Hamburg. Leben wie auf Abruf: Nachbarn fiel auf, dass sich Songül G. nach Einzug in Wohnung an der Kieler Straße gar nicht einrichtete.
Die Wohnung der mutmaßlichen Terrorhelferin Songül G. in dem Saga/GWG-Neubau an der Kieler Straße wirkt wie ein Provisorium. Obgleich die 40-Jährige bereits am 1. August in die Zweizimmerwohnung gezogen ist, fehlen Möbel, es gibt kein Bett, keinen Tisch, nichts. Eine Matratze liegt in einem Zimmer, ein Bügelbrett steht da, auf dem Balkon türmt sich der Unrat. Es ist schwer vorstellbar, dass hier jemand dauerhaft leben wollte, schon gar nicht mit zwei Kindern. Songül G. hat hier anscheinend gewohnt wie auf Abruf. Sie habe die zwei kleinen Jungs und Songül G. gelegentlich gesehen, berichtet ihre Nachbarin. Eine kleine, zarte Frau, die immer Kopftuch trug. „Ich kann gar nicht glauben, dass sie unter Terrorverdacht steht“, sagt die 58-Jährige.
Wie berichtet, wirft die Bundesanwaltschaft der 40-Jährigen vor, die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) unterstützt zu haben und in Planungen für ein Massaker auf deutschem Boden eingebunden gewesen zu sein. Am Dienstagmorgen wurde sie in ihrer Wohnung verhaftet, seit Dienstagabend sitzt sie in U-Haft. Zum Verbleib der Kinder äußerte sich die Sozialbehörde mit Verweis auf den Sozialdatenschutz nicht.
Songül G. habe eher zurückgezogen gelebt, Besuch habe sie nie gesehen, so die Nachbarin weiter. „Wenn ich ihr begegnete, machte sie immer einen sehr freundlichen Eindruck.“ Gewundert habe sie aber, dass die Frau ihre Wohnung seit dem Einzug vor vier Monaten überhaupt nicht eingerichtet habe. „Etwas seltsam“ fand sie auch ihren Wunsch, den Sichtschutz zwischen ihren Balkons durch eine Mauer ersetzen zu dürfen.
Ausreise nach Syrien bereits vor zwei Jahren geplant
Gegen 6 Uhr am Dienstag hatten Bundeskriminalbeamte die gebürtige Bremerin festgenommen, ihre Wohnung bis in die Abendstunden durchsucht. Dabei sollen sie auch ein Notizbuch mit Kontakten entdeckt haben. Nach Abendblatt-Informationen hatte die vom Verfassungsschutz als Dschihadistin eingestufte 40-Jährige bereits vor zwei Jahren eine Ausreise nach Syrien geplant.
Songül G. soll den IS unterstützt haben, indem sie sich bereiterklärte, einen der potenziellen Attentäter zu heiraten und ihm Unterschlupf zu gewähren, lautet der Vorwurf der Bundesanwaltschaft. Außerdem soll sie dem IS-Mitglied Marcia M. die Kommunikationsmittel für einen konspirativen Nachrichtenaustausch beschafft haben.
Regelmäßig Kontakt zum IS-Mitglied Marcia M.
Nach Ermittlungen der Bundesanwaltschaft hatte sie regelmäßig Kontakt mit Marcia M. Die IS-Terroristin aus Salzgitter habe zur Vorbereitung des Anschlags in Deutschland „Glaubensschwestern“ wie Songül G. angeworben, die zur Tarnung die eingeschleusten potenziellen Attentäter heiraten sollten. Der Anschlagsplan flog jedoch bereits im Herbst 2016 auf, weil Marcia M. bei der Rekrutierung unwissentlich an eine verdeckte Ermittlerin geraten war.