Hamburg . Senator: „Ein sehr schweres Umweltvergehen“. Stammt das Krebsgift im Naturschutzgebiet Boberger Niederung von Boehringer?

Nach dem Fund von dioxinverseuchter Erde im Naturschutzgebiet Boberger Niederung haben die Anwohner bei einer Infoveranstaltung am Dienstagabend weitere Aufklärung verlangt. Die Umweltbehörde hatte kurzfristig in die Aula der Stadtteilschule Mümmelmannsberg eingeladen.

„Natürlich bin ich besorgt“, sagte der Anwohner Walter Bruhns über die Funde auf einer 1200 Quadratmeter großen Fläche an der Böschung der Südstormarnschen Kreisbahn. Ein anderer Anwohner befürchtet: „Wahrscheinlich müssen wir jetzt unsere Häuser abreißen.“ Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) sagte zu Beginn: „Wir wollen klären, was Ihre Sorgen, Ihre Fragen sind.“

Für Antworten zu früh

Die wichtigste Frage sei, wie groß das Ausmaß der Belastung sei. Er musste aber im nächsten Moment zugeben, dass es für Antworten zu früh sei. „Wir nehmen das Thema im Senat aber sehr ernst“, versicherte der Senator.

Bei der Veranstaltung am Dienstagabend.
Bei der Veranstaltung am Dienstagabend. © E. Jessen

Angesichts der hohen Dioxinkonzentration der bisherigen Proben sei klar, dass es sich um ein sehr schweres Umweltvergehen handle. „Wir haben erste Hinweise darauf, dass es chemische Abfallprodukte bei der Herstellung von Pflanzenschutzmitteln sind.“

Nach den bisherigen Erkenntnissen gebe es in Hamburg nur ein Unternehmen, das als Verursacher infrage komme, sagte Kerstan – das Chemieunternehmen Boehringer. Man habe mit dem Unternehmen bereits Kontakt aufgenommen. Ein erstes Treffen sei in den kommenden Wochen geplant.

2006 bereits Proben genommen

Bereits 2006 habe man ganz in der Nähe des jetzigen Fundortes Proben genommen, sagte Ralf Kilger vom Institut für Hygiene und Umwelt, „sie waren ganz unauffällig“. Im Mai 2018 war laut Kerstan routinemäßig nach Schwermetallen im Boden gesucht worden, dabei entdeckte man das Dioxin. Nun wird seit Ende Oktober eine Fläche von vier Hektar systematisch untersucht. Neben Bodenproben nahmen die Experten auch Proben von Fischen, Beeren und Pilzen.

Auf den Einwand einer Anwohnerin, es gebe jüngst sehr viele Krebsfälle in der Gegend, entgegnete ein Experte aus der Gesundheitsbehörde, man habe keine Erkenntnisse über eine erhöhte Krebsrate. Umfassende Ergebnisse der Proben in der Boberger Niederung wird es laut Kerstan nicht vor Januar 2019 geben.