieher. Ein herber Schlag für den Investor. Später folgten Schlagzeilen, nach denen ein Luxushotel in den Bunker einziehen würde. Diese Meldungen wurden zwar eilig dementiert, ließen die kritischen Stimmen aber wieder laut werden.
Kritik an den jüngeren Entwicklungen und der Kommunikationspolitik äußert auch Michael Osterburg, Fraktionschef der Grünen in Hamburg-Mitte: „Seit sich der FC St. Pauli als künftiger Mieter der geplanten Halle zurückgezogen hat, fehlen dem Investor Ideen für die Nutzung.“ Die Halle, die dem Stadtteil für sportliche und kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden muss, sei aber ein zentrales Element der Planungen, die öffentliche Nutzung für Breitensport wichtig.
Gesprächsbedarf habe der Investor offenbar nicht. „An uns hat sich jedenfalls niemand gewandt“, so Osterburg.“ Skepsis, zu einem großen Teil aus der direkten Nachbarschaft, begleitete das Projekt von Anfang an. Gegner fürchteten und fürchten eine Eventisierung und fortschreitende Gentrifizierung des Viertels.
Zuletzt waren aber auch die kritischen Stimmen leiser geworden. Das positive Interesse, insbesondere aus dem Stadtteil, aber auch aus ganz Hamburg, sei dafür um so ausgeprägter: „Wir haben bereits zahlreiche Dachführungen durchgeführt. Das Interesse an der Geschichte und dem Projekt Hilldegarden ist groß. Deshalb wollen wir das in Zukunft weiter ausbauen – schon vor der Eröffnung“, so Helbing. Mit den Bauherren arbeite man derzeit an einem Konzept, wie Hilldegarden auch während der Bauphase Führungen realisieren könne.
Im Sommer wurden Erdbeeren und Tomaten geerntet
Experten rechnen mit einer Bauzeit von 18 bis 24 Monaten. Sollte pünktlich im Frühjahr begonnen werden, könnte es mit der Fertigstellung in 2020, von der zuletzt die Rede war, unter Umständen knapp werden. Zudem gilt Thomas Matzen als harter Verhandler. Ob er angesichts des Baubooms und der hohen Kosten bereits Baufirmen gefunden und beauftragt hat, ist unklar.Bis zur Fertigstellung ist es noch ein weiter Weg.
Noch kommt der „Klotz“ an der Feldstraße kahl und grau daher. Doch tatsächlich hat sich unbemerkt von vielen doch schon einiges getan: „Schon in diesem Jahrhundert-Sommer gab es erste Gardening-Versuche auf dem Bunker-Kragen“, sagt Tobias Helbing von Hilldegarden. Mit Erfolg: „Wir konnten bereits Tomaten ernten und Erdbeeren naschen. Sogar Zucchini und Kürbisse konnten wir auf immerhin 40 Metern Höhe ernten. Selbst Bienen und Wespen haben es bis nach ganz oben geschafft.“