Hamburg. Vor dem CDU-Parteitag diskutierten Christoph Schwennicke (“Cicero“), Autor Hajo Schumacher und Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider.
Viele Abendblatt-Leser hatten es immer wieder gefordert: Das Format „Zwischen Hamburg und Berlin“ möge es doch auch einmal live geben. Bisher veröffentlichten Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider und Christoph Schwennicke, Chef des in Berlin produzierten Magazins „Cicero“, jeden Sonnabend ihre E-Mail-Freundschaft im Abendblatt. Am Mittwochabend diskutierten sie erstmals live in der ausverkauften Patriotischen Gesellschaft, zusammen mit Autor Hajo Schumacher. Vor 200 Gästen ging es um das Hauptthema des morgen in Hamburg beginnenden CDU-Bundesparteitags: „Wer kommt nach Angela Merkel?“
Die Bundeskanzlerin, seit 18 Jahren CDU-Parteivorsitzende, hatte Ende Oktober nach mehreren für die Union verlustreichen Landtagswahlen angekündigt, den CDU-Vorsitz niederzulegen. Als Favoriten für ihre Nachfolge gelten Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn, wobei sich insgesamt mindestens zwölf Frauen und Männer um den Vorsitz bewerben wollen.
Kurz vor der Entscheidung spreche kaum noch jemand über Jens Spahn, sagte Lars Haider. „Alle wissen, dass er verlieren wird“, entgegnete Schumacher. Gleichwohl sei Spahn der „einzige sichere Sieger“. Der 38 Jahre alte Gesundheitsminister habe bisher nicht viel vorzuweisen gehabt. Nun zähle Spahn zumindest zum Favoritenkreis für die Merkel-Nachfolge. „Er ist in der Champions League angekommen“, sagte Schumacher. In einigen Jahren könnten Spahns Chancen viel besser stehen.
Schwennicke: Darum sollte es Merz werden
Christoph Schwennicke sagte, er sei für Friedrich Merz als CDU-Chef. Der 63 Jahre alte Anwalt, seit 2016 Aufsichtsratsvorsitzender des Vermögensverwalters Black Rock, könne das wirtschaftliche Profil der CDU schärfen. Merz stehe für eine klare Kante, was deshalb so bedeutend sei, weil Angela Merkel ein „parteipolitisches Rührei“ hinterlassen habe, sagte Schwennicke. Zwar seien Kramp-Karrenbauer und Spahn bei etlichen politischen Themen noch „besser im Stoff“ als Merz. „Ich würde da aber mildernde Umstände walten lassen.“
Dem widersprach Hajo Schumacher vehement: „Merz hat seine Großartigkeit in der Politik nie unter Beweis gestellt. Was hat er vollbracht?“ Was man als erfolgreicher Politiker können müsse, nämlich Kompromisse zu erzielen und Mehrheiten zu schaffen, „das ist nicht ganz sein Talent“. Schumacher zweifelt außerdem an Merz’ Fähigkeit, den digitalen Wandel in Deutschland zu gestalten.
Ob die Nähe zu Merkel ein Vorteil für die 56 Jahre alte CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer sei, fragte Lars Haider seine beiden Kollegen. Die CDU sei im Kern katholisch, westdeutsch und männlich, sagte Schumacher. „Im Kern der CDU wird Angela Merkel bis heute als Betriebsunfall angesehen.“ Zumindest für etliche CDU-Männer sei Kramp-Karrenbauer deshalb als Frau ein „Feindbild“ und „insofern benachteiligt“, sagte Schumacher.
Schumacher: "AKK" keine Merkel-Kopie
Annegret Kramp-Karrenbauer sei bekanntermaßen Merkels Wunschnachfolgerin, sagte Christoph Schwennicke. Das helfe Kramp-Karrenbauer jedenfalls nur bedingt, schließlich gebe es in der CDU enormen Überdruss an Merkel.
Man dürfe Kramp-Karrenbauer aber nicht ohne Weiteres als eine Merkel-Kopie sehen, sagte Schumacher. „Das hieße, die Frau zu unterschätzen.“ Kramp-Karrenbauer sei energisch und durchsetzungsfähig. „Sie kann auch mal anpacken.“ Die CDU-Generalsekretärin sei schon als „Eisenfaust im Samthandschuh“ bezeichnet worden. „Ich würde den Samthandschuh weglassen“, sagte Schumacher.
Einig waren sich Schumacher und Schwennicke darin, dass von einem neuen CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz die Sozialdemokraten profitieren würden. „Die SPD könnte sich gegenüber Merz deutlicher abgrenzen“, sagte Schwennicke. „Die AfD hingegen würde Fracksausen bekommen.“